„Schulden machen krank – Krankheit macht Schulden“

Caritasverbände Euskirchen und Eifel beteiligen sich an bundesweiter Aktionswoche, um darauf aufmerksam zu machen, dass Überschuldung sowohl krank machen als auch Folge von Krankheit sein kann

Beatrix Salz (Caritas-Schuldnerberaterin) und Martina Deutschbein (Caritas-Insolvenzberaterin) bieten Hilfe im Überschuldungsfall. Foto: Carsten Düppengießer
Beatrix Salz (Caritas-Schuldnerberaterin) und Martina Deutschbein (Caritas-Insolvenzberaterin) bieten Hilfe im Überschuldungsfall. Foto: Carsten Düppengießer

Kreis Euskirchen – „Der Zusammenhang zwischen Krankheit und Schulden zeigt sich in unserer täglichen Arbeit in unterschiedlicher Weise“, betonen Martina Deutschbein und Beatrix Salz, Insolvenz- und Schuldnerberaterinnen der Caritas Euskirchen, jetzt in einer Pressemitteilung. „Zum einen haben überschuldete Menschen ein höheres Risiko an körperlichen oder psychischen Leiden zu erkranken. Andererseits sind bei rund 15 Prozent unserer Neufälle Unfälle, Erkrankungen oder Sucht Grund der Überschuldung“, so Salz.

Deshalb nimmt die Schuldnerberatung der Caritas Euskirchen die bundesweite Aktionswoche der Schuldnerberatung von Montag, 6. Juni, bis Freitag, 10. Juni, als Anlass, den Zusammenhang von Krankheit und Schulden in den Fokus zu rücken.

Die beiden Beraterinnen berichten von einem vordem selbständigen Handwerker, der seit einem Schlaganfall auf Grundsicherung angewiesen ist. „Der Mann war über 50 und hatte mit der Erkrankung im Hintergrund keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt“, so Deutschbein. Dies werde schnell zum Teufelskreis. „Kosten und Schulden laufen ja weiter auf, das stoppt ja nicht“, betont Salz.

Aber auch für Schulden als Ursache von psychischen und psychosomatischen Beschwerden können die beiden erfahrenen Fachkräfte viele Beispiele aus ihrer Praxis benennen. „Eine Klientin etwa lebt seit 30 Jahren mit ihrer Überschuldung. Hauptverursacher waren ihre Lebenspartner, mit denen sie teilweise auch häusliche Gewalt erleben musste“, berichtet Deutschbein.

Die Frau habe zwar versucht, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen, aufgrund von prekären Beschäftigungsverhältnissen sei dies aber von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen. Seit Jahren sei die Frau dauerhaft psychisch erkrankt. „Gottseidank hat sie den Weg in die Beratung gefunden. Die Privatinsolvenz steht jetzt an“, so Deutschbein. Dadurch sei eine deutliche Entlastung zu spüren, die Klientin könne nachts endlich wieder schlafen.

Ein weiteres Problem sei, dass bei Beitragsrückständen bei der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung die Versicherten keinen Anspruch auf die kompletten Leistungen ihrer Versicherungen haben. Es würde nur noch eine sogenannte Notfallversorgung erbracht. Weitergehende notwendige Behandlungen würden nicht durchgeführt, da es keine Kostenübernahme gäbe.

„Wir hatten etwa den Fall einer Rentnerin, der aufgrund dieser Umstände kein Rezept für ein dringend benötigt Medikament zur Blutdrucksenkung ausgestellt werden konnte“, erklärt Deutschbein. Nur durch den persönlichen Einsatz der Schuldnerberatung und finanzieller Hilfe der Caritas kam die Frau zu ihrem Medikament. „Mittlerweile haben wir das Insolvenzverfahren eröffnet, die Frau kann wieder normal behandelt werden“, so die Beraterin.

Studien zeigten, dass die soziale Schuldnerberatung einen stabilisierenden und gesundheitsfördernden Einfluss auf die Betroffenen habe. Die Caritas Euskirchen fordert daher mit den Wohlfahrts- und Fachverbänden den freien und kostenlosen Zugang aller Ratsuchenden zur Schuldnerberatung, die auch entsprechend finanziell abgesichert sein muss.

„Außerdem fordern wir den Gesetzgeber auf, eine praktikable Lösung zu finden, damit Betroffene trotz bestehender Beitragsrückstände sowohl in der gesetzlichen als auch in der privaten Krankenversicherung Zugang zum Leistungsumfang der Regelversorgung erhalten können“, betonen Deutschbein und Salz. Ebenso müsse ein bezahlbarer Zugang für Kleinselbstständige mit geringem Einkommen in der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen werden.

Prävention und Vorsorge sollte hier zielgruppenspezifisch ausgebaut und finanziert werden. „So wären etwa haushaltspraktische Angebote für unsere Klientel wichtig. Wie organisiere ich meinen Einkauf und wie kann ich mit einfachen Mitteln gesundes Essen  für mich und meine Familie zubereiten – dieses Basiswissen fehlt bei unseren Klienten oft völlig“, erklärt Salz. Dieses Unwissen führe zu unnötigen Kosten, wenn etwa Fertigprodukte gekauft würden. Diese seien außerdem häufig ungesünder als frisch zubereitete Mahlzeiten.

Im Bereich der Schuldnerberatung existiere ein weiteres, oft nicht wahrgenommenes Gesundheitsproblem: Das der Schuldnerberaterinnen und -berater, die in einem stark emotional geprägten Umfeld arbeiten. „Auch der ständige Konflikt zwischen dem sozialarbeiterisch Notwendigen einerseits und den finanziellen Rahmenbedingungen andererseits ist enorm belastend“, erläutern Deutschbein und Salz. Hier gelte es auf jeden Fall, unterstützende Maßnahmen wie Supervision sicherzustellen und durch Kostenträger zu finanzieren.

„Im Südkreis Aachen ist vielen überschuldeten Personen der Zugang zur Beratung verwehrt, weil sie gerade noch so über einer bestimmten Einkommensgrenze liegen“, so Norbert Telöken vom Beratungsbüro Simmerath. „Sie müssen sich dann an den Kosten beteiligen, obwohl sie sich das in ihrer Situation nicht wirklich leisten können. Wir sind der Meinung: überschuldete und auch überschuldungsgefährdete Menschen sollten unsere Hilfe kostenfrei bekommen können!“ Zudem fordern die Berater, dass eine Regelversorgung der Krankenkasse auch bei bestehenden Beitragsschulden geleistet wird, jeder Mensch einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto bei der Bank hat und eine angemessene Gesundheitsversorgung für Menschen, die sich vor Eintritt der Überschuldung privat versichern konnten, gesichert ist.

Am Montag, 6. Juni, haben die Caritas Schuldnerberatungen in der Zeit von  bis 12 Uhr ein Expertentelefon für die Eifeler Bürger geschaltet. Wer Fragen zum Thema hat oder Hilfe braucht, kann sich abhängig von seinem Wohnort melden bei:

Dorothea Gehlen (Beratungsbüro Schleiden):        0 24 45/85 07-276

Andrea Zens (Beratungsbüro Mechernich):             0 24 43/9 02 98 11

Norbert Telöken (Beratungsbüro Simmerath):        0 24 73/75 11

Kontakt und Infos Caritas Eusskirchen:

www.caritas-eu.de

Schuldnerberatung:

Beatrix Salz

Tel.: 0 22 51/70 00-47

E-Mail: entschuldungshilfe@caritas-eu.de

Insolvenzberatung:

Martina Deutschbein

Tel.: 0 22 51/70 00-91

E-Mail: insolvenzberatung@caritas-eu.de

Eifeler Presse Agentur/epa

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

11 − zwei =