Wie hier in Kuchenheim, so freut man sich derzeit an allen fünf Standorten der NE.W auf das runde Jubiläum. Bild: Tameer Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Die NE.W sind heute mit rund 1500 Beschäftigten und Mitarbeitenden der größte Dienstleister für Menschen mit Behinderung im Kreis Euskirchen – Alles begann mit einer kleinen Werkstatt in Dürscheven
Kreis Euskirchen – „Die Nordeifel.Werkstätten starteten quasi als Rettungsboot und haben sich dann in einem halben Jahrhundert zu einem sozialen Flaggschiff mit fünf Großmasten herausgeputzt.“ NE.W-Geschäftsführer Christoph Werner spricht ganz bewusst von einem Rettungsboot, denn als die erste Werkstatt für Menschen mit Behinderung 1975 in Dürscheven eröffnet wurde, bedeutete sie für viele Menschen mit Beeinträchtigungen ein Ende jahrelanger Isolation.
Josef C. Rhiem, der langjährige Vorsitzende des NE.W-Verwaltungsrats, erinnert sich: „In meiner Jugendzeit gab es in Zülpich viele Kinder mit Behinderung, die zwar gut behütet, aber vor der Öffentlichkeit versteckt wurden.“ Erst die Werkstatt habe die jungen Erwachsenen dann sichtbar gemacht und ihnen nach und nach gesellschaftliche Anerkennung und Normalität verschafft.
Doch der Weg in Richtung gelebter Inklusion war lang und steinig, ein Weg, auf dem sich die NE.W nicht nur zu einem der bedeutendsten sozialen Unternehmen im Kreis Euskirchen entwickelten, sondern auch zu einem komplex verzweigten Netzwerk aus Werkstätten, Integrationsbetrieben und inklusiven Projekten.
„Man muss die Jahre zwischen 1981 und 1995 vor allem als Ausbau der vier Schiffsmasten, sprich Standorte in Ülpenich, Zingsheim, Euskirchen und Kall sehen, Standorte, an denen vor allem Menschen mit geistiger und psychischer Behinderung nicht nur eine sinnvolle Tätigkeit, sondern auch die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung gegeben werden sollte“, so Werner. Doch dabei sei man nicht stehengeblieben, betont Tanja Scheuls, Leitung Pädagogik und Personal. Das Ziel der vergangenen 25 Jahre sei vor allem die Integration, das heißt die Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft gewesen. Dazu habe man beispielsweise 2003 die Euskirchener Integrationsförderungsgesellschaft (EuIFG) gegründet, die seither die gesellschaftliche Teilhabe voranbringe.
Weitere Meilensteine waren 2002 der Bau und Bezug der Schreinerei am Standort Zingsheim mit 2000 Quadratmetern Arbeits- und Lagerfläche, 2009 der Start des Inklusionsunternehmens EuLog Service gGmbH mit Schwerpunkt auf Lager- und Logistikdienstleistungen, dann 2014 bis 2023 die Eröffnung des CAP-Markts in Kuchenheim, die Inbetriebnahme der beiden Cafés in Euskirchen und Bad Münstereifel, die Bewirtschaftung von öffentlichen Kantinen und nicht zuletzt 2012 die Gründung des Fachdienstes NE.W Job, der Menschen mit Beeinträchtigung wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren versucht.
„Zwischendurch gab es immer wieder Erweiterungen der Standorte sowie neue Dienstleistungsangebote wie beispielsweise den Bügelprofi, eine Heißmangel in der Kreisstadt, oder auch den Neubau des Heilpädagogischen Arbeitsbereichs in Zingsheim“, berichtet Christoph Werner, der seit 2023 Geschäftsführer der NE.W ist und sich in den ersten Wochen selber immer wieder wunderte, wie komplex das Unternehmen NE.W in den vergangenen Jahrzehnten von seinen Vorgängern im Amt aufgestellt wurde. Allein Geschäftsführer Wilhelm Stein war 37 Jahre im Amt und erlebte dabei auch die bislang dunkelste Stunde des Unternehmens, nämlich den Brand am 2. Juni 2011, als ein Feuer 3.000 Quadratmeter Produktions- und Lagerfläche mit Sanitär- und Sozialräumen am NE.W Standort Ülpenich zerstörte.
In der vergangenen Jahren waren es vor allem die Coronapandemie und die Flutkatastrophe, die an die Beschäftigten und die Mitarbeitenden der NE.W extreme Anforderungen an Organisationstalent und Leidensfähigkeit stellten. Doch kaum war diese Zeit vorüber, da ging es auch schon mit neuen Projekten weiter: So wurde erst kürzlich die Fahrradwerkstatt „projekt.bike inklusiv“ in Zingsheim eröffnet und – ein besonderer Meilenstein – nach zwei Jahren Bauzeit das QuBi.Eifel in Mechernich, der zentrale Berufsbildungsbereich der NE.W. Dieser bildet abschließend auch den fünften Mast des Flagschiffs NE.W.
„Die NE.W sind heute ein breit aufgestelltes und vielseitiges Unternehmen in dem Menschen mit Behinderung ganz individuell auf ihrem Weg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt begleitet, gefördert und unterstützt werden. Eine ganze Reihe an unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern innerhalb der NE.W ermöglicht es unseren Beschäftigten, ihre eigenen Interessen zu finden und sich innerhalb dieser zu qualifizieren“, so Christoph Werner.
Tanja Scheuls fügt hinzu, dass man zum Jubiläumsjahr vor allem durch einige Aktionen auf sich aufmerksam machen möchte. So habe man beispielsweise einen eigenen Podcast ins Leben gerufen, und auf den Social-Media-Kanälen wolle man 50 Kurzinterviews mit Menschen führen, die für die NE.W wichtig waren oder es immer noch sind.
„Statt einer typischen Jubiläumsveranstaltung mit vielen Ansprachen, möchten wir es lieber gemeinsam mit unseren Beschäftigten einmal so richtig krachen lassen. Dafür haben wir uns einiges einfallen lassen. Unter anderem erwarten wir die Kölschrock-Band Brings“, verrät Tanja Scheuls, die damit gemeinsam mit Christoph Werner den musikalischen Nerv des überwiegenden Teils der Beschäftigten und Mitarbeitenden getroffen haben dürfte.
Eifeler Presse Agentur/epa