Hörgeschädigte trotzten gemeinsam Wind und Wellen

23 Schüler und Schülerinnen mit Hörschädigung, Gehörlosigkeit oder auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen von verschiedenen Schulformen nahmen an Kanufahrt auf der Lahn teil

Verstehen und Vertrauen waren notwendig auf der Klassenfahrt von sechs verschiedenen Schulen. Foto: privat
Verstehen und Vertrauen waren notwendig auf der Klassenfahrt von sechs verschiedenen Schulen. Foto: privat

Euskirchen/Wetzlar – „Nach der Woche war ich braun und stark“, lautete das Fazit der 12-jährigen Sophie, als sie nach erlebnisreichen Tagen an der LVR Max Ernst Schule aus dem Bus stieg. Mit 22 weiteren Kindern und Jugendlichen sowie sieben begleitenden Lehrern der Förderschule für Hören und Kommunikation in Euskirchen war die Schülerin aus Rheinbach vier Tage zuvor nach Wetzlar aufgebrochen, um von dort aus auf der Lahn nach Gräveneck zu gelangen. Insgesamt 35 Kilometer legten die Schüler im Alter von elf bis 22 Jahren mit Schlägen ihrer Paddel auf dem Nebenfluss des Rheins zurück, begleitet von Schildkröten und Schwänen, die sich ebenfalls dort tummelten.

Für die heterogene Schülerschaft, die sich aus elf Kindern mit Hörschädigung bzw. Gehörlosigkeit und einem zusätzlichen Förderbedarf von der LVR Max Ernst Schule und zwölf Kindern mit einer Hörschädigung oder einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) von fünf verschiedenen Regelschulen zusammensetzte, kam bereits der erste Tag ihrer Kanufahrt einem Sprung ins kalte Wasser gleich. Sehr starker Wind und Wellengang auf der Lahn brachten die teils frisch gebackenen Kanuten mit ihren Booten immer wieder ans Ufer, und alle waren froh und glücklich, als sie hungrig, durstig und erschöpft den ersten Campingplatz erreichten. Doch daran, die Hände in den Schoß zu legen, war nicht zu denken, denn die Zelte mussten noch aufgebaut werden, bevor unter freiem Himmel mit Blick auf die Lahn an einer langen Tafel gegessen werden konnte.

Nicht nur für die Kinder und Jugendlichen war diese Zeit in freier Natur und nächtlichen Temperaturen von lediglich vier Grad Celsius mit vielen ersten Erfahrungen verbunden. Auch die Lehrer waren bereits vor der Abreise sehr gespannt, da diese Fahrt mit hörgeschädigten Schülerinnen und Schülern der verschiedenen Schulformen für sie ein neuer Versuch im Rahmen der Inklusion war. „Durch das gemeinsame Erleben und aktive Tun miteinander wurde die Hörschädigung, die die Gruppe miteinander verbunden hat, zweitrangig“, beschrieb Monika Pade ihre Eindrücke. „ Die Schüler sind sehr feinfühlig aufeinander eingegangen. Es waren Tage mit einem respektvollen Miteinander“, freute sich die Sonderpädagogin darüber, dass sich die vielen kleinen Grüppchen bei dieser exklusiven inklusiven Reise am Ende bunt durchmischt hatten.

Das gegenseitige Verstehen spielte eine große Rolle, denn besonders im Boot waren die Schüler darauf angewiesen, auf den anderen einzugehen und zu kommunizieren, um vorwärts zu kommen. Schnell hatten die Schüler raus, dass sie sich durch ein Klopfen auf das Boot bei ihren gehörlosen Partnern bemerkbar machen konnten, die auf diese Weise die Vibration spürten und sich umdrehten. Zu Beginn wurden die Lehrer häufig noch zum Dolmetschen zu Rate gezogen, doch mit der Zeit wurden die Teilnehmer immer mutiger und versuchten selber ein Gespräch mit Gebärdensprache zu führen.

Neben dem Kanufahren und täglichen Aufbau des Zeltlagers gehörten Feuer machen, kochen, spülen, Fußball spielen, Feuer spucken, schnitzen, filmen oder T-Shirts bemalen zu den Programmpunkten der Reise. Ein kleines Abschlussbad in der Lahn erfrischte vor der Abreise. (epa)

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