Von Reiner Züll Gemeindefeuerwehr Kall ist eine von bisher sechs Pilot-Feuerwehren aus NRW, die sich in den nächsten Monaten an dem Projekt „FeuerwEHRensache“ beteiligen
Kall – „Offensichtlich ist es auch bei der Landesregierung angekommen, wo die Probleme bei den freiwilligen Feuerwehren liegen“, kommentierte der Kaller Bürgermeister Herbert Radermacher das Projekt „FeuerwEHRensache“, welches das NRW-Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) in Zusammenarbeit mit dem Verband der Feuerwehren (VdF) NRW auf die Schiene gebracht hat. Er hoffe, dass das Projekt zu einer positiven Entwicklung der Feuerwehr führe. Denn wie auch in anderen Gemeinden, so wirke sich auch in Kall der demografische Wandel negativ auf die Zukunft der Feuerwehr aus.
Die Gemeindefeuerwehr Kall ist eine von bisher sechs Pilot-Feuerwehren aus Nordrhein-Westfalen, die sich in den nächsten Monaten an dem Projekt „FeuerwEHRensache“ beteiligen, um das Ehrenamt in der Feuerwehr zu fördern sowie dem Mitgliederschwund entgegen zu wirken. Für die Kaller Gemeindewehr bedeutet das Pilotprojekt zum Beispiel, dass die Ehrenabteilung, auch „Club der alten Säcke“ genannt, reaktiviert wird.
Die Kampagne, die bis 2017 laufen wird, ist im Koalitionsvertrag der rot-grünen Regierung als klarer Handlungsauftrag festgeschrieben worden. Innenminister Ralf Jäger hat dafür gemeinsam mit dem VdF eine Projektgruppe eingesetzt. Jäger: „Wir wollen die Leistungsfähigkeit der freiwilligen Feuerwehren sicherstellen“. Für das Pilotprojekt wurde im Innenministerium eine eigene Geschäftsstelle eingerichtet.
Die zuständige Geschäftsstellenleiterin und Regierungsdirektorin Annegret Frankewitsch, Dr. Heinz Kleinöder von der Kölner Sporthochschule und der Heinsberger Gemeindebrandinspektor Ludger Schlinkmann waren jetzt nach Kall gekommen, um das Projekt vorzustellen, in das die freiwilligen Feuerwehren Warendorf, Mettmann, Kall, Ratingen, Medenbach und Neuss in das Pilotprojekt eingebunden sind. Die Feuerwehr aus Euskirchen, so Annegret Frankewitsch, habe als siebte freiwillige Wehr Interesse angemeldet.
Das Projekt „FeuerwEHRensache“ sieht in den Pilotfeuerwehren grundsätzliche Änderungen der Strukturen vor, um den Folgen des demografischen Wandels entgegenzuwirken. Die Unterstützung des Wehrleiters durch einen Verwaltungsexperten, die Betreuung der Kinder von Wehrangehörigen während des Einsatzes sowie die Installation eines von der Mannschaft gewählten Mannschafts-Sprechers sind einige Ziele des Projektes.
In den drei Arbeitsgruppen werden derzeit Probleme aufgespürt und entsprechende Lösungen gesucht. Frankewitsch. „Es gilt jetzt auszuloten, wie man neue Zielgruppen erschließen kann“. Dabei seien auch Integration und Inklusion Themen, die man anpacken sollte. Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen oder Migranten seien in den Feuerwehren immer noch selten anzutreffen.
Künftig soll es jedem Mitglied der Jugendfeuerwehr ermöglicht werden, schon mit 16 Jahren in die aktive Wehr zu wechseln. Die bisherige gesetzliche Altersgrenze von 60 bzw. 63 Jahren, die ein großes Hindernis bei den Feuerwehren darstellt, und durch die viel Potenzial verloren geht, fällt in den Pilot-Feuerwehren weg, so dass die älteren Mitglieder in der Ehrenabteilung wieder reaktiviert werden können. „Wenn er noch fit ist, kann auch ein 70 oder 80-Jähriger bei einem Einsatz noch eine Straße absperren“, so Ludger Schlinkmann, der allerdings relativierte: „Natürlich wollen wir keinen 80-Jährigen als Kreisbrandmeister“.
In den Pilotfeuerwehren werden es künftig vier Leistungsgruppen geben, in denen die Wehrmitglieder je nach Leistungspotenzial eingesetzt würden. Regelmäßige Leistungsüberprüfungen sollen der Feststellung dienen, für welche Gruppe das jeweilige Löschgruppen-Mitglied geeignet ist. Wie Dr. Heinz Kleinöder, der Leiter der der Abteilung Kraftdiagnostik und Bewegungsforschung an der Kölner Sporthochschule in Kall verlauten ließ, entwickelt er derzeit einen entsprechenden Leistungstest, um die physische Leistungseinordnung der Feuerwehr-Angehörigen festzustellen.
Das Vorhaben der Projektgruppe, dass die Amtszeit der Wehrleiter auf maximal drei Mal fünf Jahre begrenzt werden soll, dürfte allerdings auf wenig Gegenliebe stoßen. Aber, so Regierungsdirektorin Annegret Frankewitsch: „Viele Führungskräfte kleben an ihren Ämtern“. Der Arbeitskreis, so GBI Ludger Schlinkmann, wünsche sich ausdrücklich die Meinung aus den Wehren: „Es kann ja auch sein, dass unsere guten Ideen von den Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren gar nicht getragen werden“.
BGI Harald Heinen, Leiter der Gemeindefeuerwehr Kall, wird nun das Pilotprojekt in den einzelnen Löschgruppen in Kall, Wahlen und Sistig vorstellen. „Wenn wir erreichen, dass gut 50 Prozent der Wehrleute mitziehen, haben wir schon was erreicht“.