„Liebesgabenfahrt“ in 100 Jahre alten Autos

Hier geht es direkt zum Video Konvoi von drei Oldtimern fährt gegen das Vergessen der Kriegserlebnisse im Ersten Weltkrieg bis nach Frankreich – Aktion im Rahmen der Ausstellung „Kriegs(er)leben im Rheinland“ im LVR-Freilichtmuseum Kommern wird von der Kultur- und Sportstiftung der Kreissparkasse Euskirchen, VR-Bank Nordeifel und RWE finanziell unterstützt

Dr. Josef Mangold (5.v.r.), Leiter des LVR-Freilichtmuseums Kommern, leitet die „Fahrt gegen das Vergessen“, um auf die Kriegsgeschehnisse im Ersten Weltkrieg aufmerksam zu machen. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Dr. Josef Mangold (5.v.r.), Leiter des LVR-Freilichtmuseums Kommern, leitet die „Fahrt gegen das Vergessen“, um auf die Kriegsgeschehnisse im Ersten Weltkrieg aufmerksam zu machen. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Euskirchen – Ein Hauch von 1914 wehte am Mittwochmorgen über den Alten Markt in Euskirchen: Drei über 100 Jahre alte Oldtimer standen bereit, um eine „Fahrt gegen das Vergessen“ bis nach Sommepy-Tahure in der französischen Champagne anzutreten. Die Aktion im Rahmen der Ausstellung „Kriegs(er)leben im Rheinland“ im LVR-Freilichtmuseum Kommern soll an die Geschehnisse während des Ersten Weltkrieges erinnern.

Dr. Josef Mangold, Leiter der LVR-Freilichtmuseums Kommern, sagte: „Auf den Tag genau vor einhundert Jahren starteten von hier aus Honoratioren aus Euskirchen, um Soldaten eines deutschen Infanterie-Regiments mit so genannten »Liebesgaben« aus der Heimat zu versorgen.“ Diese Geschenke bestanden aus Wein, Bier, Zigaretten und Zigarren sowie ähnlichen nützlichen Dingen. Ein Teil dieser Geschenke blieb aber im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke, denn die Honoratioren hatten nicht mit den kriegsspezifischen Herausforderungen gerechnet, wie den Reiseberichten zu entnehmen ist. So galt es Streckenposten zu bestechen oder Benzin in knapp bemessenen Depots zu ergattern.

Rita Witt (v.r.), vom Vorstandssekretariat der KSK, übergibt einen Scheck von 1000 Euro an Inge Ruschin, Vorsitzende Förderverein LVR-Freilichtmuseum Kommern: Damit soll die Ausstellung „Kriegs(er)leben“, in dessen Rahmen die Fahrt stattfindet, von der Kultur- und Sportstiftung der KSK unterstützt werden. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Rita Witt (v.r.), vom Vorstandssekretariat der KSK, übergibt einen Scheck von 1000 Euro an Inge Ruschin, Vorsitzende Förderverein LVR-Freilichtmuseum Kommern: Damit soll die Ausstellung „Kriegs(er)leben“, in dessen Rahmen die Fahrt stattfindet, von der Kultur- und Sportstiftung der KSK unterstützt werden. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

In Luxemburg mussten die historischen Fahrer die Mittagspause abwarten, um an den nächsten Sprit zu kommen. Mangold verriet schmunzelnd: „Auch wir wollten kurz nach zwölf Uhr in Luxemburg eintreffen, wurden aber gebeten, erst nach der Mittagspause der Bürgermeisterin um 14 Uhr zu kommen – manche Dinge scheinen sich also nicht geändert zu haben.“

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Die Fahrtroute ist nach dem historischen Vorbild gewählt und führt von Euskirchen über Dahlem, Luxembourg und Vouziers (F) bis nach Sommepy-Tahure (F). Auch wenn die heutigen Reisenden wieder Geschenke im Gepäck haben, sind diese jetzt für die französischen Nachbarn bestimmt, mit denen ein kleines Fest gefeiert werden soll. Zielsetzung ist neben dem Erinnern an die schrecklichen Kriegsgeschehnisse vor 100 Jahren die freundliche Begegnung mit den Menschen, über deren Orte einst die Katastrophe hereinbrach und die selbst Angehörige im „Großen Krieg“ verloren hatten.

Die Passanten bewunderten die drei über 100 Jahre alten, aber noch fahrtüchtigen Oldtimer. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Die Passanten bewunderten die drei über 100 Jahre alten, aber noch fahrtüchtigen Oldtimer. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Mangold dankte besonders den Sponsoren, der Kultur- und Sportstiftung der Kreissparkasse Euskirchen (KSK), VR-Bank Nordeifel und RWE: „Ohne diese Unterstützung hätten wir die Fahrt in Zeiten knapper finanzieller Mittel nicht organisieren können.“ Rita Witt vom Vorstandsekretariat der KSK und Hartmut Cremer, Kreisparkassen-Vorstandsmitglied, setzten sich probeweise in eines der altehrwürdigen Fahrzeuge und zeigten sich überrascht. „Die Sitze sind wirklich sehr bequem“, urteilte Rita Witt – und das ist auch gut so: Für die rund 300 Kilometer lange Fahrt sind drei Tage eingeplant.

Mit so einem Modell des Typs „Overland 69 Touring“ sind auch vor 100 Jahren Reisende aus Euskirchen Richtung Frankreich gestartet. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Mit so einem Modell des Typs „Overland 69 Touring“ sind auch vor 100 Jahren Reisende aus Euskirchen Richtung Frankreich gestartet. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Auch regnen sollte es unterwegs möglichst nicht: Zwar haben alle drei Wagen ein Verdeck, doch sind die Seiten teilweise offen. Gefahren wird in einem Ford Modell T „Tin Lizzy“ von 1911, also noch vor der industriellen Fertigung des Erfolgsmodells. Die 2,9-Liter-Maschine hat eine Leistung von 20 PS. Außerdem sind zwei „Overland“ im Einsatz, ein Modell „69 Touring“ von 1912, das gleiche Modell, das auch bei der historischen Fahrt vor 100 Jahren Richtung Westen rollte. Der zweite „Overland“ wurde 1910 gefertigt.

Die noch bis 18. Oktober 2015 laufende Sonderausstellung „Kriegs(er)leben im Rheinland“ im LVR-Freilichtmuseum Kommern zeigt unter anderem, wie die anfängliche Kriegsbegeisterung vor allem im Bürgertum schon nach wenigen Kriegswochen Ernüchterung und Verzweiflung wich. Dabei werden mit zahlreichen Objekten, Tagebüchern und Zeichnungen gerade die damaligen Lebensverhältnisse auf den Land thematisiert.

Kein Zündschlüssel, sondern Kurbeln: Den „Tin Lizzy“ zum Leben zu erwecken, ist eine besondere Kunst. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Kein Zündschlüssel, sondern Kurbeln: Den „Tin Lizzy“ zum Leben zu erwecken, ist eine besondere Kunst. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Dazu wird auch ein Begleitprogramm angeboten: Am Sonntag, 12. Oktober, sowie Donnerstag, 16. Oktober, soll jeweils um 14 Uhr im Kommerner Freilichtmuseum in einer szenischen Geschichtsdarstellung der Reservist Friedrich Schmitz nach 100 Jahren wieder zu Wort kommen, verkörpert von Kai-Ingo Weule. An den Sonntagen, 26. Oktober und 9. November, wird jeweils ein Referent im „Geschichts-Salon mit Muckefuck und Kriegsgebäck“ an die Kriegsgeschehnisse erinnern, während an den Sonntagen, 7. Dezember und 14. Dezember, jeweils um 14 Uhr Stummfilme aus dem Produktionsjahr 1916 gezeigt werden.

Weitere Informationen im Internet unter www.kommern.lvr.de

Eifeler Presse Agentur/epa

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