„Es kann so einfach sein, wenn man sich kennen lernt“

Esperanza, das Beratungs- und Hilfenetz für Familien, stellte Jahresbericht 2014 vor

Cilly von Sturm (v.l.), Irene Rütten und Leila Zeghlache bei der Vorstellung des Esperanza Jahresberichts 2014. Bild: Caritasverband Euskirchen
Cilly von Sturm (v.l.), Irene Rütten und Leila Zeghlache bei der Vorstellung des Esperanza Jahresberichts 2014. Bild: Caritasverband Euskirchen

Euskirchen – 1062 Mal berieten Irene Rütten und ihr Esperanza-Team im Jahr 2014 junge Familien in Schwangerschaftsfragen. Ein Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf der Thematik Migranten und Flüchtlinge. Welchen Herausforderungen sie und Cilly von Sturm vom Fachbereich Kinder, Jugend und Familie des Caritasverbandes Euskirchen sich im vergangenen Jahr außerdem stellen mussten, berichteten sie bei der Vorstellung des Esperanza Jahresberichts 2014.

Esperanza ist ein Beratungs- und Hilfenetz für Familien vor, während und nach einer Schwangerschaft. Die große Zahl der Beratungen wäre ohne Ehrenamtler, die das Team zusätzlich verstärken, nicht zu schaffen. Bei einem so hohen Beratungsbedarf sind es Geschichten wie die der Leila Zeghlache, die Mut machen. 2008 kam sie aus Algerien in die Beratungsstelle, benötigte Hilfe, sprach aber kein Deutsch. Bei Esperanza fand sie nicht nur die benötigte Hilfe, sondern auch eine zweite Heimat. Mittlerweile hat sie Deutschkurse besucht, ihren Universitätsabschluss in Mikrobiologie in Deutschland anerkennen lassen und wohnt mit ihrer Familie in Euskirchen.

Von der großartigen Hilfe, die sie bei Esperanza erfuhr, wollte sie nun etwas wiedergeben und engagiert sich selbst als Ehrenamtliche. Jeden Freitag trifft man sie in der Kreativgruppe. Begeistert berichtete sie: „Wir sticken, malen, erzählen uns von unseren Problemen – wir sind einfach eine Familie geworden.“ Feste wie Weihnachten, das Ende des Ramadan oder Geburtstage werden in der Gruppe gefeiert.

„Es kann so einfach sein, wenn man sich kennen lernt, Freiräume lässt und neugierig bleibt.“, beschreibt Rütten das Zusammensein der Kulturen. Regelmäßig lädt Zeghlache nun ihrerseits Frauen in die Kreativgruppe ein, begleitet sie bei Behördengängen und betätigt sich als Übersetzerin vom Arabischen ins Deutsche. Auch im Elterncafé in Flamersheim ist sie oft: Hier können Eltern sich austauschen oder einfach ein wenig entspannen. Nicht allen aber ist mit einer Tasse Kaffee schon geholfen, viele kommen auch zur Esperanza Beratungsstelle.

Mit 1062 Beratungen ist die Zahl der Ratsuchenden im Vergleich zu den Vorjahren um 351 Beratungsprozesse gestiegen. Auffällig ist, dass unter den Klienten auch 22 Männer waren, zu Teilen in Einzelberatungen, zu Teilen in Familienberatungen. Hierbei konnten den Ratssuchenden konkrete Hilfen in vielerlei Gestalt geboten werden. In 287 Fällen handelte es sich um Informationsvermittlung, 132 Mal herrschte Unklarheit in Behördenangelegenheiten. Hier sind selbst Deutsche oft überfordert, für Migranten sind die sozialrechtlichen Ansprüche oft noch schwieriger zu durchschauen.

In vielen Fällen war auch finanzielle Hilfe vonnöten, so dass knapp 94.000 Euro an 167 Eltern verteilt wurden. Diese Hilfen stammen aus der Bundesstiftung, Akutfonds, Bischofsfonds und den Fonds der Pfarrcaritas.

Auffällig ist, dass die Zahl der Migranten um 36% gestiegen ist. Aus 43 verschiedenen Ländern kamen die Ratsuchenden im Jahr 2014. Gleichzeitig freut sich Rütten Anhänger verschiedener Religionen begrüßen zu können. 24,9% waren muslimisch, 43,5% katholisch, die anderen gehörten anderen Konfessionen und Religionen an oder waren konfessionslos. „Es ist schön zu sehen, dass Menschen aller Religionen sich an uns wenden.“ Gleichzeitig bringt der hohe Anteil an Migranten aber auch Schwierigkeiten mit sich, so war in 32 Fällen eine Übersetzungshilfe bei den Beratungen notwendig. „Das ist nie leicht, denn durch die Übersetzung weiß man nicht, wie gut man verstanden wurde.“, gibt Rütten zu bedenken. Auch fehlen in solchen Fällen Kenntnisse über die deutsche Bürokratie und darüber, welche Dokumente benötigt werden. Doch davon lässt sich Rütten nicht entmutigen: „Es ist eine sehr dankbare Aufgabe und spannend, neue Kulturen kennen zu lernen.“ Zudem sei sie ermutigt durch den Eindruck, wie gut es den Kindern trotz der Flucht gehe.

Cilly von Sturm berichtete vom Projekt „Netzwerk Frühe Hilfen“, das im vergangenen Jahr 89 Familien mit 140 Kindern helfen konnte. Ins Leben gerufen wurde das Projekt 2007 auf Initiative des Diözesan-Caritasverbandes Köln, seit 2010 wird es jedoch nicht mehr refinanziert. So kommt der Caritasverband Euskirchen nun in Kooperation mit den Pfarrgemeinden für das Projekt auf, um auch in Zukunft jungen Familien helfen zu können. Eine Regelfinanzierung aus öffentlicher Hand wird jedoch angestrebt. Vor allem die Elterncafés an verschiedenen Orten erfreuen sich dabei großer Beliebtheit: Hier können die Eltern sich im Beisein von Ehren- und Hauptamtlichen austauschen. Dabei sei es wichtig, sich nicht nur um die Ratsuchenden sondern auch die ehrenamtlichen Familienpaten zu kümmern, denn die Anfrage an die Angebote der Caritas sei sehr groß, das Interesse ungebrochen. (epa)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

4 × 3 =