Roots Reggae rockt Leverkusener „Scala“ – Die energetische Bob-Marley-Tribute-Band hat nicht nur im Rheinland Kultstatus

Leverkusen – „Die Musik von Bob Marley and the Wailers kann man nur live wirklich begreifen“, heißt es in der ein oder anderen Biografie über den jamaikanischen Superstar und seine begnadeten Mitmusiker. Da Bob Marley – er wäre im Februar 80 Jahre alt geworden – zumindest körperlich den Planeten vor über 40 Jahren verlassen hat, sorgt „Marley’s Ghost“ bei brodelnden Reggae-Shows dafür, dass sein Geist und seine Botschaft weiterhin erlebbar bleiben. Und wie die erfolgreichste Bob-Marley-Tribute Band hierzulande am vergangenen Samstag im „Scala Club“ Leverkusen wieder bewiesen hat, begeistert die karibische Wohlfühlmusik gewürzt mit sozialkritischen Botschaften weiterhin Jung und Alt.
Kaum beginnen die ersten Töne von „Natural Mystic“, da kommt Bewegung in die Zuschauermasse. Dort sieht man treue Fans mit Rasta-Mützen und Marley-T-Shirts ebenso wie den Twen im Iron-Maiden-Shirt, den Reggae-Rentner mit Afrika-Aufnähern auf der Armeejacke oder die Sportstudentin im Crop-Top. Was alle eint: „Marley’s Ghost“ verstehen es durch ihre ebenso hochprofessionelle wie sympathische und Allüren-freie Art, dem Publikum ein sanftes Lächeln oder hier und da auch ein breites Grinsen aufs Gesicht zu zaubern. Und vor allem die Tanzfüße fliegen zu lassen.

Da kann Frontmann (Gesang und Rhythmusgitarre) Sebastian Sturm auch nicht aus der Ruhe bringen, dass sein Verstärker nach den ersten Songs ebenso plötzlich wie kommentarlos und tatsächlich rauchfrei den Dienst einstellt. „Dann singe ich eben nur“, sagt er lächelnd ins Publikum und legt, kurzzeitig befreit vom Gewicht der Klampfe, ein paar extra Tanzeinlagen ein. In der für „Basti“ typisch gnadenlos ehrlichen Art berichtet er der Zuhörerschar: „Auf dem Weg hierher hab‘ ich mein Auto komplett verschrammt, ihr glaubt nicht, wie die Karre jetzt aussieht – und jetzt raucht mir der Amp ab!“ Deshalb fand die Pause etwas früher als geplant statt, schnell kam ein Ersatzverstärker auf die Bühne und so ging die schweißtreibende Show wieder mit der lautmalerisch so treffend beschriebenen „Chuck“ Reggae-Rhythmus-Gitarre weiter.

Vom bittersüßen Liebessong „Waiting In Vain“ über das extrem ins Tanzbein fahrende „Iron, Lion, Zion“ bis zur Kult-Hymne „No Woman, No Cry“ – die Besetzung mit der kratzigen und dennoch sanften Stimme von Sebastian Sturm, Joonas Lorenz an den vielen Keys, Jannis Lewe an den Drums, Christian Golz am Bass, Matt Sonnicksen an der Lead-Gitarre und dem befreundeten jamaikanischen Gastmusiker Oshane Campbell an den Percussions erzeugt die attraktive Mischung aus friedlicher Stimmung, Tanzlaune und Botschaften vom Zusammenleben ohne Barrieren durch Herkunft, Hautfarbe oder sozialen Status. Und trifft damit nicht nur das Glückszentrum der Zuhörenden, sondern auch den Zeitgeist, der die Botschaften von einem friedlichen Miteinander bitter nötig hat.

Genau dieses Miteinander lebt die Band auf, hinter und neben der Bühne. Ob in der trotz gängiger Klischees rauchfreien Backstage oder auf den Bühnenbrettern, man sieht an den zahlreichen Gesten, Umarmungen und dem vielen Lächeln, dass da nicht nur musikalische Vollprofis in Live- und Studiobetrieb am Werk sind, sondern eben auch Freunde, die eine besondere Lebenseinstellung teilen. Dazu gehört auch, dass sich die Band direkt nach dem Konzert unters Publikum mischt, offen für Gespräche, Fotos und Autogramme ist und ihre Begeisterung und Leidenschaft für Reggae und Bob Marley weiter teilt.

Das wird auch bei „Three Little Birds“ deutlich, bei dem Sebastian Sturm das Mikrofon zum Saal dreht und ein vielstimmiger Chor die Message von „every little thing gonna be all right“ so inbrünstig mitsingt, dass der Sänger deutlich berührt ist. Beim unter „Marley’s Ghost“-Fans berühmt-berüchtigten ewigen „Battle“ zwischen Gitarrist Sonnicksen und Keyboarder Lorenz kocht die Stimmung im Saal über. Denn nach dem mitreißenden und gefeierten Blues-Rock-Solo aus Matts Gitarre feuert der vor Energie vibrierende Joonas auf seiner selbstgebauten Orgel und dem Synthesizer eine volle Breitseite auf Tanzbeine und Mundwinkel ab. Denn mit unnachahmlicher Mimik, viel Unter-, aber auch völliger Übertreibung entlockt er seinen Instrumenten nicht nur virtuose Läufe, sondern ebenso bewusst bohrende Töne in himmlischen Höhen und scheint dazu noch sein wöchentliches Fitnessprogramm in einem Song zu komprimieren, wenn er auf der Stelle rennt, immer weiter spielend um die Orgel saust, über, auf und unter den Instrumenten spielt und dafür von Publikum wie restlicher Band frenetisch gefeiert wird. Matt Sonnicksen hat sich derweil mal eine ganz neue Perspektive gegönnt, ist barfuß von der Bühne gehopst und hat mit dem Publikum getanzt, gelächelt und gehüpft, bis die Gitarre wieder zum Song-Ende rief. Für den guten Ton sorgte wiederum Alwin Geisen am Mischpult.

Die Band hat einen vollen Tourplan, wer in Leverkusen nicht dabei sein konnte, hat dieses Jahr jede Menge Gelegenheit, die „Marley’s Ghost“-Erfahrung selbst zu machen. Ob Afrika-Festival in großer Besetzung mit weiteren Star-Musikern wie Frank Dellé, Background-Gesang und Bläsersatz, Konzert auf der Nordseeinsel Juist oder eine Neuauflage der jetzt schon legendär gewordenen Weihnachts-Reggae-Show im Kölner Club Bahnhof Ehrenfeld, alle Infos findet man unter marleysghost.de