„Casa Angela“: Zufluchtsort für Schutz suchende junge Frauen

Seit 1991 kümmert sich Marlene Büchel um Frauen in Notfallsituationen: schnell, unbürokratisch und mit großer Empathie für die Betroffenen – Caritas und Kreisparkasse bekamen als Förderer Einblick in die Arbeit vor Ort

Christoph Konopka (links) und Marlene Büchel (3.v.r. hier mit dem kleinen Demian, dessen Mutter zu den ehrenamtlichen Helferinnen im Haus gehört), stellten ihren Gästen Rita Witt (v.l.), Monika Lauer, Martin Jost und Markus Ramers die „Casa Angela“ vor. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Christoph Konopka (links) und Marlene Büchel (3.v.r. hier mit dem kleinen Demian, dessen Mutter zu den ehrenamtlichen Helferinnen im Haus gehört), stellten ihren Gästen Rita Witt (v.l.), Monika Lauer, Martin Jost und Markus Ramers die „Casa Angela“ vor. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Bad Münstereifel-Schönau – Wenn man aus den Fenstern der „Casa Angela“ im Bad Münstereifeler Höhengebiet schaut, dann scheint die Welt eine Idylle zu sein: Bewaldete Höhen, Wiesen, kleine Fachwerkhäuser. Doch mit einer Idylle hat die Lebenswirklichkeit der jungen Frauen, die hier am Rande von Schönau Unterschlupf gefunden haben, kaum etwas gemeinsam: Sexueller Missbrauch, ungewollte Schwangerschaft, Gewalterfahrungen, Drogenprobleme, Morddrohungen oder nur Stress mit den Eltern: die Gründe, eine Zeit lang in der „Casa Angela“ Unterschlupf zu suchen, sind so vielfältig wie die Lebensschicksale der jungen Frauen, die hier wohnen. Eines aber verbindet alle gemeinsam: In der „Casa Angela“ werden sie so akzeptiert und wertgeschätzt wie sie sind. Das Haus steht ihnen offen, unabhängig von ihrer Nationalität, Herkunft oder Konfession.

Dass es eine solche Einrichtung überhaupt gibt, ist einzig und allein Marlene Büchel zu verdanken. Bereits 1991 hat die heute 76-Jährige ihr Haus für Frauen in Not geöffnet. Seither ist jedes Mädchen und jede Frau willkommen, die sich in einer Notlage befindet und Schutz und Geborgenheit sucht.

Wie wichtig eine solche private Einrichtung ist, weiß Monika Lauer, Schulsozialarbeiterin am Thomas-Eßer Berufskolleg: „Es gibt immer wieder junge Erwachsene, die ohne soziales Netzwerk kurzfristig in Not geraten. Diese jungen Leute können nicht einfach zu Freunden oder Verwandten gehen, wollen aber auch nicht gleich beim Jugendamt vorsprechen. In solchen Fällen ist es für mich unglaublich wichtig, dass es jemanden wie Frau Büchel gibt, der schnell und unbürokratisch hilft.“ Manchmal, so berichtet Lauer weiter, reiche den Betroffenen schon das Wissen, dass im Notfall für sie ein Unterschlupf vorhanden sei.

Sieben Plätze plus Betten für Kinder hält die „Casa Angela“ bereit. „Manchmal sind die jungen Frauen nur ein paar Stunden hier und wir können in einem Gespräch die Probleme rasch klären, manchmal aber verbringen sie hier auch mehrere Jahre“, berichtet Marlene Büchel. Mit fünf eigenen Kindern und zwölf Enkelkindern ist Marlene Büchel auch privat schon immer ein Mensch gewesen, dem familiäre Gemeinschaft sehr viel bedeutet hat.

„Mir geht es darum, den jungen Leuten bei ihrer Persönlichkeitsbildung zu helfen“, sagt sie. „Sie müssen selber spüren, was sie aus ihrem Leben machen wollen.“ Um ein Gefühl für sich und die eigenen Wünsche zu bekommen, gibt es in der „Casa Angela“ neben der Notfallhilfe zahlreiche Angebote, die das eigenständige Leben ebenso trainieren wie die Freude am Dasein, die beispielsweise durch Musik oder kreatives Gestalten gefördert wird. Darüber hinaus kann man auch an Bewerbungstrainings teilnehmen oder Vorstellungsgespräche einüben. Es gibt zahlreiche Angebote, die den Einstieg in eine Ausbildung oder einen Beruf erleichtern sollen. Doch bevor es soweit ist, geht es für viele junge Frauen zunächst einmal um ganz existenzielle Dinge: Gemeinsames Kochen, den Tisch decken, zusammen Mittag essen. Viele Bewohnerinnen hätten nie so etwas wie eine familiäre Geborgenheit erlebt, so Marlene Büchel. Hier versuche sie, Urvertrauen wiederherzustellen, die Wahrnehmung für den anderen zu schärfen und das Leben in Gemeinschaft einzuüben.

Wie erfolgreich sie damit ist, das beweisen viele ihre einstigen Schützlinge, die es geschafft haben, aus ihrer misslichen Situation wieder herauszufinden und ein autonomes Leben zu führen. „Noch heute pflege ich Kontakt zu 60 bis 80 Frauen, die hier einmal Unterschlupf gefunden haben“, berichtet Marlene Büchel. Einige davon hätten selbst später einen Beruf im sozialen Bereich eingeschlagen.

„Die Jugendarbeit, die hier geleistet wird, ist rein ehrenamtlich“, erklärt Rechtsanwalt Christoph Konopka, der seit 21 Jahren als erster Vorsitzender des Fördervereins „Casa Angela“ fungiert. Insgesamt zähle der Verein 60 Mitglieder, die ein Drittel der entstehenden Sachkosten abdeckten. „Dazu zählen Telefon-, Fahrt-, Lebensmittelkosten und alles, was in einem Haushalt sonst noch anfällt“, so Konopka. Die Finanzierung des Hauses liege ganz bei Marlene Büchel.

„Ohne Freunde und Förderer könnten wir das kaum leisten“, so Konopka, der besonders die Caritas, die katholische Frauengemeinschaft und die Bürgerstiftung der KSK Euskirchen lobte, die sich seit Jahren stark für die „Casa Angela“ einsetzten. „Denn wenn eine junge Frau vor den Scherben ihres Lebens steht, braucht es einen Menschen, der einfach die Türe aufmacht und sie liebevoll aufnimmt. Für diese schnelle und unkonventionelle Hilfe werden aber auch materielle Mittel benötigt.“

Aus diesem Grund hatte Konopka jetzt auch den Geschäftsführenden Vorstand der Caritas Euskirchen, Martin Jost, den Kuratoriumsvorsitzenden der KSK-Bürgerstiftung, Markus Ramers, und die Direktorin des KSK-Vorstandsstabs sowie Vorsitzende beider KSK-Stiftungen, Rita Witt, in die „Casa Angela“ eingeladen, damit diese sich selbst einen Eindruck von der vor Ort geleisteten Hilfe machen konnten. Neben einer größeren Spende der Caritas, die Martin Jost bereits im Vorfeld übergeben hatte, brachten Markus Ramers und Rita Witt die feste Zusage mit, dass man für ein Jahr einen der sieben Plätze in der Einrichtung finanzieren werde.

„Ich glaube, dass Frau Büchel für viele junge Frauen auch einen Großeltern-Ersatz darstellt und ihre innere Sehnsucht nach einer Oma erfüllt, die sich ohne Bedingungen um ihre Probleme kümmert“, sagte Rita Witt. Dem konnte Marlene Büchel nur zustimmen. „Manchmal werde ich von den jungen Frauen auch gern Oma Lene genannt“, sagte sie und fügte hinzu: „Wir freuen uns sehr über Ihre Unterstützung.“ Das zeige, wie sehr die Arbeit in der „Casa Angela“ auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen und geschätzt werde. So erinnerte sie auch daran, dass Heinos Frau Hannelore regelmäßig Kuchen spende, wenn im Haus eine Feierlichkeit anstehe. „Ich brauche sie gar nicht darum zu bitten, sie denkt immer von selbst daran“, freute sie sich. Aber auch durch die vielen kleinen Spender werde sie seit Jahren verlässlich unterstützt.

Marlene Büchel, die für ihr Wirken bereits mit dem Margaretha-Linnery-Preis, der Kardinal-Frings-Medaille und dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, schöpft ihre Kraft aus ihrem Glauben. Vorbild für ihre Jugendarbeit ist die heilige Angela Merici (1474-1540), die Anleitungen für Erzieherinnen, Glaubenspraxis und Pädagogik hinterließ. Von der ersten Äbtissin der Ursulinen stammt auch der Satz: „Die Unordnung der Gesellschaft kommt von der Unordnung in der Familie.“ Eine Aussage, die Marlene Büchel sicherlich unterschreiben könnte.

 

Eifeler Presse Agentur/epa

Ein Gedanke zu „„Casa Angela“: Zufluchtsort für Schutz suchende junge Frauen“

  1. Ich bin auch eine Jahre lange Casa Angela Bewohnerin und bin auch für alles dankbar was die Frau Büchel für mich getan hat und auch weiter tut .
    Ein großes Lob an Frau Büchel .

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