Alternde Menschen sollten sich selbst organisieren

Dorfwerkstatt Sistig lädt ein, um gemeinsam nach Lösungen für die Probleme des demografischen Wandels zu suchen

Das "Sistiger Lädchen" ist längst zum neuen Ortsmittelpunkt geworden. Bild: Karl Vermöhlen
Die Sistiger sind ihrer Zeit voraus: Das „Sistiger Lädchen“ beispielsweise hält die Versorgung vor Ort aufrecht und ist Kommunikationsplattform des Ortes. Bild: Karl Vermöhlen

Kall-Sistig – „Alt sind nur die anderen“, so lautete der Titel eines Buches, das Elisabeth Niejahr 2004 veröffentlichte. Niejahr, 1965 geboren und damit Teil der Baby-Boomer-Generation, analysierte genau, welche Konsequenzen sich aus der sich bereits Anfang des Jahrtausends erkennbaren Entwicklung der veränderten Zusammensetzung der Bevölkerung entstehen. In zehn Jahren wird die Hälfte der Einwohner Deutschlands älter als 60 Jahre sein. Diese Baby-Boomer-Senioren sind „zunächst gesünder und leistungsfähiger als vergangene Generationen – aber spätestens in 15 oder 20 Jahren werden viele von ihnen Pflegefälle sein“, so Frau Niejahr. Und weiter: „Im hohen Alter werden sie länger Hilfe brauchen als ihre Eltern, sie werden viel mehr gute, gesunde Jahre erleben als ihre Vorgänger – aber zusätzliche schwierige Jahre stehen ihnen auch bevor.“

Unterstützung durch ausländische Pflegekräfte wird es auf Dauer nicht geben, denn die Geburtenraten in Polen, Bulgarien oder Rumänien liegen noch niedriger als in Deutschland.

Pflegeheimplätze sind gemessen an den heutigen Verhältniszahlen rar – der Mangel an professionellen Pflegekräften ist schon heute offensichtlich.

Die eigenen Kinder sind in Zeiten des Arbeitskräftemangels nicht selten in zwei und mehr  Jobs eingebunden – und müssen voraussichtlich über das 67. Lebensjahr hinaus für die eigene Rente arbeiten.

Es wird also kaum andere Möglichkeiten geben, als sich als alternde Menschen im Verbund mit anderen selbst zu organisieren. Die dörflichen Strukturen müssen an diese Bedarfe angepasst werden, dann ergeben sich hier ermutigende Möglichkeiten. Das im Kreis Euskirchen modellhafte Quartiersmanagement in Sistig und Scheven soll hier über Förderung des bürgerschaftlichen Engagements Unterstützung bieten. In Sistig stünde in diesem Zusammenhang auch die Nutzung der „Alten Schule“ am Kirchplatz eine hervorragende Immobilie zur Verfügung, die hier für das Selbst-Organisieren Nutzungen zuließe. Ortsvorsteher Karl Vermöhlen: „Gerade wir Baby-Boomer sind  auf unser eigenes bürgerschaftliches  Engagement angewiesen.  Wir müssen lösen – sonst werden wir zum unlösbaren Problem. Alt werden nämlich nicht nur die anderen“.

Zur Dorfwerkstatt in Sistig laden für Donnerstag, 25. August, Ortsvorsteher Karl Vermöhlen und Quartiersmanagerin Friederike Büttner ein. Willkommen sind alle Interessenten, die auch im Alter selbstständig im gewohnten Wohnumfeld leben möchten. Dementsprechend richtet sich die Dorfwerkstatt insbesondere an Personen ab 50 Jahren. Denn diese haben die Möglichkeit, frühzeitig und aktiv Voraussetzungen für ein lebenswertes Leben im Alter mitzugestalten. Erarbeitet werden hier Themen und Handlungsfelder, die gerade im Alter das selbstständige Leben in Sistig erleichtern können.

Die Dorfwerkstatt findet statt von 18.30 bis 21 Uhr im Hubertushof bei Schopp’s, Schleidener Str. 4, Kall–Sistig.

Anmeldung erbeten an friederike.buettner@kreis-euskirchen.de, Telefon: 02251-151312 oder karl@vermoehlen.eu.

Hintergrund:

Das Förderprogramm „Entwicklung altengerechter Quartiere“ des NRW-Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter zielt darauf ab, heute gemeinsam die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Menschen in jedem Alter – egal ob mit oder ohne Pflege- und Unterstützungsbedarf – solange wie möglich selbstbestimmt im gewohnten Wohnort leben können. In der Region hat der Kreis Euskirchen eine Förderzusage für die Modelldörfer Scheven und Sistig erhalten. Die Erfahrungen aus Scheven und Sistig sollen gesammelt und den anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden.  (epa)

 

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