Haare aus Eis

Seltenes Naturphänomen ist derzeit im Kreis Euskirchen zu beobachten

Hier hat sich das Haareis bereits wie Zuckerwatte um einen toten Ast geschmiegt. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Hier hat sich das Haareis bereits wie Zuckerwatte um einen toten Ast geschmiegt. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Kreis Euskirchen – Wer derzeit im Wald spazieren geht, der kann ein merkwürdiges Phänomen beobachten. An altem und morschem Totholz bilden sich feine Eisnadeln, die wie Haare aussehen. Dieses sogenannte Haareis entsteht aus dem im Holz enthaltenen Wasser. Laut Wikipedia soll bereits 1918 der Meteorologe Alfred Wegener Haareis auf nassem Totholz entdeckt und vermutet haben, dass ein „schimmelartiger Pilz“ dafür verantwortlich sei. Andere Wissenschaftler wollten von dieser haarigen These jedoch nichts wissen und behaupteten, dass ein rein physikalischer Prozess dem Geschehen zugrunde liegen müsse.
Erst eine biophysikalische Studie von Gerhart Wagner und Christian Mätzler bestätigte 2008 Wegeners Vermutung weitgehend. Demnach, so heißt es bei Wikipedia, werde Haareis durch das Myzel winteraktiver Pilze ausgelöst, deren aerober Stoffwechsel Gase produziere, die das im Holz vorhandene leicht unterkühlte Wasser an die Oberfläche verdränge. Dort gefriere es und werde durch nachdrängende, beim Austritt aus dem Holz ebenfalls gefrierende Flüssigkeit weitergeschoben.
Der Effekt trete ausschließlich bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt ein, wenn das Wasser im Holz noch nicht gefroren sei, es an der geringfügig kälteren Umgebungsluft jedoch gefriere. Eine weitere Randbedingung für die Haareisbildung sei, so die Forscher, hohe Luftfeuchtigkeit: Wenn die Luft nicht mit Wasserdampf gesättigt sei, sublimierten die feinen Eiskristalle kurz nach ihrer Bildung an der Holzoberfläche, so dass keine langen Haareiskristalle entstehen könnten.
Übrigens kann man Haareis auch in Versuchsanordnungen selbst produzieren. Das ist aber nur möglich, solange das Pilzmyzel im Holzkörper nicht abgetötet wird. Was Herrn Wegeners These ebenfalls bestätigt.
An dieser kleinen Geschichte erkennt man einmal mehr, dass nicht alles, was Wissenschaftlern sogleich die Haare zu Berge stehen lässt und als unwissenschaftlich abgetan wird, auch an den Haaren herbeigezogen sein muss. (epa)

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