50.000 Haustiere auf dem Schuldach

MIT VIDEO Am Städtischen Johannes-Sturmius-Gymnasium in Schleiden lernen Schülerinnen und Schüler das Imkern – Im Nutzgarten wachsen Kräuter und Gemüsesorten heran – Komplexe ökologische Zusammenhänge sollen anschaulich verstehbar gemacht werden

Behutsam wird der Bienenstock geöffnet, um die mit Honig gefüllten Wabenrahmen zu entnehmen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Behutsam wird der Bienenstock geöffnet, um die mit Honig gefüllten Wabenrahmen zu entnehmen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Schleiden – Der Umgang mit Tieren an einer Schule fördert, so wissen die Pädagogen, die sozialen Kontakte unter den Schülern sowie das Verantwortungsbewusstsein generell. Aber müssen es gleich 50.000 Haustiere sein? Ja, unbedingt, denn bei den Tieren, die man am Städtischen Johannes-Sturmius-Gymnasium in Schleiden hält, handelt es sich um Honigbienen.

So manche Biene hat es sich auf dem Rahmen gemütlich gemacht und benötigt eine besondere Aufforderung, sich ein anderes Plätzchen zu suchen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
So manche Biene hat es sich auf dem Rahmen gemütlich gemacht und benötigt eine besondere Aufforderung, sich ein anderes Plätzchen zu suchen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

In der Bienen-AG von Biologielehrer und Stufenleiter Henning Hülsmann lernen die Schülerinnen und Schüler das Imkern. Hülsmann ist selber seit fünf Jahren passionierter Imker und weiß, wie man mit Bienen artgerecht umgeht und wie man sich vor allem verhalten muss, damit man nicht gestochen wird. „Wenn die Biene mal einen schlechten Tag haben sollte, dann hat man immer noch seinen Imkeranzug“, so Hülsmann, der jedoch betont, dass Bienen grundsätzlich sehr friedliche Wesen seien. Allerdings müsse auch der Imker friedlich sein. „Wenn man gestresst und genervt ist, sollte man sich den Bienen nicht nähern, das spüren die sofort“, verrät er.

Die ersten Rahmen mit den Honigwaben werden in die Schleuder gefüllt. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Die ersten Rahmen mit den Honigwaben werden in die Schleuder gefüllt. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Das Bienenvolk residiert auf dem Dach der Schule, quasi vis-á-vis zur Schlosskirche und zum alten Schloss, wofür die Bienen aber zurzeit keinen Blick haben, da sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang unermüdlich bei der Arbeit sind. Bis man oben auf dem Dach angelangt ist, hat man schon jede Menge Stress abgebaut und kann sich daher ungefährdet dem emsigen Treiben im Bienenstock nähern, zumal ein Schüler der AG die Tierchen für die Besucher vorab aus einem „Smoker“ etwas eingeräuchert hat. Allerdings nicht, um sie zu betäuben, das stünde nicht im Einklang mit dem Tierschutz, sondern um einen seit Jahrhunderten bekannten Reflex bei den Bienen auszunutzen. „Wenn die Biene den Rauch wahrnimmt, denkt sie, der Wald würde brennen, und sie müsse den Stock verlassen“, berichtet der Nachwuchs-Imker. Daher schlage die Biene sich noch rasch als Wegzehrung den Bauch voll Honig und sei anschließend sehr relaxed, zumal der Rauch sich längst wieder verzogen habe.

Entspannte Bienen sind genau das, was die jungen Imker an diesem Tag benötigen, denn sie haben etwas Aufregendes vor: „Im Frühjahr haben wir nur Schwarmkontrolle betrieben, doch jetzt kommen die Schüler zum ersten Mal in den Genuss, Honig schleudern zu dürfen“, berichtet Hülsmann. Doch um an den Honig zu kommen, muss man den Bienenstock öffnen und die Waben herausnehmen. Während man sich als Besucher schon mal reflexartig den oberen Hemdknopf schließt, bleiben die Schüler extrem entspannt. Vorsichtig wird der Stock geöffnet und die einzelnen Wabenplatten herausgenommen. Hunderte von Bienen, die auf den Waben sitzen, werden behutsam beiseite gestrichen, so dass keinem Tierchen auch nur ein Flügel beschädigt wird. Dann werden die bienenfreien Waben in verschließbare Eimer gelegt und es geht in die Küche.

Darauf haben alle lange gewartet: Die ersten Tropfen Honig treten ans Licht. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Darauf haben alle lange gewartet: Die ersten Tropfen Honig treten ans Licht. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Dort steht bereits eine Honigschleuder aus Edelstahl bereit, und nachdem der Wachs von den Honigwaben geschabt ist und die Wabenplatten in der Schleuder verankert sind, kann es endlich losgehen. Einer der Schüler darf die Kurbel drehen, und leise quietschend setzt sich die Schleuder in Bewegung. Es dauert ein ganzes Weilchen, doch dann ist es soweit: Der goldene Honig fließt langsam aus der Schleuder direkt in einen großen Eimer. Jetzt werden Teelöffel geholt, und jeder darf mal probieren. Die Begeisterung ist groß. Die Arbeit hat sich offensichtlich gelohnt.

Die Bienen-AG rund um Biologielehrer Henning Hülsmann freut sich über die große Honigausbeute. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Die Bienen-AG rund um Biologielehrer Henning Hülsmann freut sich über die große Honigausbeute. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

„Wir rechnen mit bis zu 15 Kilogramm Honig, den wir hier ernten können“, berichtet Lehrer Hülsmann. Doch der Honig ist nicht der einzige Grund, warum die Schüler an der Bienen-AG teilnehmen. „Das, was wir hier machen, ist auch sehr nachhaltig“, berichtet einer der Schüler, „denn durch unsere Arbeit bleiben die Bienen erhalten.“ Im Zeitalter des Insektensterbens also eine mehr als gute Sache.

„Ich habe mich für die Bienen entschieden, weil die Honigbiene sich besonders gut eignet, um den jungen Leuten komplexe ökologische Zusammenhänge anschaulich begreiflich zu machen“, berichtet Hülsmann. Dass dabei als Nebeneffekt auch noch kiloweise bester Honig abfällt, den man wiederum gewinnbringend für die Schule veräußern könnte, wird dabei gern in Kauf genommen.

Die Schülerinnen und Schüler der Schulgarten-AG setzen die Hochbeete vor der Ferienzeit nochmal instand. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Die Schülerinnen und Schüler der Schulgarten-AG setzen die Hochbeete vor der Ferienzeit nochmal instand. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Während in der Küche noch kräftig geschleudert wird, ist Biologielehrerin Anja Henseler mit ihren Schülerinnen und Schülern einige Etagen tiefer im Nutzgarten aktiv. Dort wurden bereits im Vorfeld bienengerechte Blumen ausgesät, die jetzt in Vollblüte stehen. Doch heute heißt es, die Hochbeete zu entkrauten und weitere Gemüsepflanzen zu setzen.

„Die Schulgarten-AG gibt es seit ungefähr fünf Jahren“, berichtet Henseler. In der Regel seien es die Fünft-, Sechst- und Siebtklässler, die dort mitmachten. In der AG tummelten sich stets zwischen zehn und 20 Nachwuchsgärtner. „Der Garten ist beständig im Wechsel. Im vergangenen Jahr haben wir Hochbeete angelegt“, so Henseler weiter. Derzeit plane man ein Gewächshaus, das die Schüler sich sehnlichst wünschten. Darüber hinaus diene der Schulgarten aber auch zur Entspannung. Und beim gemeinsamen Grillen kämen selbstverständlich die eigenen Kräuter in die Marinade.

Haben Spaß Kräuter und Gemüse anzubauen und alles wachsen zu sehen: Die jungen Leute der Schulgarten-AG rund um Biologielehrerin Anja Henseler. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Haben Spaß Kräuter und Gemüse anzubauen und alles wachsen zu sehen: Die jungen Leute der Schulgarten-AG rund um Biologielehrerin Anja Henseler. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

„Die Kinder sind hochmotiviert bei der Sache“, berichtet Henseler, „und ich staune manchmal selbst, dass sie sich nicht nur in den Schulbeeten bestens auskennen, sondern auch zahlreiche Wildkräuter am Wegesrand mit Namen kennen.“

Die jungen Leute sind an diesem Tag besonders aktiv. Es wird entkrautet, gewässert und angepflanzt, was das Zeug hält. Den Grund dafür nennt eine der Schülerinnen: „Wir wollen alles soweit in Ordnung bringen, dass die Lehrer in den Ferien nicht allzu viel Arbeit mit dem Garten haben.“

Eifeler Presse Agentur/epa

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