2883 Kinder im Kreisgebiet leben in Armut

Das Thema Kinder- und Familienarmut soll jetzt enttabuisiert werden – Als arm gilt in Deutschland, wer Sozialgeld oder Sozialhilfe empfängt oder lediglich über 50-60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens verfügt

Gerda Holz, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. Frankfurt, bei ihrem Vortrag. Bild: Silvia Vanselow/Kreismedienzentrum
Gerda Holz, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e.V. Frankfurt, bei ihrem Vortrag. Bild: Silvia Vanselow/Kreismedienzentrum

Kreis Euskirchen – Während eines Fachtags im Kreishaus entwickelten Experten erste Strategien, um das Thema Kinderarmut aus der Tabuzone zu holen. Das Familien-Unterstützungs-Netzwerk der Abteilung Jugend und Familie des Kreises hatte dazu interessierte Fachkräfte aus dem Kreis Euskirchen eingeladen, um auf die herausfordernden Lebenslagen von Familien aufmerksam zu machen, die in Armut leben. Ziel soll es ab sofort sein, gemeinsam mit den Fachleuten weitere Strategien zu entwickeln, präventiv gegen die Folgen von Kinderarmut vorzugehen.

Nach der Begrüßung durch Landrat Günter Rosenke, stellten Erdmann Bierdel, Abteilungsleiter Jugend und Familie und Alexandra Zinati-Feld, Projektleitung des Familien- Unterstützungs-Netzwerks, die vielfältigen Maßnahmen für Chancengleichheit und ein Aufwachsen in Wohlergehen aller Kinder im Kreis Euskirchen vor. „Prävention ist für den Kreis Euskirchen schon seit Jahren ein wichtiges Thema“, heißt es in einer Pressemitteilung aus dem Kreis.

Roswitha Biermann stellte anschließend vor, wie der Kreis von der Koordinationsstelle Kinderarmut des Landschaftsverband Rheinland (LVR) mit Fördermitteln sowie wissenschaftlicher Begleitung und Beratung unterstützt wird.
Gerda Holz vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik aus Frankfurt, welche bereits seit mehr als 15 Jahren zur Thematik forscht und bundesweit als anerkannte Kapazität bekannt ist, hielt einen anschaulichen und nachhaltigen Vortrag über Kinderarmut in Deutschland.

Landrat Günter Rosenke eröffnete die gut besuchte Fachtagung. Bild: Silvia Vanselow/Kreismedienzentrum
Landrat Günter Rosenke eröffnete die gut besuchte Fachtagung. Bild: Silvia Vanselow/Kreismedienzentrum

Als arm gilt in Deutschland, wer Sozialgeld oder Sozialhilfe empfängt oder lediglich über 50-60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens verfügt. Nicht erfasst werden Kinder und Familien welche knapp über der Einkommensgrenze liegen.

Im Kreis Euskirchen beträgt die Kinderarmutsquote 11,8 Prozent, in der Stadt Euskirchen 18,5 Prozent, was dem Landesdurchschnitt entspricht. Konkret geht es um 2883 Kinder im Kreisgebiet, von denen 1379 im Stadtgebiet Euskirchen leben.

Gerda Holz konnte Anhand der AWO-ISS Studie aufzeigen, wie lange es dauert bis Kinderarmut für Außenstehende sichtbar wird. So sparen Eltern zuerst an Urlaub und Ausgaben für Freizeitaktivitäten, dann an Konsumgütern und Genussmittel und erst zuletzt an den Bedürfnissen der Kinder.

Im zweiten Teil der Veranstaltung versuchten die gut 60 bis 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Fachtages, thematisch miteinander ins Gespräch zu kommen. Anhand von drei Fragestellungen führte Zinati-Feld die Fachkräfte dazu, gemeinsam Ideen und Strategien für die Armutsprävention im Kreis zu entwickeln.

„Neben konkreten Ideen und Vorschlägen für die gemeinsame Präventionsarbeit im Kreis Euskirchen kristallisierte sich ein entscheidender Punkt in allen Gesprächsgruppen heraus: Das Thema Kinder- und somit auch Familienarmut muss enttabuisiert werden!“, heißt es weiter in der Pressemitteilung des Kreises Euskirchen. Alle Anwesenden hätten darin überein gestimmt, das Thema in ihren Institutionen aber auch im privaten Umfeld aufgreifen bzw. vertiefen zu wollen. Fachkräfte und Betroffene sollen befähigt werden, ohne Scham und Angst darüber sprechen zu können. Nur so sei Prävention und die Bekämpfung der Armutsfolgen möglich.

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