Fahrradtraining für Flüchtlinge

Seit Ende 2015 organisiert die Caritas zusammen mit der Kreispolizeibehörde und der Verkehrswacht Euskirchen ein Fahrsicherheitstraining für Geflüchtete

Geflüchtete, (v.l.) Denny Uhlig (Ehrenamtler), Peter Müller-Gewiss (Caritas), Tido Janssen (Polizei), Rainer Schulte-Loh (Ehrenamtler), (9.v.l.) Nadia Boufardi (Dolmetscherin), (2.v.r.) Marius Jänsch (Ehrenamtler)
Geflüchtete, (v.l.) Denny Uhlig (Ehrenamtler), Peter Müller-Gewiss (Caritas), Tido Janssen (Polizei), Rainer Schulte-Loh (Ehrenamtler), (9.v.l.) Nadia Boufardi (Dolmetscherin), (2.v.r.) Marius Jänsch (Ehrenamtler)/ Bild: Carsten Düppengießer

Kreis Euskirchen  -Zehn  erwachsene Männer drücken an diesem sonnigen Frühlingsvormittag in einem Klassenraum der Gemeinschaftshauptschule Georgschule in Euskirchen wieder die Schulbank. Aufmerksam verfolgen sie, was ihnen Polizeihauptkommissar Tido Janssen über Verkehrsregeln, Fahrradwege und das richtige Verhalten im Straßenverkehr in Deutschland zu sagen hat. Unterstützt wird er dabei von Nadia Boufardi, die das Gesagte eins zu eins ins Arabische übersetzt. Bei den zehn Männern handelt es sich um Geflüchtete aus Nordafrika, Syrien und dem Irak.

Boufardi stammt aus Marokko und lebt seit dreieinhalb Jahren in Deutschland. Die junge Frau, die ursprünglich als Au-pair nach Deutschland gekommen ist, setzt ihre Sprachkompetenz gern für andere ein. So unterstützt sie nicht nur die Caritas, sondern auch das Kreisgesundheitsamt als ehrenamtliche Übersetzerin.

 (vorne) Tido Janssen (Polizei), Nadia Boufardi (Dolmetscherin), (im Hintergrund) Rainer Schulte-Loh (Ehrenamtler) und Geflüchtete
(vorne) Tido Janssen (Polizei), Nadia Boufardi (Dolmetscherin), (im Hintergrund) Rainer Schulte-Loh (Ehrenamtler) und Geflüchtete/ Bild: Carsten Düppengießer

Gemeinsam mit ihnen sind Peter Müller-Gewiss von der Caritas Euskirchen und vier Ehrenamtliche anwesend. „Wir haben das Fahrsicherheitstraining für Fahrradfahrer zusammen mit der Kreispolizeibehörde und der Verkehrswacht Euskirchen organisiert“, so Müller-Gewiss. Die Caritas gibt im Rahmen ihrer Geflüchtetenhilfe „Aktion Neue Nachbarn“ bereits seit fast einem Jahr gespendete Fahrräder an Geflüchtete weiter. In der Fahrradbude „RADgeflüster“ sind auch die vier Ehrenamtlichen aktiv. Sie machen gespendete Räder gemeinsamen mit den Geflüchteten wieder fit für den Straßenverkehr. „Wir haben schnell gemerkt, dass es nicht ausreichend ist, die Menschen, welche aus vielen Ländern zu uns kommen, einfach nur mit einem Rad zu versorgen, damit sie mobil sind“, betont Müller-Gewiss.

Hier hakt auch Polizeihauptkommissar Janssen ein. Er ist Leiter der Verkehrsunfallprävention und des Verkehrsopferschutz der Kreispolizeibehörde. „Als die Geflüchteten vor rund einem Jahr verstärkt zu uns kamen, haben wir recht schnell gemerkt, dass sie sich mit unseren Verkehrsregeln und ganz allgemein mit der Situation im deutschen Straßenverkehr einfach nicht auskennen.“ Er habe dann geschaut, was es bereits an Schulungsmaterial im Internet gibt, dieses an die lokalen Notwendigkeiten angepasst und ein Schulungskonzept entwickelt. Gestartet ist man dann Ende 2015 mit einer ersten Schulung in Kall und hat seither an verschiedenen Standorten im Kreisgebiet mit Flüchtlingsinitiativen entsprechende Veranstaltungen durchgeführt. „Ich möchte damit einen ersten Anstoß geben. Schön wäre, wenn Wohlfahrtsverbände oder Flüchtlingsinitiativen das Konzept dann eigenständig fortführen würden, “ so Janssen, der aber natürlich auch dann weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung steht, wie er betont.

Neben der Vermittlung von Verkehrssicherheit sieht er in den Schulungen auch eine Möglichkeit, den Geflüchteten eventuelle Scheu und Vorbehalte vor der Polizei zu nehmen. „In den Herkunftsländern sind Polizei und Behörden in der Wahrnehmung der Menschen leider häufig negativ besetzt. Hier habe ich die Chance, ihnen ein anderes, positives Bild von der Polizei und ihrer Arbeit zu vermitteln.“

Nach der Theorie geht es auf den Schulhof, wo Janssen einen kleinen Parcours aufgebaut hat, auf dem die Geflüchteten das neu erworbene Wissen in die Praxis umsetzen können. Vorher bekommt jeder Teilnehmer noch eine gelbe Warnweste und einen Fahrradhelm. Beides können sie nach Kursende behalten. „Die Westen stammen von der DEKRA und konnten mit Unterstützung des KoBIZ, dem Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrums des Kreises Euskirchen, angeschafft werden“, erklärt Janssen. Die Helme wurden von Heinz Henz, von der Verkehrswacht Euskirchen, gestellt. Die Verkehrswacht hat diese angeschafft und gibt sie kostenlos an die Geflüchteten weiter.

Geflüchtete und Tido Janssen (Polizei)/ Bild: Carsten Düppengießer
Geflüchtete und Tido Janssen (Polizei)/ Bild: Carsten Düppengießer

Draußen ist auch Simon Eickhoff aktiv. Er ist seit vier Monaten als Ehrenamtlicher für die „Aktion Neue Nachbarn“ in der Fahrradbude „RADgeflüster“ tätig. Er sagt, er sei froh die Leute mit gutem Gewissen ins Verkehrsgetümmel entlassen zu können. „Der Fahrstil ist bei uns anders, es gibt ganz viele Regeln, an die man sich halten muss“, betont Eickhoff, der bereits an der Uni in Konstanz in der studentischen Fahrradselbsthilfe Erfahrungen sammeln konnte und diese nun gern in seine ehrenamtliche Arbeit mit Geflüchteten einbringt.

Die Caritas Euskirchen plant weitere Maßnahmen dieser Art. „Wir haben jetzt mit einer Schulung für Menschen aus dem arabischen Raum angefangen. Weitere Angebote für Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern sind fest geplant“, berichtet Müller-Gewiss. Dieses Vorgehen sei aus rein praktischen Gründen notwendig. „Wir wollten vermeiden, mit mehreren Dolmetschern parallel arbeiten zu müssen.“ Auch ein Angebot speziell für Frauen sei in Vorbereitung.

„Die Schulungen sind künftig verbindlich, wenn Geflüchtete Spendenräder von uns erhalten wollen. Wir wollen so einen Beitrag zur Verkehrssicherheit, sowohl für die Geflüchteten, als auch für die anderen Verkehrsteilnehmer, leisten“, betont Müller-Gewiss.

Zum Abschluss erhalten alle eine Urkunde über das erfolgreich absolvierte Verkehrssicherheitstraining. Außerdem erhält jeder Teilnehmer von Janssen eine TÜV-Plakette. Sie zeigt, dass sein Rad verkehrssicher ist. „Das gibt uns die Möglichkeit, mit einem Blick zu sehen, dass dieses Rad von uns stammt“, so Eickhoff. Als nächstes Projekt hat er sich zusammen mit den anderen Ehrenamtlichen und der Caritas vorgenommen, Geflüchtete soweit zu qualifizieren, dass sie ehrenamtlich als Anleiter in der Fahrradbude tätig werden können. (eB/epa)

 

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