Cäcilien-Kirchenchor Kall feiert 125. Geburtstag

Im Jahr 1898 zuerst als reiner Männerchor gegründet – Regionalkantorin Holle Goertz ist erst die vierte Chorleiterin – Eigentlich ist es bereits der 126. Geburtstag

Das älteste vom Cäcilien-Kircenchor existierende Foto ist dese Gruppen-Aufnahme aus dem Jahr 1924. Repro: Reiner Züll
Das älteste vom Cäcilien-Kircenchor existierende Foto ist dese Gruppen-Aufnahme aus dem Jahr 1924. Repro: Reiner Züll

Kall – „Wir können uns glücklich schätzen, in unserer Gemeinde einen so aktiven Kirchenchor zu haben; als wichtiger Träger des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens stellt er ein ungemein bildendes und belebendes Element dar“. Diese Zeilen schrieb der damalige Gemeindedirektor Wilfried Schölch im Jahr 1998 dem Cäcilien-Kirchenchor Kall, als dieser damals sein 100-jähriges Bestehen feierte. Heute, 26 Jahre später, haben Schölchs Worte über den Chor weiterhin Bestand. Jetzt feiern die Sängerinnen und Sänger um Chorleiterin Holle Görtz am Sonntag, 24. November – mit einjähriger Verspätung – das 125-jährige Chorbestehen mit einem Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Nikolaus und einem sich anschließenden Festakt im Pfarrheim.

Seit Wochen sind Regionalkantorin Holle Goertz und der Vorsitzende des Chores, Karl-Heinz Linne von Berg, mit den Vorbereitungen für das große Fest beschäftigt. Einer der Höhepunkte, so Holle Goertz, sei die unter dem Motto „Gott im Anderen begegnen“ stehende Franziskusmesse von Klaus Wallrath. Die Messe werde gestaltet vom Kinder- und Jugendchor, dem großen Chor und vier Bläsern.

Der Cäcilien-Kirchenchor Kall im Jahr 2024. Einige Sängerinnen und Sänger waren beim Fototermin verhindert. Foto: Reiner Züll
Der Cäcilien-Kirchenchor Kall im Jahr 2024. Einige Sängerinnen und Sänger waren beim Fototermin verhindert. Foto: Reiner Züll

Beim anschließenden Geburtstagsempfang im Pfarrheim stehen Glückwunsch-Reden auf dem Programm. Kinder präsentieren den Gästen einen „Urwald-Song“, eine gesungene Geschichte von Tieren im Wald. Außerdem, so Vorsitzender Karl-Heinz Linne von Berg, werde für Kinder ein separates Programm angeboten. Die Kids haben dabei die Gelegenheit, Orgelpfeifen zu basteln, die sie als Andenken mit nach Hause nehmen können.

Gegründet wurde der Kaller Cäcilienchor 1898, zur Zeit des „Cäcilianismus“, einer kirchenmusikalischen Reformbewegung des 19. Jahrhunderts, die, im Gegensatz zu den säkularisierten religiösen Formen jener Zeit, eine liturgische Vertiefung der „musica sacra“ (Kirchenmusik) anstrebte. Der Name dieser Bewegung, die in Bayern ihren Ursprung hatte, stammt von der Patronin der Kirchenmusik, der Heiligen Cäcilia, die auch dem Kaller Chor seinen Namen gab.

Karl-Heinz Linne von Berg und Holle Goertz mit einem besonderen Erinnerungsfoto: Bei einem Chor-Ausflug 1993 nach Dinkesbühl sangen die Kaller Chormitglieder zusammen mit dem, im letzten Jahr verstorbenen, bekannten Opernsänger und Moderator Günter Wewel (links). Rechts im Vordergrund der damalige Chorleiter Bernhard Stoffels. Foto: Reiner Züll
Karl-Heinz Linne von Berg und Holle Goertz mit einem besonderen Erinnerungsfoto: Bei einem Chor-Ausflug 1993 nach Dinkesbühl sangen die Kaller Chormitglieder zusammen mit dem, im letzten Jahr verstorbenen, bekannten Opernsänger und Moderator Günter Wewel (links). Rechts im Vordergrund der damalige Chorleiter Bernhard Stoffels. Foto: Reiner Züll

„Zu dieser Zeit wurden viele Cäcilien-Kirchenchöre als Laien-Chöre gegründet“, weiß Regionalkantorin Holle Goertz, die in Kall den rund 35 Mitglieder starken Cäcilien-Chor sowie 25 Kinder und Jugendliche in zwei Chor-Gruppen leitet. Dabei ist die Chorleiterin immer wieder bestrebt, dass die Kinder mit dem großen Chor zusammen singen. „Wir versuchen die Gottesdienste nicht nur zu besonderen Anlässen abwechslungsreich zu gestalten, ab und zu auch mit einer Orchester-Begleitung“, berichtet Holle Goertz.

Eine Besonderheit des Chores ist das Durchhaltevermögen der Chorleiter in der 125-jährigen Geschichte: Die derzeitige Chor-Chefin Holle Goertz ist erst die vierte, die dieses Amt innehat; und das schon seit nunmehr 23 Jahren. Erster Leiter war Hubert Lang von 1898 bis 1924, ihm folgte von 1924 bis 1962 Hermann Müller und Bernhard Stoffels von 1964 bis 2001.

Auch bei weltlichen Anlässen ist der Cäcilien-Kirchenchor präsent. So auch 2022 und 2024 bei den Gedenkfeiern zur Flutkatastrophe auf dem neuen Bahnhofsvorplatz. Foto: Reiner Züll
Auch bei weltlichen Anlässen ist der Cäcilien-Kirchenchor präsent. So auch 2022 und 2024 bei den Gedenkfeiern zur Flutkatastrophe auf dem neuen Bahnhofsvorplatz. Foto: Reiner Züll

Der derzeitige Vorsitzende Karl-Heinz Linne von Berg ist der elfte Vorsitzende des Chores, Pfarrer Klemens Gößmann der neunte Präses. Im aktuellen Vorstands-Team wirken neben Linne von Berg noch Sonja Dahmen, Ulrike Zausch, Christoph Schneider und Regionalkantorin Holle Goertz mit.

Akten des Chores gingen im Zweiten Weltkrieg verloren. Ältester schriftlicher Nachweis zur Chorgründung ist die Urkunde für 70-jährige Chormitgliedschaft, die der Diözesan-Cäcilienverband Aachen 1968 dem Gründungsmitglied Karl Krings verlieh. Krings war damals im Alter von 90 Jahren das letzte noch lebende Gründungsmitglied.

Die Urkunde wurde ihm im Saal Gier anlässlich des 70-jährigen Chorbestehens von dem damaligen Pfarrer Theodor Tholen übereicht. Schon 20 Jahre zuvor hatte der Bischof von Aachen, Johannes Joseph van der Velden, Karl Krings zu dessen 50-jährigen Chormitgliedschaft gratuliert.

Karl Krings hatte den Chor 1898 mit den jungen Männern Heinrich Klöser, Wilhelm Hermanns, Werner Simons, Peter Schäferhoff und Peter Leffelsend zur Unterstützung der Liturgie der Pfarre St. Nikolaus als Männerchor gegründet. Die Leitung übernahm der damalige Organist und Küster Hubert Lang. Wegen der Einberufung von Männern im Ersten Weltkrieg sank die Zahl der Sänger erheblich.

Mit Erlaubnis der Kirchenbehörde sprangen Mädchen und Frauen aus Kall und Golbach ein, damit die „musica sacra“ in der Kirche weiter erklingen konnte. Fortan wurde die Chorgemeinschaft als gemischter Chor geführt.

Die beiden Weltkriege rissen Lücken in den Chor. Im Ersten Weltkrieg starben sechs, im zweiten fünf Sänger. Durch den Krieg waren alle Noten vernichtet worden, die Kallmuther Pfarre St. Georg half mit Notenbüchern aus. Und weil auch die Kirche zerstört war, wurden die Messen im St. Barbara-Kloster gesungen. Für den Wiederaufbau der Pfarrkirche fanden mehrere Konzerte im Saal Gier und der Aula der Berufsschule statt.

Als die neue Pfarrkirche 1951 eingeweiht wurde, war die Orgel zwar noch nicht ganz fertiggestellt, sie ermöglichte dem Chor aber, feierliche Hochämter aufzuführen. Zehn Jahre später fand im Rex-Kino ein großes Konzert mit Kirchenchor, Männergesangverein, Musikkapelle und dem Männerchor der Kölner Verkehrsbetriebe statt. Der Erlös war für den Wiederaufbau des Kirchturmes bestimmt. Auch mehrere vom Rundfunk übertragene Messen sind bei den Chormitgliedern noch heute unvergessen. Allein drei Radiogottesdienste fanden seit 2001 unter der Chorleitung von Holle Goertz statt.

Ein Schock für die Pfarrgemeinde und nicht zuletzt für den Cäcilienchor war der Brand der Pfarrkirche am 23. Januar 1995, der das Innere der Kirche und die Orgel total zerstörte. Erst zum 100-jährigen Bestehen im Jahr 1998 konnte eine neue Orgel erklingen. Anlässlich des Jubiläums wurde dem Chor damals in Aachen die Zelter-Plakette verliehen. Beim Festakt in Kall wurde dem Chor zum 100-Jährigen die Palestrina-Medaille überreicht.

Auch das Vereinsleben kam und kommt im Cäcilienchor nicht zu kurz, egal ob beim Cäcilien- und Patronatsfest, bei familiären Feiern oder bei früheren karnevalistischen Feiern, die jedoch nicht mehr stattfinden. Weiterhin im Programm der Chormitglieder stehen die jährlichen Ausflugsfahrten. Höhepunkte sind die mehrtägigen Ausflüge, die alle zwei Jahre stattfinden: Hier waren unter anderem Bamberg, Würzburg, Straßburg, Erfurt, Weimar und Dresden Ziele der Fahrten. Auch wurden Gottesdienste in diesen Orten mitgestaltet. (Reiner Züll/epa)

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