Kaller Traditionsgaststätte Gier wird von Verein weitergeführt

Mittlerweile schon 58 Mitglieder – Ehrenamtler brachten das Gebäude in Eigenleistung wieder auf Vordermann – Gemeinde Kall beteiligt sich an dem Projekt – Ziel ist es, die denkmalgeschützte Gaststätte als Ort gesellschaftlichen Lebens zu erhalten

Sie stießen an auf die weitere Zukunft der Kaller Traditionsgaststätte Gier:  Schriftführer Reiner Züll (v.l.), Vorstandsvorsitzender Uwe Schubinski, Stellvertrtetender Vorstand Ralf Schumacher und Kassenwart Berthold Jansen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Sie nehmen die Zukunft der Kaller Traditionsgaststätte Gier in die eigenen Hände: Schriftführer Reiner Züll (v.l.), Vorstandsvorsitzender Uwe Schubinski, Stellvertrtetender Vorstand Ralf Schumacher und Kassenwart Berthold Jansen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Kall – Fast jeder Kaller war in seinem Leben wohl schon mindestens einmal in der Gaststätte Gier. Das Traditionshaus mit Dorfsaal, das zwischen 1790 und 1810 erbaut wurde und heute unter Denkmalschutz steht, war Zeit seines Bestehens ein Ort für das gesellschaftliche Leben. Hier wurden unter anderem Hochzeiten und Geburtstage gefeiert, Beerdigungsgesellschaften, Vereinsversammlungen, Jazzabende sowie Tanz- und Musikproben abgehalten. Im 19. Jahrhundert diente der Tanzsaal sogar wiederholt als Schulraum. Mit dem 31. Juli dieses Jahres wurde die Gaststätte geschlossen.

Ein Nachfolger für den Gastwirt Dieter Forner fand sich nicht. In mehreren Gesprächen des Bierlieferanten sowie des Hauseigentümers mit der Gemeinde wurden daraufhin Lösungen gesucht, um die Gastwirtschaft weiterhin am Leben zu erhalten. Die Gemeinde signalisierte ihre Unterstützung.

Luise Gier (links) führte viele Jahre lang die gleichnamige Gaststätte in Kall. (Hier ein Bild von 1979.) Sie ist vielen Kallern noch in guter Erinnerung. Repro Reiner Züll
Luise Gier (links) führte viele Jahre lang die gleichnamige Gaststätte in Kall. (Hier ein Bild von 1979.) Sie ist vielen Kallern noch in guter Erinnerung. Repro Reiner Züll

Eine Versammlung der Vereine, zu der Ortsvorsteher Guido Keutgen eingeladen hatte, rief einen Arbeitskreis ins Leben, der sich für den Erhalt der Gaststätte einsetzen sollte. Der Arbeitskreis erarbeitete ein Betreiberkonzept sowie einen Satzungsentwurf. Architekt Bernd Becker vom gleichnamigen Büro PE Becker in Kall bot spontan seine kostenlose Unterstützung an.

Ursprünglich geplant war, dass die Gemeinde Kall das Gasthaus kaufen sollte, um es sodann einem noch zu gründenden Verein mietfrei zur Bewirtschaftung zur Verfügung zu stellen. Dieses Vorhaben konnte in der Politik aber nicht durchgesetzt werden.

Eine Fachfirma hat den alten Saalboden abgeschliffen und neu geölt. Bild: Reiner Züll
Eine Fachfirma hat den alten Saalboden abgeschliffen und neu geölt. Bild: Reiner Züll

Bei einem Gespräch des Arbeitskreises am 10. September mit Vertretern aller Fraktionen regte die Politik an, der zukünftige Verein solle das Haus selbst erwerben und sagte einen Zuschuss in Höhe des Kaufpreises von 75.000 Euro zu. Schon eine Woche später, am 17. September, konnte der Verein mit 17 Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben werden.

„Der satzungsgemäße Auftrag unseres Vereins ist die Erhaltung der denkmalgeschützten Gaststätte Gier“, berichtete Schriftführer Reiner Züll. Der Verein habe mittlerweile bereits 58 Mitglieder. Ein Denkmalschutzgutachten bescheinigt dem Vorstand denn auch, dass „das repräsentative Erscheinungsbild der Gastwirtschaft in der Nähe der Kirche aus wissenschaftlichen, besonders architektur- und ortsgeschichtlichen sowie städtebaulichen Gründen erhaltenswert ist.“

Ehrenamtler arbeiteten wochenlang in der Gaststätte. Teilweise musst das alte "Inventar" vor Ort zersägt werden. Bild: Reiner Züll
Ehrenamtler arbeiteten wochenlang in der Gaststätte. Teilweise musst das alte „Inventar“ vor Ort zersägt werden. Bild: Reiner Züll

„Bereits am 30. September haben wir mit den Renovierungsarbeiten begonnen“, berichtete der erste Vorsitzende, Uwe Schubinski, der gemeinsam mit Reiner Züll, dem zweiten Vorsitzenden Ralf Schumacher und Kassenwart Berthold Jansen das ehrgeizige Projekt jetzt der Öffentlichkeit vorstellte.

Alle vier zeigten sich besonders erfreut über die große Zahl der Ehrenamtlichen, die gleich von Anfang an kräftig mitwirkten. „Alle waren richtig euphorisch und jeder wollte mit anpacken“, berichtete Schumacher. Aber auch Firmen aus Kall zeigten sich sehr kulant. Die Firma Schumacher stellte beispielsweise kostenlos Baumaterial zur Verfügung und der Getränkelieferant Hans Joachim Baum lieh dem Verein 25.000 Euro, die später über den Bierverkauf abgegolten werden sollen.

So wie auf diesem Gemälde, sah das Haus um 1900 aus. Repro: Reiner Züll
So wie auf diesem Gemälde, sah das Haus um 1900 aus. Repro: Reiner Züll

So konnten die Vereinsmitglieder in Eigenleistung den Gastraum und den Saal komplett neu streichen, wobei sich besonders der Golbacher Malermeister Harald Thelen hervortat. „Die Beleuchtung wurde komplett auf umweltfreundliche LED-Lampen umgestellt. Sämtliche Sitzpolster im Thekenbereich wurden mit neuem Stoff bezogen. Eine Außenmauer wurde trockengelegt und durch Nässe in Mitleidenschaft gezogene Fußböden mussten teilweise erneuert werden“, berichteten Züll und Schubinski. Nur der Saalparkettboden sei von einer Fachfirma mehrfach abgeschliffen und neu versiegelt worden. „Das konnten wir nicht selber leisten“, so Schubinski.

Alles wurde durchgeputzt und gesäubert. Bild: Reiner Züll
Alles wurde abschließend noch einmal durchgeputzt und gesäubert. Bild: Reiner Züll

Jetzt müssen nur noch einige brandschutztechnische Auflagen erfüllt werden, dann steht der Eröffnung der Gastwirtschaft nichts mehr im Wege. Eine Konzession liegt auch schon vor. Der Rat der Gemeinde Kall schließlich hat am vergangenen Donnerstag in einer Ratssitzung im Tanzsaal sich bei zwei Enthaltungen und nur einer Gegenstimme mehrheitlich für den Erhalt der Gaststätte Gier und den Zuschuss an den neuen Verein ausgesprochen.

Die Gaststätte soll montags, mittwochs und freitags von 18 Uhr an geöffnet werden, am Sonntag bereits ab 16 Uhr. Samstags wird geöffnet, wenn Veranstaltungen im Saal stattfinden.
„Zunächst werden die Vereinsmitglieder den Thekendienst übernehmen. Später aber sollen dafür einige geringfügig Beschäftigte eingestellt werden, die diesen Job auch bislang übernommen hatten“, so Schubinski.

„Wir werden jeden Euro, der übrigbleibt, in den Erhalt dieses Hauses stecken“, kündigte Ralf Schumacher an. Die offizielle Eröffnung findet am Mittwoch, 11. November, ab 18 Uhr statt. (epa)

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