Offenlegung des Heimbachs: Ein einmaliges Pilotprojekt in Deutschland

Die geplante Offenlegung eines Bachs, der bislang unterirdisch durch die Nationalparkkommune Heimbach verläuft, stößt bei einigen Gewerbetreibenden auf geteiltes Echo – Bürgermeister Peter Cremer und Stadtentwickler Erich Schmidt äußern sich zu den Bedenken

Bürgermeister Peter Cremer spricht von der Offenlegung des Heim-bachs als eine einmalige Chance für die Nationalparkkommune Heim-bach. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Bürgermeister Peter Cremer spricht von der Offenlegung des Heimbachs als eine einmalige Chance für die Nationalparkkommune Heimbach. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Heimbach – Die Idee ist deutschlandweit einmalig und schon von daher ein echtes Pilotprojekt, das die Stadt Heimbach von heute auf morgen überregionale Präsenz in den Medien bescheren dürfte. Der Heimbach, Namensgeber der Stadt, der seit einer Straßenbausanierungsmaßnahme im Jahre 1957 über 880 Meter verrohrt wurde und seither unterirdisch durch die Hengebachstraße fließt, könnte wieder ans Licht geholt werden. Derzeit zeugen nur Gullideckel von seinem Verlauf. Für die Nationalparkstadt Heimbach, deren Geschichte und tägliches Leben eng mit dem Element Wasser verbunden ist, ist die Befreiung ihres Namenspatrons aus dem Betonkorsett geradezu ein Muss, so könnte man meinen. Nicht nur Naturschützer sind daher begeistert, auch die Bezirksregierung hat bereits Unterstützung und eine 90-prozentige Förderung des 7,5 Millionen-Euro-Projekts aus Mitteln der EU-Wasserrahmenrichtlinie zugesagt. Der Rest könnte aus der Investitionspauschale bezahlt werden, also ohne dafür eigene Haushaltsmittel opfern zu müssen.

Das rechnet sich gleich mehrfach, denn die Verrohrung des Heimbachs müsste ohnehin bald erneuert und Versorgungsleitungen neu verlegt werden. Die Stadt Heimbach könnte also mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: ohnehin erforderliche bauliche Maßnahmen umsetzen, zusätzlich neue Lebensqualität im Kernort schaffen, die Immobilienwerte steigen lassen, noch mehr Touristen anlocken, ihren Ruf als Stadt mit besonderer Expertise für alles, was mit Wasser zu tun hat, weiter untermauern und gleichzeitig noch Geld sparen. Darüber hinaus soll die Hengebachstraße im Rahmen des Integrierten Handlungskonzepts für die Stadt Heimbach ohnehin umgestaltet werden. Eine Offenlegung des Heimbachs würde für die Planer einen weitaus größeren Spielraum für kreative Ideen schaffen.

Besonders der Geschäftswelt müssten diese Pläne gefallen, würde man denken. Denn sie würde durch die Erhöhung der Aufenthaltsqualität an der Hengebachstraße wohl am meisten profitieren. Doch während Bürgermeister Peter Cremer und Stadtplaner Erich Schmidt von weiten Teilen der Bevölkerung großes Lob für ihre Idee und vor allem für die ausgeklügelte Fördermöglichkeit erhalten und der Rat bereits eine ökologische und technische Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat, deren positiven Ergebnisse mittlerweile vorliegen, sind Teile der anliegenden Geschäftswelt verstimmt und möchten nicht, dass sich an den derzeitigen Gegebenheiten an der Hengebachstraße etwas ändert. Zwar sei man grundsätzlich für eine Attraktivitätssteigerung Heimbachs, aber nicht an der Hengebachstraße.

Die Kritik, die an den Bürgermeister per Unterschriftenliste erging, bezieht sich zunächst auf die Dauer der Baumaßnahme von geschätzten fünf bis sechs Jahren. Hier fürchten die Anwohner „eine fast vollständige Sperrung der Straße“ und damit ein jahrelang anhaltendes Verkehrschaos. Darüber hinaus befürchtet man, dass wegen der Straßensperrung und der dadurch fehlenden Park- und Halteplätze bestimmte Geschäfte und Einrichtungen nicht mehr aufgesucht werden und die Immobilien damit einen Wertverlust erleiden.

„Natürlich wird es Behinderungen im Straßenverkehr geben“, so Bürgermeister Peter Cremer, „aber die Baumaßnahme, die wir übrigens eher mit drei Jahren veranschlagen, ist ja nur deshalb auf so einen langen Zeitraum terminiert, weil sie abschnittsweise vorgenommen werden soll, um damit die Anlieger so wenig wie möglich zu belasten. Eine komplette Sperrung der Hengebachstraße wäre selbstverständlich nicht hinnehmbar. Und was die Immobilien betrifft, so dürften diese nach der Maßnahme, die die Straße deutlich aufwerten, das Mikroklima verbessern und den Verkehr beruhigen wird, eher noch im Wert steigen.“

Zudem soll es keinen Baubetrieb in der touristischen Hauptsaison geben, wie Stadtplaner Schmidt betont: „Es geht ja darum, die Möglichkeiten zu verbessern, und nicht Heimbacher Bürger unnötig zu belasten. Die kurzzeitigen Hindernisse werden auf mittel- und langfristige Sicht bei weitem aufgewogen.“

Weiterhin wird behauptet, dass der Untergrund in Heimbach zum Großteil aus Felsen bestehe und daher große Baumaschinen eingesetzt werden müssten, die zum einen eine weitere Verkehrsbehinderung darstellten, zum anderen Erschütterungen auslösen könnten, die dann wiederum zu Bauschäden an den Häusern führten.

„Wir gehen davon aus, dass einem Bauunternehmen, das in der Eifel arbeitet, solche Untergründe, wie wir sie hier in Heimbach haben, nicht fremd sind und entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, damit solche Schäden eben nicht passieren“, so Bürgermeister Cremer. Auch gehe es beim überwiegenden Teil der Arbeiten darum, bereits bestehende Straßenbaueinrichtungen zurückzubauen. Zudem sei der Untergrund ja bereits durch den Straßenbau bearbeitet – und die technische Machbarkeitsstudie weist diesbezüglich keine Bedenken auf.

Darüber hinaus glauben einige Betroffene, dass die Kosten für die Maßnahme aus dem Ruder laufen könnten und vergleichen die Offenlegung des Heimbachs mit Stuttgart 21 oder dem Berliner Flughafen in Berlin. Am Ende lasse man eine halbfertige Baustelle zurück, weil das Geld für die Fertigstellung nicht ausreiche.

„Selbstverständlich müssen die Kostenberechnungen seriös sein“, sagt der Bürgermeister, daran hätte vor allem auch die Bezirksregierung ein großes Interesse, so dass man sich darauf verlassen könne, dass alles von verschiedenen Akteuren mehrfach durchgerechnet und geprüft werde. Bei unvorhergesehenen Schwierigkeiten, die die Stadt Heimbach nicht zu verschulden habe, sei er sich jedoch sicher, dass die Bezirksregierung Heimbach nicht im Regen stehen lassen werde, da es sich letztlich um ein Pilotprojekt von deutschlandweiter Tragweite handele. Das Projekt sei zudem deutlich überschaubarer als die genannten Großstadt-Mammutbaustellen.

Die Kritiker behaupten weiterhin, dass viele Gewerbetreibende Heimbach verlassen, Touristen von den Umbauarbeiten verschreckt und ausbleiben würden und malen ein Schreckensszenario das „Heimbach als Wohnstadt unattraktiv für bestehende und zukünftige Anwohner“ zeigt.

„Natürlich ist das ein Projekt von großer Dimension, aber es stellt eine einmalige und ebenso große Chance für unsere Stadt dar, ihre Attraktivität weiter zu steigern und die Aufenthaltsqualität deutlich zu erhöhen“, betont Bürgermeister Cremer. Das bestätigten verschiedene Experten. Cremer: „Wir müssen etwas tun, um uns als Tourismuskommune am Markt zu behaupten. Andere Städte schlafen auch nicht. Bad Münstereifel hat es vorgemacht und ist nach jahrelangem Dornröschenschlaf und längerer Bauzeit zu neuem Leben erwacht.“ Das Heimbach-Projekt sei dagegen weitaus überschaubarer, aber natürlich müsse man auch etwas Mut beweisen, kreative Ideen für die Phase der Bauzeit entwickeln und sich nicht nur auf dem Status quo ausruhen wollen. Schmidt weist darauf hin, dass das Zeitfenster für eine solch immens hohe Förderung allerdings begrenzt sei: „Diese Chance sollten wir nicht verpassen.“

Die Angst vor Hochwasser oder Überschwemmungen, die ebenfalls als Argument von den Kritikern des Projekts genannt wird, kann Stadtentwickler Erich Schmidt nehmen: „Derzeit besteht eine viel höhere Überschwemmungsgefahr als nach dem Umbau, denn dann hat der Heimbach mehr Abflussquerschnitt als vorher.“ Auch dafür gebe es eindeutige Berechnungen von Experten, die selbstverständlich im Vorfeld erstellt worden sind.

„Wenn wir das gemeinsam anpacken, dann werden wir das auch gemeinsam schaffen“, ist sich Cremer sicher, der die Aufregungen aus der Geschäftswelt nur schwer nachvollziehen kann und es schade fände, wenn das Projekt „Offenlegung des Heimbachs“ von wenigen, aber einflussreichen Bürgern bereits im Anfangsstadium blockiert werde. In Meckenheim etwa sei eine Geschäftsstraße auch von größeren Baumaßnahmen betroffen gewesen. Bedenken der Geschäftswelt hätten sich im Nachhinein als unnötig erwiesen, es habe keine gravierenden Einbußen während der Bauzeit gegeben.

„Wir suchen für unsere Stadt nach nachhaltigen und zukunftsweisenden Ideen und da ist jeder zu einem konstruktiven Dialog eingeladen“, so der Bürgermeister: „Die Neugestaltung Rurufer und die vielen tollen Ideen, die die Planungsbüros entworfen haben, zeigen doch, dass Heimbach unerkanntes Potenzial besitzt. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen. Das erreichen wir aber nicht, wenn wir uns an Bedenken festklammern, wir müssen auch mal einen Schritt nach vorn tun.“ Dabei stehe es völlig außer Frage, dass noch längst nicht jedes Detailproblem zufriedenstellend gelöst sei. Genau deshalb nutze die Verwaltung kreative Möglichkeiten wie die Wettbewerbsform auch bei der Umgestaltung der Hengebachstraße, um eben aus einer Vielzahl von Möglichkeiten die optimale Lösung zu finden. Dazu gehöre auch die Parkplatzsituation. Schmidt: „Die Zahl der Parkplätze soll in Summe sogar deutlich erweitert werden.“

Dennoch könne es natürlich sein, dass man hier und da auch mal über die Baustelle fluchen würde, aber am Ende, so sind sich Cremer, Schmidt und große Teile des Rates und der Bürgerschaft einig, werden alle froh sein, diese einmalige Chance nicht einfach verschlafen zu haben.

 

Eifeler Presse Agentur/epa

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