Heiratsschwindler, Bürgermeister, Hexenjäger

Geschichtsverein Kreis Euskirchen stellt Buch von Karin Trieschnigg über die Karriere des Juristen Dr. Johannes Moeden im 17. Jahrhundert vor – Werk mit zwei Jahrzehnten Recherchearbeit wurde von Kreissparkasse Euskirchen und LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte gefördert

Stellten in Bad Münstereifel mit Hexenjäger und Bürgermeister Dr. Johannes Moeden eine fragwürdige Persönlichkeit der frühen Neuzeit vor: Regionalhistorikerin Karin Trieschnigg (v.l.), Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin Bad Münstereifel, und Dr. Gabriele Rünger, Geschichtsverein Kreis Euskirchen. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Stellten in Bad Münstereifel mit Hexenjäger und Bürgermeister Dr. Johannes Moeden eine fragwürdige Persönlichkeit der frühen Neuzeit vor: Regionalhistorikerin Karin Trieschnigg (v.l.), Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin Bad Münstereifel, und Dr. Gabriele Rünger, Geschichtsverein Kreis Euskirchen. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Bad Münstereifel – „Dr. Johannes Moeden (1592 – 1663) – Heiratsschwindler, Bürgermeister, Hexenjäger. Zur Karriere eines Juristen im 17. Jahrhundert“ lautet der Titel des Buches von Karin Trieschnigg, das sie am vergangenen Donnerstag im historischen Ratssaal von Bad Münstereifel vorstellte. Ein wenig reißerisch sei der Titel von Band 31 der Reihe „Geschichte im Kreis Euskirchen“, vom Geschichtsverein des Kreis Euskirchen herausgegeben, schon – wie aus einer Boulevardzeitung. Das sei aber passend, so Trieschnigg: „Hätte es eine solche Zeitung damals schon gegeben, hätte Moeden durchaus Schlagzeilen gemacht – etwa »Jurist verschwindet über Nacht spurlos und lässt 23 Gläubiger sitzen«“.

Denn Johannes Moeden, ein Dr. jur und damit in der damaligen Zeit vom Stand her einem Ritter gleichgestellt, sei eine vielschichtige Persönlichkeit gewesen. Einerseits war er ein geachteter und sozial gut vernetzter Bürger. Andererseits geriet er immer wieder in finanzielle Schieflage, leerte auch in seiner Zeit als Bürgermeister Münstereifels die Stadtkasse so sehr, dass er 14 Mal einen betuchten Ratsherren um Geld bitten musste, und hinterließ 1642 bei seiner überstürzten Flucht aus der Stadt, als ihm der Konkurs drohte, einen riesigen Schuldenberg – einen so großen Berg, dass dessen verwaltungstechnischer Abtrag gleich 14 Jahre in Anspruch nahm.

Zum besonderen Anlass und um ein wenig an die Zeit von vor 400 Jahren anzuknüpfen, trug Bürgermeisterin Sabine Preiser Marian (stehend) zur Buchvorstellung über ihren Amtsvorgänger Dr. Johannes Moeden die Bürgermeisterkette. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Zum besonderen Anlass und um ein wenig an die Zeit von vor 400 Jahren anzuknüpfen, trug Bürgermeisterin Sabine Preiser Marian (stehend) zur Buchvorstellung über ihren Amtsvorgänger Dr. Johannes Moeden die Bürgermeisterkette. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Doch auch schon, bevor Moeden am 27. September 1637 das Bürgermeisteramt antrat, verhielt er sich nicht gerade wie ein Ehrenmann. Denn als er im Mai 1620 Agnes Dunckhaß heiraten wollte, erhob die aus Baden stammende Anna Maria Hoepp Einspruch – denn Johannes Moeden hatte ihr nicht nur bereits die Ehe versprochen, sondern auch ihr Erbe durchgebracht. Moeden musste deswegen zwar einen teuren Prozess überstehen, heiratete aber dennoch heimlich schnellstens Dunckhaß, denn die war bereits hochschwanger.

Bevor der gebürtige Koblenzer Moedens später sein Bürgermeisteramt antrat, wollte er sich angemessen kleiden – und kaufte edles Tuch im Wert von 180 Gulden ein. Trieschnigg: „Zum Vergleich: Der Orcheimer Torwächter hatte ein Jahresgehalt von 24 Gulden – der hätte also fast acht Jahre dafür arbeiten müssen.“ Vollständig bezahlt hatte aber Moeden den Tuchhändler nicht, er galt bis zu seinem Entschwinden nach Koblenz, wo er für die Gläubiger nicht greifbar war, als kreditwürdig.

Direkt nach der Buchvorstellung gab es die ersten Signierwünsche an Regionalhistorikerin Karin Trieschnigg. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Direkt nach der Buchvorstellung gab es die ersten Signierwünsche an Regionalhistorikerin Karin Trieschnigg. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Dr. Gabriele Rünger vom Geschichtsverein des Kreises Euskirchen lobte nicht nur die sorgfältige Recherche von Karin Trieschnigg, bei der sie über zwei Jahrzehnte Originalquellen sichtete, sondern auch die gelungene Umsetzung: „Es ist ein gut lesbares, spannendes Werk, das eine persönliche Biographie von der Kindheit bis zum Tode Moedens nachzeichnet“. Im Interview mit Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin Bad Münstereifel, verglich sie den Werdegang von Moedens als Stadtoberhaupt mit dem der aktuellen Ersten Bürgerin der Stadt. Dabei gab es im Publikum des voll besetzten Ratssaal so einige Schmunzler, etwa als Trieschnigg berichtete, wie die damaligen Stadtbediensteten Moedens huldigten – Sabine Preiser-Marian war an ihrem ersten Tag von Amtsstube zu Amtsstube getingelt, um sich ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen persönlich vorzustellen, wie sie berichtete. Auch habe sie nicht nur keine Unsummen für ihre Kleidung am ersten Tag ausgegeben, auch bei ihrer Hochzeit sei alles einwandfrei verlaufen, fügte sie lachend hinzu.

Einen Namen machte sich Moedens auch als Hexenkommissar. In der frühen Neuzeit tobte der Hexenwahn. Rünger: „Das Zentrum der Hexenverfolgungen lag in Deutschland, denn dort haben die Hälfte der geschätzten 50.000 bis 60.000 Hexenverbrennungen Europas stattgefunden. Dabei waren es vor allem die dämonischen Gestalten der Hexenkommissare, die das Terrain der Hexenverfolgung beherrschten.“

Dr. Moeden, einer der berüchtigten Hexenjäger, habe über einen Zeitraum von über 30 Jahren mehr als 300 Menschen auf den Scheiterhaufen gebracht. Unter anderem war er in den Eifeler Grafschaften Manderscheid-Blankenheim und Manderscheid-Gerolstein, in den Herrschaften Erpel, Kerpen, Satzvey, Schmidtheim, Schweinheim, Flerzheim, Sommersberg, im Drachenfelser Ländchen und im kurkölnischen Gebiet von Rheinbach und Meckenheim tätig. Die Art, wie er sich der Hexenverfolgung widmete, beschrieb Zeitzeuge Hermann Löher als die einer „hungrigen Mücke“.

Die Bad Münstereifeler Regionalhistorikerin Karin Trieschnigg urteilt aber in ihrem Buch nicht nach heutigem Zeitverständnis über Moedens, sondern lässt historische Fakten und den damaligen Zeitgeist sprechen. Rünger: „Mit hohem Gespür und fachlicher Kenntnis der Zeitumstände schaut sie weit über den Tellerrand und schließt viele historische Lücken in der Münstereifeler und in der frühneuzeitlichen Geschichte der Region.“ Das ambitionierte Werk, das gut an Band 30 des Geschichtsvereins, „Herren und Hexen in der Nordeifel“ anschließt, wäre aber ohne finanzielle Unterstützung nicht so einfach zu verwirklichen gewesen. Rünger: „Deshalb danke ich besonders der Kreissparkasse Euskirchen und dem LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte für ihre Unterstützung.“ Das im Verlag Ralf Liebe erschienene Buch hat die ISBN 978-3-944566-85-6. Weitere Informationen auf dem Internetauftritt des Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen: www.geschichtsverein-euskirchen.de

Eifeler Presse Agentur/epa

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

elf + 1 =