Edgar Knecht Trio präsentierte im Kulturraum Kall sein neues Album „Dance on Deep Waters“, das derzeit für Furore in der Jazzszene sorgt
Kall – Volles Haus herrschte am Freitagabend im Kulturraum Kall. Stühle mussten noch herbeigeschafft werden, um allen Besuchern einen Sitzplatz zu ermöglichen. Die hohe Qualität der Veranstaltungsreihe unter dem Dach der Energie Nordeifel („ene“) scheint sich mittlerweile herumgesprochen zu haben. Selbst aus Siegburg waren einige Gäste angereist, um beim Auftritt des Edgar Knecht Trios dabei zu sein. Die Band stellte im Kulturraum ihr neues Album „Dance On Deep Waters“ vor, das derzeit für Furore in der Jazzszene sorgt.
Die zugrundeliegende musikalische Idee ist dabei so simpel wie genial, dass mancher Musiker sich ärgern dürfte, nicht selbst darauf gekommen zu sein, vorausgesetzt, er könnte auch nur annähernd so gut Klavier spielen wie Edgar Knecht. Als Basis seiner Kompositionen nutzt dieser alte deutsche Volkslieder und stellt sie in einen neuen geradezu weltmusikalischen Zusammenhang. Die hohe Kunstfertigkeit, die er dabei an den Tag legt, dürfte allerdings wohl einzigartig und nicht kopierbar sein.
Knechts Kompositionen bleiben frei von allem Artifiziellen, zu dem Jazzmusiker manchmal neigen. Der Begriff „authentisch“, der die Musikkritik mittlerweile inflationär durchzieht, hier wäre er einmal sinnvoll angebracht, um die ungeheure Spielfreude des Mannes, der sich durch jedes seiner Stücke mit unglaublichem Minenspiel hindurcharbeitet, zu beschreiben. Die ursprüngliche Lebensfreude, aber auch die Trauer und die Melancholie, die in den alten Volksliedern steckt, Knecht bringt sie wie Geister aus verkorkten Flaschen zum Vorschein, die in den verstaubten Kellerarchiven der Musikgeschichte ihr unscheinbares Dasein fristen.
Goethes „König in Thule“ von der ersten CD „Good Morning Lilofee“ beispielsweise wandelt sich von der schwermütigen Ballade in ein furioses Salsa-Stück mit so raffinierten Tempo- und Rhythmusverschiebungen, dass einem fast genauso schwindlig wird wie Goethes königlichem Zecher, kurz bevor er den goldenen Becher ins Meer wirft. Die Titel der Stücke sind nicht immer gleich als die alten Volkslieder zu erkennen. Sie lauten wie hier nur „Thule“ oder wie auf der neusten CD „Dance on Deep Waters“: „Gedankenfreiheit“, „Tiefe Wasser“, „Nachttraum“ oder „Schwesterlein“, an denen man nur erahnen kann, dass das Liedgut diesmal aus der Romantik stammt. Das Verrückte aber ist, dass man manche Stelle in den Stücken mitsummen kann, ohne zu wissen, um welches Lied es sich dabei handelt, so als ob Knecht sich einen Spaß daraus machte, auf das kollektive Liedgedächtnis seiner Zuhörer zuzugreifen.
Kongenial begleitet wurde Edgar Knecht am Freitag vom Bassisten Rolf Denecke und dem Schlagzeuger Tobias Schulte. Während Denecke sich als verlässlicher Motor und treibende Kraft des Trios erwies, sorgte Schulte für perfekte Akzentuierungen bei den langsameren und funkensprühende Rhythmen bei den furiosen Passagen.
Das Publikum war bereits in der Halbzeit von dem spielfreudigen Trio restlos begeistert. Die neue Vorstandsvorsitzende des Kulturraums Kall, Kerstin Zimmermann, vielen besser bekannt in ihrer Rolle als Pressesprecherin des „ene“-Konzerns, freute sich über den großen Zulauf, den das Konzert gefunden hatte. Mit ihrem ebenfalls ehrenamtlich tätigen „ene“-Kollegen Herbert Milz, der die Kasse führte, und ihrer Kollegin Angelika Backes, die sich um die Gästebewirtung kümmerte, hatte sie dafür gesorgt, dass der Abend wieder einmal reibungslos über die Bühne ging, was nach einem harten Arbeitstag, der bereits um 8 Uhr in der Früh begonnen hatte, schon eine besondere Kraftanstrengung bedeutet haben dürfte.
„Wir freuen uns schon jetzt auf den 25. April“, so Zimmermann. Dann nämlich gastiere im Kulturraum das Matthias Keul Quartett, das ebenfalls in Kall seine neuste CD vorstellen wird.
Eifeler Presse Agentur/epa