24 Tonnen Kriegs-Material für saubere Energie aus dem Taunus entfernt

Erdfunkstation sorgt jetzt auch für Sonnenstrom: Als interkommunales Projekt mit Vorzeigecharakter haben die Städte Usingen und Neu-Anspach den Euskirchener Solarspezialisten „F&S solar“ mit dem Bau von drei Freiland-Photovoltaikanlagen beauftragt, die zusammen über 1700 Haushalte mit Ökostrom versorgen können – Riesige Mengen Munition gefunden

Auf schwierigem Untergrund entstand die größte Photovoltaikanlage des Hochtaunuskreises, die Dr. Joachim-Dietrich Reinking vom Energieversorger Syna (v.l.), Klaus Hoffmann, Bürgermeister Neu-Anspach, Steffen Wernard, Bürgermeister Usingen, und Uwe Czypiorski, Technischer Geschäftsführer „F&S solar“, der Öffentlichkeit vorstellten. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Auf schwierigem Untergrund entstand die größte Photovoltaikanlage des Hochtaunuskreises, die Dr. Joachim-Dietrich Reinking vom Energieversorger Syna (v.l.), Klaus Hoffmann, Bürgermeister Neu-Anspach, Steffen Wernard, Bürgermeister Usingen, und Uwe Czypiorski, Technischer Geschäftsführer „F&S solar“, der Öffentlichkeit vorstellten. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Usingen/Neu-Anspach – Wo bislang riesige Parabolantennen Signale zwischen Erde und All austauschten, hat der Euskirchener Solarspezialist „F&S solar“ jetzt auch der Sonne einen guten Empfang beschert: Auf dem städtischen Gelände im Norden der Erdfunkstelle Usingen ist ein Solarkraftwerk mit knapp 1.954,08  Kilowatt-Peak entstanden. Und noch zwei weitere Solarkraftwerke produzieren ab sofort im Hochtaunuskreis sauberen Sonnenstrom: Auf der angrenzenden Fläche der Stadt Neu-Anspach verrichtet ab sofort eine Solaranlage mit 2489,52  Kilowatt Spitzenleistung ihren Dienst. Im südlichen Teil der Erdfunkstelle wurde sowohl auf Usinger als auch auf Neu-Anspacher Fläche eine weitere Anlage mit 1759,50 Kilowatt-Peak Leistung gebaut.

Hoch zufrieden ist Steffen Wernard, Bürgermeister von Usingen, mit dem interkommunalen Solarparkprojekt. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Hoch zufrieden ist Steffen Wernard, Bürgermeister von Usingen, mit dem interkommunalen Solarparkprojekt. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Steffen Wernard, Bürgermeister der Stadt Usingen, und sein Amtskollege Klaus Hoffmann aus der Stadt Neu-Anspach zeigten sich bei der offiziellen Inbetriebnahme am vergangenen Dienstag hoch erfreut über das einzigartige interkommunale Projekt. „Eigentlich wollten wir die Anlagen selbst finanzieren und betreiben, aber durch die Änderungen des Erneuerbaren Energien Gesetzes war uns das zu riskant, Unternehmer haben da mehr Spielraum als Kommunen“, so der Neu-Anspacher Stadtchef.

Verdienen werden die Städte aber trotzdem: Einerseits durch Pachtzahlungen des Anlagenbetreibers, denn das bebaute Land gehört den Städten, und andererseits durch die Steuereinnahmen. In „F&S solar“ habe man einen kompetenten Partner gefunden, der sich der schwierigen Sache professionell angenommen habe. „Ein großes Ziel rechtfertigt einen steinigen Weg“, brachte es Hoffmann auf den Punkt.

 

Insgesamt 24 Tonnen Kriegsmaterial wie hier Granaten fanden sich auf dem zu bebauenden Gelände. Bild: Lars Nießen
Insgesamt 24 Tonnen Kriegsmaterial wie hier Granaten fanden sich auf dem zu bebauenden Gelände. Bild: Lars Nießen

Denn die umweltfreundlichen Kraftwerke mussten auf im wahrsten Sinne des Wortes explosivem Untergrund gebaut werden, wie Uwe Czypiorski, Technischer Geschäftsführer von „F&S solar“, den zahlreichen Pressevertretern berichtete: „Vor dem Bau musste erst einmal der Kampfmittelräumdienst das Gelände von Munition aus dem Zweiten Weltkrieg befreien, dort gab es nämlich früher einen Feldflugplatz mit Munitionsbunkern.“ Es gebe spezielle Pläne zu solchen Gebieten: Normalerweise seien diese grün mit einigen roten Störstellen, in denen verdächtiges Material vergraben sei. Auf dem vorgesehenen Gelände der Photovoltaik-Anlagen sei es leider umgekehrt gewesen: „Da war das meiste rot mit einigen grünen Stellen!“

Spezialist für schwierige Untergründe von Solarkraftwerken: Uwe Czypiorski ist Technischer Geschäftsführer von „F&S solar“. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Spezialist für schwierige Untergründe von Solarkraftwerken: Uwe Czypiorski ist Technischer Geschäftsführer von „F&S solar“. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Ganze 24 Tonnen an altem Kriegs-Material kamen dabei wieder an die Oberfläche, wie Czypiorski sagte: „Maschinengewehre, Pistolen, jede Menge Munition, Granaten, ein komplettes Flak-Geschütz und vieles mehr.“  Das Bau-Team von „F&S“ habe teilweise parallel gearbeitet – aus Sicherheitsgründen aber immer mit mindestens 100 Metern Abstand hinter dem Trupp der Kampfmittelräumer. Auf ein bestimmtes Signal hin musste der Bautrupp das Gelände verlassen – dann sprengten die Kampfmittelräumer wieder einige ihrer brisanten Funde direkt vor Ort. Steffen Wernard: „Wir haben uns hinter verschlossenen Türen immer wieder gefragt, ob die das überhaupt hinkriegen können, denn das war ein sehr ehrgeiziges Projekt – aber sie haben das in Rekordzeit geschafft.“

Respekt vor der schwierigen Umsetzung des Photovoltaik-Projektes zollte Klaus Hoffmann, Bürgermeister von Neu-Anspach. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Respekt vor der schwierigen Umsetzung des Photovoltaik-Projektes zollte Klaus Hoffmann, Bürgermeister von Neu-Anspach. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Czypiorski: „Sie können sich vorstellen, dass es auch nach der Räumung eine Menge Vertrauen brauchte, um die Pfähle für die Solarmodule fast zwei Meter tief in den Boden zu rammen.“ Doch die Mühe habe sich gelohnt: Bei Vollleistung könnten die beiden Photovoltaik-Freilandanlagen mehr als 15 Flutlicht-Anlagen wie in der Commerzbank-Arena von Eintracht Frankfurt mit Ökostrom versorgen. Damit man deren Übertragungen im Fernsehen bewundern kann, musste das Bau-Team an der Erdfunkstelle sehr umsichtig beim Kabelverlegen sein: Denn auf dem Gelände verlaufen zahlreiche Kabelstränge für TV-Übertragungen. In beiden Parks sind insgesamt 183 Kilometer Modul-Kabel sowie 14,9 Kilometer Hauptleitung verlegt.

Wie der Technische Geschäftsführer den Gästen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft berichtete, verrichten im Solarpark Usingen 8142 Solarmodule ihren Dienst und erzeugen jährlich annähernd zwei Millionen Kilowatt-Stunden Strom im Jahr. Dadurch können gegenüber Kohle-Verstromung mehr als 1300 Tonnen Kohlendioxid eingespart und rechnerisch 551 Haushalte mit sauberem Sonnenstrom versorgt werden.

Über 1700 Module installierte „F&S solar“ auf dem Gelände der Erdfunkstelle. Das Gebiet gehört den Städten Usingen und Neu-Anspach. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Über 1700 Module installierte „F&S solar“ auf dem Gelände der Erdfunkstelle. Das Gebiet gehört den Städten Usingen und Neu-Anspach. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

In Neu-Anspach sind im Norden 10373 Photovoltaikmodule installiert, wodurch jährlich knapp 2,4 Millionen Kilowatt-Stunden Strom erzeugt werden. Das erspart der Umwelt 1632 Tonnen Kohlendioxid und reicht für 676 Haushalte. Für den dritten Park, der sich im Süden des Geländes auf Usinger und Neu-Anspacher Gemarkung beider Städte befindet, wurden weitere 6900 Module aufgestellt. Czypiorski: „Dadurch werden mehr als 1200 Tonnen Kohlendioxid eingespart, der erzeugte Strom von jährlich über 1,7 Millionen Kilowattstunden kann weitere 511 Haushalte mit Ökostrom versorgen.“

183 Kilometer Modul-Kabel sowie 14,9 Kilometer Hauptleitung sind in den Solarparks verlegt, wie Lars Nießen, Bauleiter bei „F&S solar“, berichtete. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
183 Kilometer Modul-Kabel sowie 14,9 Kilometer Hauptleitung sind in den Solarparks verlegt, wie Lars Nießen, Bauleiter bei „F&S solar“, berichtete. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Auf dem Gelände der Erdfunkstelle ist damit die größte Photovoltaikanlage im Hochtaunuskreis ans Netz gegangen. Mit insgesamt 6,2 Megawatt-Peak beträgt ihre Leistung nahezu die Hälfte dessen, was alle übrigen Solar-Anlagen des Kreises zusammengenommen leisten. Czypiorski: „Dabei sind diese Prognosen bewusst konservativ gerechnet, die tatsächliche Leistung unserer Solarparks ist durch die Auswahl hochwertiger Module und aufgrund eines besonderen Verfahrens bei Planung sowie Montage durch die Bank höher.“ Günstig sei auch die Lage mit rund 400 Höhenmetern, denn je weniger Luftschichten die Sonnenstrahlen durchdringen müssten, desto weniger Verluste gebe es.

Unter den 28 Bewerbern der Ausschreibung ging der Solarprojektierer „F&S solar“ wohl auch wegen seiner Referenzliste als Sieger hervor: Die Euskirchener Firma hat die jeweils größte Freiland-Photovoltaikanlage der Bundesländer Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sowie das größte auf Bunkern errichtete Sonnenkraftwerk Europas gebaut – und rund 1500 weitere Sonnenkraftwerke errichtet.

epa

 

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