Sven Plöger hält begründeten Optimismus für wichtig

Von Anke Emmerling Der bekannte Wetterexperte ermutigte die Besucher des Eifel Literatur Festivals,  dem Klimawandel aktiv zu begegnen

Sven Plöger las im Rondell Gerolstein. Foto: Harald Tittel/ELF
Sven Plöger las im Rondell Gerolstein. Foto: Harald Tittel/ELF

Gerolstein – Ein denkwürdiger Tag ist dieser 25. Juni 2021. Er beginnt mit der Meldung eines zerstörerischen Wetterphänomens, einem Tornado in Tschechien. In Gerolstein hingegen herrscht genau gegenteilige Atmosphäre. So, wie der erste Regen nach langer Dürre endlich wieder frisches Grün sprießen lässt, wird hier ein Neubeginn gefeiert. Mit rund 200 Besuchern im Saal und bis zu 600 Zuschauern an Bildschirmen gehen nach den Lockdown-Beschränkungen der Corona-Zeit die erste Präsenzlesung und der erste Live-Stream des 15. Eifel-Literatur-Festivals über die Bühne.

Nach den ursprünglichen Planungen von Festivalorganisator Dr. Josef Zierden hätte genau dieser Termin den Endpunkt der Reihe gebildet. Kurioser Zufall, oder besonderes Signal? Eher zweites, denn als der Gerolsteiner Verbandsgemeindebürgermeister Peter Böffgen zur Begrüßung Eifel-Handtücher an Josef Zierden verschenkt, sagt der Festival-Macher unter großem Applaus: „Ich werfe nie das Handtuch“. Damit hat er auch schon die Losung vorweggenommen, mit der der Star des Abends, der bekannte und beim Publikum beliebte ARD-Wettermoderator Sven Plöger auftritt. Er trägt Inhalte aus seinem Sachbuch „Zieht euch warm an, es wird heiß“ vor, das sich enorm lange ganz oben auf der Bestsellerliste hielt.

Buchsignierung hinter Plexiglas: Sven Plögers Autogramm war trotz Coronaregeln äußerst beliebt. Foto: Harald Tittel
Buchsignierung hinter Plexiglas: Sven Plögers Autogramm war trotz Coronaregeln äußerst beliebt. Foto: Harald Tittel

Warum ausgerechnet die Aufbereitung des unbequemen Themas „Klimawandel“ zu einem derartigen Erfolg wurde, erklärt sich, sobald der Autor zu referieren beginnt. Plöger versteht es trefflich, Wissenschaft mit Unterhaltung zu koppeln. Ausgestattet mit einem Entertainertalent, das gewinnend offene Ausstrahlung, jede Menge rheinischen Humor, Selbstironie und Überzeugungskraft vereint, bringt er im Nu den Draht zum Publikum zum Glühen. Die erschütternden Ereignisse in Tschechien am Morgen liefern ihm eine Steilvorlage für den Einstieg. Er erklärt den Tornado als Wetterphänomen, relativiert aber seine Bedeutung im Zusammenhang mit dem Klimawandel: „Die Wissenschaft sagt, Tornados werden in ihrer Häufigkeit nicht zunehmen“.

Plöger nutzt die Wissenschaft als Basis für seine Ausführungen, die mit einer begleitenden PowerPoint-Präsentation im Stil einer lockeren Vorlesung gestaltet sind – nicht missionierend, sondern informierend. Er erklärt er den Unterschied zwischen Wetter und Klima, die Faktoren, die Wetter und Klima bestimmen und die Auswirkungen der Erderwärmung. So erfahren die Zuschauenden beispielsweise anschaulich illustriert, dass die fortschreitende Angleichung der Temperaturen beider Erd-Pole den wetterbestimmenden Jetstream lähmt, der seine Energie aus den einst großen Temperaturunterschieden bezog. Hochs und Tiefs bleiben daher länger stationär und ziehen nur schwerlich ab.

Endlich wieder Publikum bei einer Live-Veranstaltung. ELF-Festival-Leiter Dr. Josef Zierden freute sich über den großen Zuspruch. Foto: Harald Tittel
Endlich wieder Publikum bei einer Live-Veranstaltung. ELF-Festival-Leiter Dr. Josef Zierden freute sich über den großen Zuspruch. Foto: Harald Tittel

Sven Plöger stellt Prognosen und Forschungsergebnisse zum Klimawandel vor, vermittelt ein ungeschöntes Bild davon, wo wir heute bereits stehen, und dass das Klimaziel des Pariser Abkommens sicher nicht eingehalten werden kann. Er warnt eindringlich, dass jeder Euro, der heute nicht für Klimaschutz ausgegeben wird, unsere Kinder und Enkel ein Vielfaches kosten wird. Auch hält uns allen einen Spiegel vor, als er – eine Bewertung geschickt vermeidend – das schizophrene Verhalten der Menschen in den Industriestaaten beschreibt: Auf der Höhe der Klimadiskussion wurden so viele SUVs zugelassen, so viele Flugreisen und Kreuzfahrten angetreten wie nie zuvor.

Dennoch legt Plöger den Zuhörenden diese Kernbotschaft ans Herz: „Begründeter Optimismus ist wichtig! Wenn man nicht an sich glaubt, ist der Wettkampf vorbei, bevor er begonnen hat“. Er appelliert daran, aktiv zu werden, nicht in den Pessimismus zu verfallen, das eigene Handeln bringe ohnehin keine Veränderung. Auch kleine Maßnahmen summierten sich, ermutigt der Klimaexperte und zieht einen griffigen Vergleich heran, die Bürgerbewegung in der ehemaligen DDR. „Hätten hier nicht Tausende durch ihr Mitgehen ein Signal gesetzt, hätte diese Bewegung nie eine solch starke Kraft gehabt“.

Brandender Beifall zeigt, dass die Botschaft angekommen ist, dass Plöger die Menschen im Saal erreicht hat. Und so endet der Abend mit einem atmosphärischen Hoch, das für frischen Wind und neue Energie steht – auch für das Eifel-Literatur-Festival.

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