Innehalten am Ostlandkreuz

Das Ehepaar Wolfgang und Elke Röhrig kümmert sich mit Hilfe einiger Mitstreiter aus der Nachbarschaft um die Erhaltung des Kreuzes und um die Pflege der Gedenkstätte. Foto: Reiner Züll
Das Ehepaar Wolfgang und Elke Röhrig kümmert sich mit Hilfe einiger Mitstreiter aus der Nachbarschaft um die Erhaltung des Kreuzes und um die Pflege der Gedenkstätte. Foto: Reiner Züll

Das hölzerne Mahnmal, das an die Vertreibung der Menschen aus den ostdeutschen Gebieten vor 80 Jahren erinnert, gewinnt durch den Ukraine-Krieg an Aktualität – Anlieger schufen Ruhe-Oase auf dem Knoppen in Kall – Mahnung und ökumenisches Friedensgebet
Kall – Seit 1958 erinnert das Ostlandkreuz oberhalb des Baugebietes Knoppen in Kall an die toten Angehörigen der im Zweiten Weltkrieg vertriebenen Menschen aus den ostdeutschen Gebieten. Das Kreuz mit der Inschrift „Den Toten der Ostdeutschen Heimat“ hat jetzt knapp 80 Jahre nach dem Weltkrieg durch den Krieg in der Ukraine wieder Aktualität bekommen. Anwohner Wolfgang Röhrig vergleicht den seit Wochen tobenden Krieg in der Ukraine mit der schrecklichen Situation von damals.

Über 200 Frühlingsblüher wurden jetzt im Umfeld der Gedenkstätte gepflanzt. Wolfgang Röhrig hat sich dafür Rat bei der Biologischen Station in Nettersheim eingeholt. Foto: Reiner Züll
Über 200 Frühlingsblüher wurden jetzt im Umfeld der Gedenkstätte gepflanzt. Wolfgang Röhrig hat sich dafür Rat bei der Biologischen Station in Nettersheim eingeholt. Foto: Reiner Züll

Wolfgang Röhrig, der sich seit Jahren mit mehreren Anrainern um die Erhaltung und Pflege der Gedenkstätte kümmert, hat jetzt aus aktuellem Anlass am Fuße des Kreuzes eine kleine Tafel mit einem Text und einem Auszug aus dem ökumenischen Friedensgebet  angebracht.
„Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten viele Menschen aus den ostdeutschen Gebieten in Richtung Westen fliehen. Der Krieg und die beschwerliche Flucht haben vielen Menschen das Leben gekostet. Daran erinnert das Ostlandkreuz hier in Kall“, steht im ersten Abschnitt des Textes. Weiter heißt es da: „Knapp 80 Jahre später ist wieder Krieg im Osten Europas. Wieder müssen viele Menschen – insbesondere Frauen und Kinder – vor den Bomben und Panzern  fliehen. Auch jetzt gibt es wieder viele Tote; Soldaten, Zivilisten und unschuldige Kinder sterben – Warum?“.
Als Auszug aus dem ökumenischen Friedensgebet 2022 hat Röhrig nachdenkliche Passagen ausgewählt und auf der Tafel niedergeschrieben: „Gütiger Gott, wir sehnen uns danach miteinander in Frieden zu leben. Wenn Egoismus und Ungerechtigkeit überhandnehmen, wenn Gewalt zwischen Menschen ausbricht, wenn Versöhnung nicht möglich erscheint, bist du es, der uns Hoffnung und Frieden schenkt.“

Das ursprüngliche Ostlandkreuz wurde in den 80er Jahren durch das jetzige ersetzt. Auch an diesem nagte im Lauf der Jahrzehnte der Zahn der Zeit, so dass es 1917 von Anrainern des Knoppen restauriert wurde. Foto: Reiner Züll
Das ursprüngliche Ostlandkreuz wurde in den 80er Jahren durch das jetzige ersetzt. Auch an diesem nagte im Lauf der Jahrzehnte der Zahn der Zeit, so dass es 2017 von Anrainern des Knoppen restauriert wurde. Foto: Reiner Züll

Ganz aktuell ist die Gebets-Passage: „Wenn Menschen gegen Menschen ausgespielt werden, wenn Macht ausgenutzt wird, um andere auszubeuten, wenn Tatsachen verdreht werden, um andere zu täuschen, bist du es der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.“ Das Gebet endet mit dem Schlusssatz: „Schenke uns mutige Frauen und Männer, die die Wunden heilen, die Hass und Gewalt an Leib und Seele hinterlassen. Lass uns die richtigen Worte, Gesten und Mittel finden, um den Frieden zu finden.“
Wolfgang Röhrig wünscht sich, dass viele Menschen die Botschaften am Ostlandkreuz lesen: „Wer dort kurz innehalten will, ist dazu herzlich eingeladen und kann dort auch gerne eine Kerze aufstellen.“ Wer dort Rast macht, erfährt auch etwas über die Herkunft des Kreuzes, das am Sonntag, 12. Oktober 1958, feierlich eingeweiht wurde. 500 Menschen waren damals der Einladung des Bundes der heimatvertriebenen Deutschen und des Vereinskartells gefolgt.
Das Holz des Kreuzes, das damals von Adolf Teuber und Ernst Ludwig Bongard hergestellt wurde, stammte vom  Abriss des St. Michael-Gymnasiums in Bad Münstereifel. Die Inschrift auf dem Kreuz fertigte der Kaller Bildhauer Karl Kisgen, der damals in der Aachener Straße ein Atelier hatte.
In den 80er Jahren wurde das große Holzkreuz durch das heutige ersetzt. Den Zeitpunkt und den Grund dazu hat Wolfgang Röhrig trotz umfangreicher Recherchen bis heute noch nicht herausgefunden.  Es wird vermutet, dass es damals einem Feuer zum Opfer gefallen ist. Nachdem auch der Zahn der Zeit an dem zweiten Kreuz genagt hatte und der Platz kaum noch zugänglich war, entschied sich eine Initiative der Nachbarschaft im Jahr 2017, das völlig verwitterte hölzerne Mahnmal zu restaurieren.
Mit Hilfe des Bauhofes und den Anrainern des Knoppen wurde das Kreuz abgebaut, geschliffen und neu gestrichen. Und auch das verwilderte Gelände um den Aufstellungsort wurde freundlich gestaltet. Eine kleine Sitzgruppe vor dem Kreuz lädt zum Verweilen ein, auf einer Hinweistafel findet der Betrachter die Geschichte des Kreuzes und ein Foto von der Einweihung im Jahr 1958. Ebenso ein Insekten- und ein Bienenhotel.
Für die Bepflanzung rund um das Kreuz hat sich die Nachbarschaft durch die Biologische Station in Nettersheim beraten lassen. Wolfgang Röhrig: „Wer zum Ostlandkreuz kommt, kann sich dann auch vielleicht an den mittlerweile mehr als 200 Frühlingsblütern erfreuen, die wir dort gepflanzt haben“. (Reiner Züll/epa).

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