Tihange und Doel: „Abklingbecken sind nicht ausreichend geschützt“

Laut Greenpeace-Studie gibt es in belgischen Atomkraftwerken schwere Sicherheitsmängel

Der Atommeiler in Tihange hat durch zahlreiche Pannen traurige Berühmtheit erlangt. Foto: Wilfried Gierden
Der Atommeiler in Tihange hat durch zahlreiche Pannen traurige Berühmtheit erlangt. Foto: Wilfried Gierden

Kreis Euskirchen/Tihange/Doel – Hoch radioaktive, abgebrannte Brennelemente sind in französischen und belgischen Atomkraftwerken unzureichend geschützt, wie Greenpeace jetzt in einer Pressemitteilung zu einer Studie, die Greenpeace mittlerweile den Behörden vorgelegt hat.

In der Studie bewerten sieben unabhängige Sicherheitsexperten, wie alle 58 französischen und sieben belgischen Atomkraftwerke geschützt sind. Dabei wurden vier AKW in Frankreich, darunter Cattenom und Fessenheim sowie  die Reaktoren im belgischen Tihange und Doel gesondert untersucht. Die aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich zugängliche Studie belege, dass die Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente, in denen die höchste radioaktive Strahlung in einem Atomkraftwerk anfällt, kaum geschützt seien. Läuft das Kühlwasser aus den Becken aus, werden große Mengen Radioaktivität freigesetzt. Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace in Deutschland: „Statt mit viel Geld und Aufwand an oft uralten AKW herumzudoktern, müssen Frankreich und Belgien endlich den Ausstieg aus der Risikotechnologie einleiten. Die untersuchten Atommeiler gefährden Menschen in ganz Europa.“

Sicherheitskonzepte bei Atomreaktoren konzentrieren sich laut Greenpeace überwiegend auf den Reaktor. Die Abklingbecken würden hingegen kaum betrachtet, obwohl spätestens seit dem Atomunfall von Fukushima klar sei, dass diese eine große Gefahr darstellen können. In Japan bestand nach der Explosion in den Reaktoren die Gefahr, dass auch die Abklingbecken trockenfallen. Wochenlang versuchten die Behörden 2011 einen Ausfall der Wasserkühlung und dadurch eine zusätzliche radioaktive Verseuchung zu verhindern. Wäre die Radioaktivität der abgebrannten Brennstäbe in die Umwelt gelangt, hätten laut damals amtierendem Regierungschef Naoto Kan bis zu 50 Millionen Menschen im Großraum Tokio evakuiert werden müssen.

Deutschland hat alte Atomreaktoren unmittelbar nach der Katastrophe von Fukushima aus Sicherheitsgründen stillgelegt. Damit ist auch die Anzahl der Abklingbecken reduziert worden. Grenznahe Reaktoren in Ländern wie Frankreich und Belgien gefährden jedoch weiterhin auch die deutsche Bevölkerung. Das französische Kraftwerk Fessenheim liegt rund 25 Kilometer von Freiburg entfernt. Von den belgischen Reaktoren in Tihange sind es rund 60 Kilometer bis Aachen, etwa 100 bis zum Kreis Euskirchen. In beiden Ballungsräumen wissen die Behörden um die Gefahr.

(epa)

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