Kommerner Freilichtmuseum hat auch viel unter Dach und Fach

Expositionen in den Ausstellungshallen wie Dauerausstellung „WirRheinländer“ sind Publikumsmagneten

Die Schrecken der Nachkriegszeit zeigt der Abschnitt "Trizonesien" in der Ausstelleung "WirRheihnländer". Foto: Hans Theo Gerhards/LVR
Die Schrecken der Nachkriegszeit zeigt der Abschnitt „Trizonesien“ in der Ausstellung „WirRheihnländer“. Foto: Hans Theo Gerhards/LVR

Mechernich-Kommern – Auch wenn es draußen nass und kalt ist, hat das an allen Tagen im Jahr geöffnete LVR-Freilichtmuseum Kommern seinen Reiz. Denn es ist nicht nur ein „Museum unter freiem Himmel“: Neben den 69 historischen Gebäuden auf dem Freigelände zeigt das Museumsteam in mehreren tausend Quadratmeter großen Ausstellungshallen eine sehenswerte Expositionen.

Publikumsmagnet ist seit Jahren die große Dauerausstellung „WirRheinländer“, die zu einem Streifzug durch die Geschichte des Rheinlands und die Lebensverhältnisse seiner Menschen von der französischen Besetzung 1794 bis in die frühen Wirtschaftswunderjahre um 1955 einlädt. In einer großen Halle wandern die Museumsgäste durch eine mehr als 150 Meter lange Gasse und über kleine Plätze an rund 50 Bauten entlang, deren Fenster den Blick auf besondere Szenen freigeben: Schulunterricht und bürgerliches Wohnen oder Notar-Bureau in napoleonischer Zeit, Wohnkammern verarmter Weber und Industriearbeiter, Werkstätten, Apotheke und Weinstube, aber auch der Salon im Haus der „Gründerjahre“ in preußischer Zeit sind ebenso zu sehen wie Szenen aus dem Ersten Weltkrieg und der Zeit des Nationalsozialismus.

Eindrucksvoll ist der Gang über die zerstörte Straße im Nachkriegs-Abschnitt „Trizonesien“. Dort begegnen die Museumsgäste dem Leben unter der Besatzung, der Wohnungsnot und dem allgemeinen Mangel an allem, aber auch dem ersten Nachkriegs-Karneval in einer kölschen Kneipe.

Die Bauten dieser Ausstellung sind Vorbildern aus dem gesamten Rheinland nachempfunden und erfasst das Gebiet der ehemaligen preußischen „Rheinprovinz“ vom Niederrhein bis zum Hunsrück, vom Bergischen Land bis zum nördlichen Lahngebiet. So sieht man Gebäude aus Krefeld und Düsseldorf, aus Moers und Bonn, aus Heinsberg und Wuppertal, aus Aachen, Bad Münstereifel und Königswinter. In einem Trierer Kerker warten politische Gefangene nach der gescheiterten Revolution von 1848 auf ihren „Kommunistenprozess“, und diesem kann man im nachgebauten Saal des Kölner Appellationsgerichts sogar „beiwohnen“.

Zur Ausstellung „WirRheinländer“ ist als Themenheft der Zeitschrift „Kommern. Das Museumsmagazin“ ein 80-seitiger, reich illustrierter Führer erschienen, der im Museumsladen erhältlich, aber auch über den Buchhandel zu beziehen ist.

Träume aus Blech im Miniaturformat zeigt die Ausstellung "Alles Blech". Die Schrecken der Nachkriegszeit zeigt der Abschnitt "Trizonesien" in der Ausstelleung "WirRheinländer". Foto: Hans Theo Gerhards/LVR
Träume aus Blech im Miniaturformat zeigt die Ausstellung „Alles Blech“. Die Schrecken der Nachkriegszeit zeigt der Abschnitt „Trizonesien“ in der Ausstelleung „WirRheinländer“. Foto: Hans Theo Gerhards/LVR

Gleich gegenüber dieser „Indoor-Kleinstadt“ wartet die bis Sonntag, 26. Oktober, verlängerte Ausstellung „Alles Blech!“ auf kleine und große Fans alten Blechspielzeugs. Gezeigt wird dort eine repräsentative Auswahl aus einer der europaweit bedeutendsten Spielzeugsammlungen, die das LVR-Freilichtmuseum im Verlauf seines mehr als fünfzigjährigen Bestehens zusammengetragen hat: Heute hoch gehandelte Blech-Raritäten sind ebenso zu bestaunen wie Billigware, die schon im 19. Jahrhundert massenhaft produziert wurde.

Eine weitere Ausstellung widmet sich dem Leben der Frauen auf dem Land:  Fünfzig Jahre lang war der Fotograf Wolfgang Schiffer (1927 – 1999) zu Gast auf unzähligen Bauernhöfen in Deutschland. Wie kein anderer hat er den Wandel in der Arbeitswelt und im Alltagsleben auf den Höfen mit seiner Kamera festgehalten. Sein Augenmerk galt dabei auch den Bäuerinnen und den anderen auf dem Hof und im Feld mithelfenden Frauen. Mit der bis Sonntag, 9. März, laufenden Sonderausstellung „Bäuerinnen-Bilder“ präsentiert das LVR-Freilichtmuseum Kommern eine Auswahl von Schiffers besten und in der Aussage eindrucksvollsten Aufnahmen, bei denen sich dokumentarischer Wert und künstlerischer Anspruch verbinden. Die Schwarzweiß-Fotografien, in der Ausstellung ergänzt um typische landwirtschaftliche Arbeitsgeräte, spiegeln den tief greifenden Umbruch in der Landwirtschaft und im ländlichen Leben zwischen 1949 und 1999 sowie dessen häufig übersehene „weibliche Seite“ wider.

Mit dem Thema „Kneipenkultur“ befasst sich eine Ausstellung, die im Zusammenhang mit der Überführung und dem Wiederaufbau einer Gaststätte im Zeitschnitt um 1970 entstanden ist. Dort wird auch die Geschichte dieser Gaststätte dokumentiert, die einst gesellschaftlicher Mittelpunkt in einem Ort bei Nörvenich gewesen ist. Filme und Fotos zeigen auch das aufwändige Verfahrung der so genannten „Ganzteil-Translozierung“ dieses großen Backsteingebäudes, das vor wenigen Jahren in ganzen, sorgsam eingeschalten Teilen per nächtlichem Schwertransport den Weg ins Museum genommen hat.

An die Wohnkultur der 1960er-Jahre erinnert in Nachbarschaft dieser Gaststätte ein Bungalow, in dem die Museumsgäste etwa eine typische Einbauküche und das Wohnzimmer im Neo-Chippendale-Stil besichtigen oder beim Blick in die Garage den noch mit Winkern ausgestatteten „Käfer“ entdecken können. Gaststätte und Bungalow sind in den Wintermonaten von 13 bis 15 Uhr geöffnet; die Museumsgäste erwarten dort fachkundige Führer.

Neu gestaltet worden ist eine kleine Ausstellung zur Geschichte und Bedeutung der „Imkerei im Rheinland“ in der Museumsbaugruppe „Westerwald-Mittelrhein“. Das LVR-Freilichtmuseum Kommern ist in den Wintermonaten von 10 bis 17 Uhr geöffnet (Einlass bis 16 Uhr). Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist der Eintritt frei. Das Jahresprogramm ist unter www.kommern.lvr.de zu finden.

(Quelle: FMK)

epa

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