„Höchste Zeit, Pflege zukunftssicher zu machen“

Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Euskirchen machte zum Internationalen Tag für die Pflege auf die kommenden Herausforderungen durch weiter steigende Zahl von Pflegebedürftigen aufmerksam

Malte Duisberg (v.l.), Sprecher AGW, Geschäftsführer Stiftung Evangelisches Altenheim Gemünd, Walter Steinberger, Geschäftsführer Diakonie Euskirchen, Wolfgang Thurow, Geschäftsführer AWO, Franz Josef Funken, Geschäftsführender Vorstand Caritas Euskirchen, und Rolf Schneider, Geschäftsführer Caritas Region Eifel, machen auf die wachsenden Herausforderungen in der Pflege aufmerksam. Bild: Carsten Düppengießer/Caritasverband Euskirchen
Malte Duisberg (v.l.), Sprecher AGW, Geschäftsführer Stiftung Evangelisches Altenheim Gemünd, Walter Steinberger, Geschäftsführer Diakonie Euskirchen, Wolfgang Thurow, Geschäftsführer AWO, Franz Josef Funken, Geschäftsführender Vorstand Caritas Euskirchen, und Rolf Schneider, Geschäftsführer Caritas Region Eifel, machen auf die wachsenden Herausforderungen in der Pflege aufmerksam. Bild: Carsten Düppengießer/Caritasverband Euskirchen

Kreis Euskirchen – Rund 8.000 Pflegebedürftige gibt es laut statistischem Landesamt NRW im Kreis Euskirchen, Tendenz stark steigend. Bis zum Jahr 2030 soll sich diese Zahl auf 12.000 Betroffene erhöhen. 70 Prozent der Pflegebedürftigen werden aktuell noch zuhause betreut, die verbleibenden 30 Prozent in verschiedenen Wohnformen wie etwa Betreutem Wohnen und stationären Pflegeeinrichtungen.

Zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai machte die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Euskirchen (AGW), dies sind beide Caritasverbände im Kreisgebiet, die Diakonie Euskirchen, die Diakonie im Kirchenkreis Aachen, die AWO, das DRK und die Paritäter, im Rahmen der Aktionswoche “Wir für Sie“ der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände NRW, mit einem Pressegespräch im AWO Altenzentrum Weilerswist auf die Situation der Pflege im Kreis Euskirchen aufmerksam.

Mit 781 hauptamtlichen Mitarbeitern und 280 Ehrenamtlichen kümmert sich die AGW im Kreis Euskirchen um 2.500 pflegebedürftige Mitbürger in fünf Pflegeheimen, sechs ambulanten Pflegediensten, zwei Tagespflege- und fünf Kurzzeitpflegeeinrichtungen, drei Hospizdiensten, zwei Demenzcafés und vier Einrichtungen des Betreuten Wohnens.

Malte Duisberg, aktueller Sprecher der AGW, und seine Geschäftsführerkollegen verdeutlichte den Stellenwert die Pflege für die Mitgliedsorganisationen der AGW. Man habe bereits heute mit einer deutlich veränderten Kundenklientel umzugehen, welche erhöhte Anforderungen an die Mitarbeitenden stellen würde. Diese seien durch stetige Weiter- und Fortbildungen bestens qualifiziert und sehr engagiert.

Die caritative Arbeit erfahre eine hohe Wertschätzung, die sich bei den Wohlfahrtverbänden nicht nur in Anerkennung, sondern auch in der finanziellen Entlohnung niederschlage. So erhalte ein angehender Altenpfleger bereits im ersten Ausbildungsjahr eine Vergütung von rund 1.000 Euro. Nach der Ausbildung winkt dann meist eine Übernahme und ein Einstiegsgehalt von etwa 2.600 Euro brutto. „Wir vergüten tariftreu“, so Duisberg.

Rolf Schneider, Geschäftsführer der Caritas für die Region Eifel, beleuchtete die Situation der Ambulanten Pflegedienste der Wohlfahrtsverbände im Kreis: „Wir bewegen uns in einem Flächenkreis, besonders in der Eifel sind unsere Mitarbeiter bei Wind und Wetter unterwegs. Wir fahren Kunden an, die aus wirtschaftlichen Gründen von privaten Pflegediensten oft nicht bedient werden.“

Zwischen der ambulanten und stationären Pflege habe sich seit über 20 Jahren die Tagespflege im Kreis etabliert. „Bei dieser Form der Pflege steht neben dem Erhalt der eigenen Häuslichkeit für die Patienten die Entlastung pflegender Angehöriger im Fokus“, so Franz Josef Funken, Geschäftsführender Vorstand der Caritas Euskirchen. Problematisch sei die stark veränderte Gästestruktur mit weit überwiegend demenziell erkrankten Gästen bei gleichzeitiger nicht adäquater Anpassung des Personalschlüssels durch die Kostenträger.

Das heute rund 80 Prozent der schwerstkranken Pflegebedürftigen in der Region zuhause im Kreise ihrer Angehörigen sterben können, darauf verweist Walter Steinberger, Geschäftsführer der Diakonie Euskirchen. „Seit 2008 gibt es die palliativ Pflege im Kreis Euskirchen. Wir begleiten oft Menschen, die oft mit 50 bis 60 Jahren aufgrund einer Tumorerkrankung als austherapiert gelten und keine Hoffnung mehr auf einen Heilungserfolg haben.“ Hier sei, auch aufgrund der klammen Refinanzierung, die ehrenamtliche Unterstützung in den Hospizdiensten ein großer Gewinn.

Wenn ein selbständiges Wohnen in der eigenen Häuslichkeit nicht mehr möglich ist, gibt es heute auch im Kreis Euskirchen eine Vielzahl unterschiedlicher Wohnformen. Wolfgang Thurow, Geschäftsführer der AWO, stellte das betreute Wohnen für Pflegebedürftige vor: „Die persönlichen Bedürfnisse hochbetagter, pflegebedürftiger Mitbürgerinnen und Mitbürger wandeln sich. Wir bieten heute Paaren und Singles altersgerechte und barrierefreie Wohnmöglichkeiten in Kombination mit individuellen Betreuungsmöglichkeiten.“

Um pflegende Angehörige zu entlasten, gibt es das Angebot der Kurzzeitpflege in stationären Einrichtungen. „Bis zu vier Wochen können Pflegebedürftige dann in der Einrichtung bleiben. Für viele ist dies auch eine Art Probewohnen, es kann der Einstieg in die stationäre Langzeitpflege sein“, so Thurow. Diese sieht Malte Duisberg, Sprecher der AGW und Geschäftsführer der Stiftung Evangelisches Altenheim Gemünd, als „Schließe in der Kette“ der Dienste und Hilfen rund um dem Themenkomplex Pflege. Mit einer hohen Fachkräftequote mache man sich viele Gedanken darüber, wie man das letzte Stück des Lebensweges mit den Bewohnern und ihren Angehörige gestalten kann. „Wir werden auf stationäre Pflege nicht verzichten können, um Menschen würdig und angemessen zu versorgen, die anders nicht ver

Für die Wohlfahrtsverbände selbst sei die Refinanzierung ihrer Angebote in der Pflege durch die Kostenträger allerdings nicht ganz unproblematisch. So gebe es etwa in der Ambulanten Pflege seit Jahren eine Unterfinanzierung von 17 Prozent, in der Tagespflege habe man mittlerweile eine Quote von 90 Prozent an Demenz erkrankter Gäste mit entsprechend erhöhtem Betreuungsbedarf, dem eine Anhebung des Personalschlüssels um gerade einmal 12 Prozent entgegenstehe. „Die Liste ließe sich weiter fortführen“, so Duisberg. Man erlebe hohe Wertschätzung bei minimaler Refinanzierung – Politik und Kranken- beziehungsweise Pflegekassen würden sich den Schwarzen Peter gegenseitig zuschieben.

Die AGW ist gerade auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung der Ansicht, dass es höchste Zeit sei, die Pflege zukunftssicher zu machen. Dazu brauche es einer nachhaltigen Entwicklung unter Beteiligung des Landes, des Kreises und der Kommunen. Auch die Ausbildung neuer Pflegefachkräfte müsse durch das Land NRW und die Pflegekassen mit einer ausreichenden Finanzierung versehen werden.

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