Eifel-Literatur-Festival bot humorvolle Einblicke in das Leben der „Pubertiere“

Von Anke Emmerling Jan Weiler sorgt mit Einblicken in die Befindlichkeit des pubertierenden Nachwuchses für ein Humorbeben in Prüm

Jan Weiler war beim Eifel-Literatur-Festival in Bestform. Bild: Harald Tittel/ELF
Jan Weiler war beim Eifel-Literatur-Festival in Bestform. Bild: Harald Tittel/ELF

Prüm/Eifel – Erneut hat sich eine Flut aus pointiertem Humor und grandiosem Entertainment über Besucher des Eifel-Literatur-Festivals ergossen. In der Aula der ehemaligen Hauptschule in Prüm las Jan Weiler aus seinem neuen Kolumnenband „Und ewig schläft das Pubertier“. Die Geschichten um familiäres Zusammenleben mit und Befindlichkeiten von Jugendlichen im Teenager-Alter strapazierten die Zwerchfelle der 600 Zuhörerinnen und Zuhörer aufs äußerste. Genau vor zehn Jahren war Jan Weiler, der frühere Chefredakteur des Magazins der Süddeutschen Zeitung und Kolumnist der „Welt“ zum ersten Mal Gast beim Eifel-Literatur-Festival, damals mit seinem Bestseller „Maria, ihm schmeckt‘s nicht!“.

Festivalleiter Dr. Josef Zierden überreichte dem Autor ein Fläschen Eifelgeist. Bild: Harald Tittel/ELF
Festivalleiter Dr. Josef Zierden überreichte dem Autor ein Fläschchen Eifelgeist. Bild: Harald Tittel/ELF

Vor zwei Jahren dann stellte er in Bitburg „Im Reich der Pubertiere“ vor und hinterließ die bleibende Erinnerung an einen durchlachten Abend. Dass er bei seinem aktuellen Auftritt in Prüm frenetisch begrüßt wird, wundert deshalb nicht. Und er bedient die freudigen Erwartungen prompt. Mit „Jo,“ – Kunstpause – „alles gut?“ – Kunstpause – „zuhause auch?“ stellt der 51jährige die Atmosphäre eines Treffens unter Freunden her, das der Erörterung von persönlichen Erfahrungen dienen soll. Seine, so erfahren die Angesprochenen im Laufe des Abends, haben derzeit etwas vom Zusammentreffen mit Naturgewalten, wie sie genau vor einer Woche Prüm heimsuchten. Denn Jan Weiler und seine Frau leben mit zwei „Pubertieren“ zusammen, genauer dem 14-jährigen Sohn Nick und der 18-jährigen Tochter Carla. Und da kann es durchaus vorkommen, dass sich Gewitter entladen, Vulkane ausbrechen oder emotionale Wellen überschlagen, die das elterliche Weltbild, ja die eigene Daseinsberechtigung grundsätzlich in Frage stellen.

Selbst in der Signierstunde ging es noch lustig zu. Bild: Harald Tittel/ELF
Selbst in der Signierstunde ging es noch lustig zu. Bild: Harald Tittel/ELF

Zum Beispiel, wenn der Sohn gemeinsam mit dem (als Autor sehr erfolgreichen) Vater eine Reportage über Günther Grass anschaut, um zu bilanzieren: „Ja, soo sieht ein richtiger Schriftsteller aus“. Oder, wenn die Tochter Papas Stern als „tollster Mann“ im ganzen Universum mit „du bist ein peinlicher Honk“ oder gar „Strolch“ und „säftelnder Sack“ vom Himmel holt. Der „Honk“ indessen lässt sich nicht unterkriegen, auch wenn er merkt, dass er nichts mehr zu melden hat. Er verfährt nach dem Motto: „Wenn du eine Zitrone hast, mach Limonade daraus“.

Seine Erlebnisse gießt er in so pointierte wie allgemeingültige Geschichten, in denen sich andere Eltern gut wiederfinden können. Manche formuliert er aus der Warte eines „Nebenerwerbs-Wissenschaftlers“, dem Versuchsleiter im Pubertierlabor. Etliche Kostproben davon liest er an diesem Abend in Prüm, nie ohne sie mit wunderbar lebendig erzählten Kultur-Clash-Anekdoten einzuleiten und zu würzen. Dabei kommt ihm ein ausgeprägtes Talent als Entertainer zugute. Mit teils verstellter Stimme, präzise artikulierter Aussprache, temporeicher Gestik und Mimik regt er das vom Wort erzeugte Kopfkino zusätzlich an. Und so bleibt nur, Tränen zu lachen, wenn auf diese Weise miterlebt werden kann, wie der Vater seine als „Kegelrobben“ auf den Sofas „chillaxenden“ Kinder zum Spaziergang bewegen will und erfährt: „Ey, Alter, ich habe Wasser in den Beinen“. Oder wenn das großspurig angesagte Vorhaben des 14-jährigen Sohns, am Wochenende „ein paar Chicks klarzumachen“, in kindlicher Gehemmtheit und Sprachlosigkeit dem anderen Geschlecht gegenüber versandet.

Jan Weiler versteht es, seine Texte auch mimisch bestens vorzutragen. Bild: Harald Tittel/ELF
Jan Weiler versteht es, seine Texte auch mimisch bestens vorzutragen. Bild: Harald Tittel/ELF

Zu den Höhepunkten des Abends gehört die Schilderung eines Elternabends zwecks Planung einer Klassenfahrt: Nachdem in mehr als vier Stunden die von Über-Vater und Schulelternsprecher Dattelmann festgelegten 34 Tagesordnungspunkte zu veganem Essen, Handyverbot oder rechtlichen Folgen etwaiger Schwangerschaften abgehakt sind, klärt sich endlich die Frage der Destination: Nein, es geht nicht nach Berlin, sondern nach Manderscheid! Ausgerechnet Jan Weiler hatte diesen Ort angeregt, weil es dort eine Burg, Kraterseen, eine Wachsmanufaktur und sogar ein Wacholderschutzgebiet gibt, halbherzig zwar, aber mit der Überzeugung: „Man muss sich keine Sorgen machen, dass es dort aufregend sein könnte, weil seit dem letzten Vulkanausbruch absolut nichts mehr passiert ist“. Sohn Nicks Kommentar am nächsten Tag: „Wenn ich den Arsch finde, der mir Berlin versaut hat, dann Gnade ihm Gott“. Passiert ist in Manderscheid dann doch einiges, das erzählt Weiler kurz vor den drei Zugaben, die ihm das vom Lachen gezeichnete Publikum mit stürmischem Applaus entlockt. Und passiert ist auch etwas in Prüm an diesem Abend, es hat dort ein Humorbeben gegeben

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