Nachruf auf Merlin Flu

Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte der Künstler in seinem Eifeler Atelier in Schleiden – Merlin Flu schuf unter anderem Porträts, Akte, Liebespaare, Fabelwesen und großformatige Popart-Gemälde

Auch die beiden Künstler Merlin Flu und Christine Schirrmacher aus Schleiden-Oberhausen beteiligen sich an den EAT. Archivbild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Seit 2005 lebte der Künstler Merlin Flu mit seiner Frau Christine Schirrmacher in Schleiden-Oberhausen. Archivbild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Schleiden-Oberhausen – Merlin Flu muss auch nach seinem Tod für alle Künstler in Sachen Kreativität stets ein Vorbild bleiben. Denn während mancher sich bei seiner Arbeit schon fundamental gestört fühlt, wenn ihn nur eine Erkältung ärgert, blieb Merlin Flu trotz schwerer Multiple-Sklerose-Erkrankung, die ihm mehr und mehr das Augenlicht raubte und seine Malhand lähmte, bis zum Schluss unermüdlich in seinem Kunstschaffen.

Auch konnte ihm die Krankheit seine unbändige Lebensfreude, die alle seine Bilder und Objekte ausstrahlen, nicht nehmen. Noch 1996, als die Krankheit sich schon etabliert hatte, schuf er neue großformatige Arbeiten mit plakativen Farben, voll überbordender Phantasie und erweiterte seine Werkspalette um Stahlobjekte und Plastiken. Darüber hinaus begann er, Gedichte zu schreiben und zu veröffentlichen.

Ein Bild aus den Düsseldorfer Zeiten, wo Merlin Flu vor allem für seine Kaffeebrandbilder berühmt war. Bild: Privat
Ein Bild aus den Düsseldorfer Zeiten, wo Merlin Flu vor allem für seine Kaffeebrandbilder berühmt war. Bild: Privat

Phantasie und Freiheit, das waren für Merlin Flu stets zwei Seiten einer Medaille. Dass man auf sein Leben nicht eine Sekunde lang Garantie hat und es daher stets in vollen Zügen genießen muss, egal wie traurig die Umstände gerade sind, gehörte mit zu den Maximen seines Lebens.

Hartmut Schirrmacher, so sein bürgerlicher Name, wurde 1948 in Binzen in Süddeutschland geboren. Nach dem frühen Unfalltod seiner Eltern wuchs er 17 Jahre lang in Waisenheimen auf und flüchtete sich schon früh in seine eigenen Phantasiewelten. Die 1968er-Revolte erlebte er als 20-Jähriger. Das Lebensgefühl der darauf folgenden Jahre wurde prägend für sein künstlerisches Selbstverständnis. Für die innere und äußere Freiheit des Individuums stand er Zeit seines Lebens ein.

Bei der Kaffeebrandtechnik wird Kaffeesatz auf eine Leinwand aufgetrragen und anschließend mit einem Bunsenbrenner bearbeitet. (Ausschnitt). Repro:Thalken
Bei der Kaffeebrandtechnik wird Kaffeesatz auf eine Leinwand aufgetrragen und anschließend mit einem Bunsenbrenner bearbeitet. (Ausschnitt). Repro:Thalken

Intuition, lautete für ihn eines der Zauberwörter, die für seine Arbeit von zentraler Bedeutung waren. Nicht der kritische Reflexionsprozess stand in seinem Schaffen im Vordergrund, sondern das Zulassen der eigenen Phantasie, jener Bilder, die sich in seinen Kopf drängten und die er ohne aufgesetzte Intention weitervermitteln wollte. „Ich kann ein Bild nach dem anderen machen, es ist einfach da“, berichtete er einmal bei einem Gespräch in seinem Atelier im Jahr 2005. Er selbst betrachtete diese Fähigkeit als Geschenk Gottes. Seine Bilder sind aber alles andere als nur gefällig. In ihnen vollzieht sich vielmehr immer auch Kritik an der Phantasiearmut der Gegenwart.

Anfang der 1970er Jahre bestand Schirrmacher eine Sonderbegabtenprüfung an der Zweigstelle der Kunstakademie Düsseldorf in Münster. Doch 1974 verließ er die Akademie wieder. „Etwas sträubte sich in mir gegen das reine und oft genug monotone Reproduzieren von technischen Fertigkeiten“, erklärte er später.
25 Jahre lang lebte und arbeitete er in Düsseldorf. Bekannt wurde er vor allem durch die Erfindung der Kaffeebrandtechnik. Dabei trug er Kaffeesatz auf eine Leinwand auf und bearbeitete ihn anschließend mit einem Bunsenbrenner zu kunstvollen Gemälden.

Merlin Flu hat auch zahlreiche große und kleine Skulpturen wie diesen "Krieger" angefertigt. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Merlin Flu hat auch zahlreiche große und kleine Skulpturen wie diesen „Krieger“ angefertigt. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Nach seiner Erkrankung wurde ihm das quirlige Düsseldorf zu anstrengend. Im April 2005 fand er in der Eifel ein neues naturnahes Refugium. Doch zur Ruhe setzte er sich hier keinesfalls. Bei einem Besuch im August 2005 berichtete er, dass er jetzt sogar oft nachts arbeite. Bei Kerzenschein mit einer starken Lupe über ein Brett gebeugt entwarf er wie besessen Bilder, Stahl- und Lichtobjekte. Umsetzen konnte er diese Entwürfe schon damals allerdings nicht mehr. Dafür war seine Frau Christine zuständig, die selbst Künstlerin ist und für die Merlin Flu nicht nur Mann und Partner war, sondern auch Lehrer. Christine Schirrmacher will sich daher auch weiterhin für die Werke von Merlin Flu einsetzen. „Die Präsentation der Arbeiten aus dem Bestand in Form von Ausstellungen und Atelierbesichtigungen wird von mir – in seinem Sinne – weitergeführt“, teilt sie mit.

Vielleicht das ungewöhnlichste  Bild von Merlin Flu. Es trägt den Titel "Trauer". Repro: Christine Schirrmacher
Ein ungewöhnlichste Bild von Merlin Flu. Es trägt den Titel „Trauer“. Repro: Christine Schirrmacher

Merlin Flu schuf unter anderem Porträts, Akte, Liebespaare, Fabelwesen und großformatige Popart-Gemälde. Darüber hinauf fertigte er mit Acrylfarben bemalte Stahlobjekte sowie Keramik- und Holzskulpturen. Die Kunsthistorikern Dr. Elisabeth Geschwind schreibt dazu: „Seine Geschöpfe bewegen sich dabei immer auf einer vorderen bühnenartigen Ebene. Merlin Flu schüttelt das Kaleidoskop seiner kreativen Phantasie unentwegt und seine Motiv-Codes fügen sich zu immer neuen kunstvollen Sequenzen zusammen.“

Eine Abschiedsfeier findet am Mittwoch, 18. Februar, ab 13.30 Uhr in den Räumen des Bestattungsinstituts Joisten in Schleiden-Gemünd im Freundes- und Familienkreis statt. Die Beisetzung des Künstlers ist im März in aller Stille in einem nahegelegenen Ruheforst.

Eifeler Presse Agentur/epa

2 Gedanken zu „Nachruf auf Merlin Flu“

  1. In stillem Gedenken an einen Nachbarn der anderen Olef- Flußseite den wir leider nicht persönlich gekannt haben . Haben jetzt nach seinem Tode sehr viel von ihm in der Presse erfahren . Er wird in vielen Herzen weiterleben. Ein letzter Gruß sendet Familie Gehlen

    1. Liebe Familie Gehlen,
      von Herzen Dank für ihre Zeilen !
      Er wird uns in seinen Kunstwerken weiter begleiten.
      Christine Schirrmacher

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