Kreis rechnet mit bis zu 50 unbegleiteten jungen Flüchtlingen

Gesucht werden Bürger, die sich der minderjährigen Jugendlichen annehmen wollen und über entsprechende Kompetenzen und Voraussetzungen verfügen

Der allgemeine Vertreter des Landrats und Geschäftsbereichsleiter Manfred Poth begrüßte die interessierten Bürgerinnen und Bürger im Sitzungssaal. Bild: Dagmar Berens, Kreismedienzentrum
Der allgemeine Vertreter des Landrats und Geschäftsbereichsleiter Manfred Poth begrüßte die interessierten Bürgerinnen und Bürger im Sitzungssaal. Bild: Dagmar Berens, Kreismedienzentrum

Euskirchen – Der Allgemeine Vertreter des Landrats und zugleich Geschäftsbereichsleiter „Bildung, Gesundheit, Jugend und Soziales“, Manfred Poth, begrüßte rund 160 Gäste im vollbesetzten Sitzungssaal des Kreishauses. „Gestern sind 196 Flüchtlinge in Euskirchen angekommen, die in der Notunterkunft an der Thomas-Eßer-Straße untergebracht wurden. Seit einigen Wochen leben schon etwa 130 Flüchtlinge in der Notunterkunft in Schleiden-Gemünd“, berichtete Poth über die aktuelle Lage im Kreis. Er erklärte weiter, dass das Land dem Kreis Euskirchen insgesamt noch weit mehr Flüchtlinge zuweisen würde, allein in Euskirchen bis zu 500. Damit kämen große Unterbringungs- und Betreuungsaufgaben auf den Kreis und seine Kommunen zu.

„Bei den Flüchtlingen sind auch immer wieder unbegleitete, minderjährige Jugendliche dabei. Gestern waren es vier. Um diese kümmern sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendabteilung“, stellte Poth die aktuelle Lage fest. Und weiter: „Der Flüchtlingsstrom ist ungebrochen und die Anzahl nimmt weiter rasant zu. Das heißt für uns, dass in Zukunft immer mehr minderjährige, unbegleitete Jugendliche betreut und untergebracht werden müssen.“

Poth übergab an Jugendamtsleiter Erdmann Bierdel, der in seiner kurzen Einführung zum Fazit kam, dass damit zu rechnen sei, dass in Zukunft ca. 50 unbegleitete Jugendliche im Kreis versorgt werden müssten. Eines sei besonders wichtig: die enge Verknüpfung von ehrenamtlich helfenden Bürgern mit der professionellen Unterstützung der Jugendämter und vieler anderer Organisationen. „Der Kontakt zwischen den Jugendlichen und den ehrenamtlich Tätigen kann eine zentrale Rolle für die Integration spielen“, so Bierdel.

Volles Haus: mehr als 160 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung ins Kreishaus gefolgt. Bild: Dagmar Berens, Kreismedienzentrum
Volles Haus: mehr als 160 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung ins Kreishaus gefolgt. Bild: Dagmar Berens, Kreismedienzentrum

Roland Kuhlen vom Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrum (KoBIZ) nannte Syrien, Irak, Afghanistan, Eritrea und Somalia als die fünf wesentlichen Herkunftsländer der Flüchtlinge. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass die Schutzquote minderjähriger Flüchtlinge aus diesen Ländern bei nahezu 100 Prozent liegt. Das bedeutet, dass diese jungen Menschen auf relativ lange Zeit, unter Umständen viele Jahre, in Deutschland bleiben werden. Als häufige Fluchtgründe nannte er Krieg, Zwangsheirat, Gewalt in der Familie und wirtschaftliche Not.

Erdmann Bierdel berichtete über die größtenteils abenteuerlichen, oft gefährlichen, fast immer aber beschwerlichen und kräftezehrenden Fluchten, die die jungen Menschen hinter sich haben. Er zeigte eindrucksvolle Bilder von Booten und Schiffen mit Flüchtlingen auf dem Mittelmeer, die geretteten Insassen und ihre Versorgung in Griechenland sowie ihr Weg bis zur Ankunft in Deutschland.

Er schilderte dann das Verfahren, welches ab 2016 gelten wird. Derzeit, so Bierdel, seien in Nordrhein-Westfalen etwa 3000 minderjährige Flüchtlinge in Obhut genommen, eine Zahl, die aufgrund der Flüchtlingswelle weiter steigen würde. Damit wären die NRW-Jugendämter nicht mehr in der Lage, eine ordnungsgemäße Versorgung der jungen Menschen zu gewährleisten. Deshalb planen Bund und Land NRW, dass ankommende, minderjährige Flüchtlinge nach der Ersterfassung und medizinischen Versorgung innerhalb einer angemessenen Frist an andere Jugendämter in ganz Deutschland abgegeben werden sollen. Hierbei wären natürlich Kriterien wie z.B.: Leben evtl. schon Verwandte in Deutschland? Sind Geschwister schon anderswo untergebracht? zu berücksichtigen.

Benedikt Hörter, Leiter der Sozialen Dienste im Kreis, stellte anschließend die Projektidee „Leben in Gastfamilien“ vor. Inhalte seiner umfangreichen Informationen waren: Welche räumlichen, wirtschaftlichen und sozialen Voraussetzungen müssen Gastfamilien erfüllen, um einen minderjährigen Flüchtling aufnehmen zu können? Dazu gehören beispielsweise genügend Wohnraum, Zeit und gesicherte wirtschaftliche Verhältnisse, Gesundheits- und polizeiliche Führungszeugnisse, interkulturelle Offenheit, Kooperationsbereitschaft mit diversen Einrichtungen der Jugendhilfe und Distanzfähigkeit.

Familien, die unbegleitete ausländische Minderjährige aufnehmen, sollen nach der Konzeptidee professionell von sozialpädagischen Fachkräften unterstützt werden. Da die unbegleiteten Jugendlichen auch dann, wenn sie in Gastfamilien untergebracht sind, immer einen Vormund benötigen, informierten Theresia Kania und Claudia Simon rund um das Thema: Vormundschaften.

Roland Kuhlen berichtete abschließend noch über den ehrenamtlichen Einsatz von Sprachmittlern und Übersetzungshelfern. Dies sind Ehrenamtler, die der Heimatsprache der minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge mächtig sind und diese z.B. bei Behördengängen unterstützen. Sie ersetzen aber keine professionellen Dolmetscher.

Auf der Homepage des Kreises Euskirchen, www.kreis-euskirchen.de, finden Familien, die gerne einen unbegleiteten, minderjährigen Flüchtling aufnehmen möchten, im Bereich „Ehrenamt“ ein Formular, mit dem sie ihre Bereitschaft melden können. Die Jugendabteilung wird sich dann zügig mit der interessierten Gastfamilie in Verbindung setzen und alles Weitere in die Wege leiten. (epa)

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