Von Reiner Züll Musikvereine aus Kall, Urft, Sötenich und Scheven spielten in fünf Orten der Gemeinde Kall auf und sammelten Spenden – Am Ende kamen 7217 Euro zusammen, die jetzt im Rathaus übergeben wurden
Kall – Wenn auf jemanden das Sprichwort „Jeder bekommt das Wetter, das er verdient hat“ zutrifft, dann ganz bestimmt auf die vielen Musiker, die am vierten August-Sonntag einen Konzert-Marathon im Kaller Gemeindegebiet absolvierten, um Geld für die Opfer der schlimmen Flutkatastrophe in der Nacht zum 15. Juli zu sammeln. An der fast fünfstündigen Benefiz-Tour durch die Gemeinde beteiligten sich Akteure der Kaller Musikkapelle, der Musikvereine Urft und Sötenich sowie der Bläserchor „Haste Töne“ aus Scheven.
Von 12 bis 17 Uhr musizierte das Ensemble in den von der Flut betroffenen Orten Urft, Sötenich, Scheven, Golbach und Kall. Obwohl die Meteorologen für den Sonntag starke Regenfälle angekündigt hatte, war der Wettergott den Benefiz-Musikern so gut gestimmt, dass er die Himmels-Schleusen geschlossen hielt und die Regengüsse erst zuließ, als das Konzert an der letzten Station auf dem Vorplatz der Pfarrkirche in Kall zu Ende ging.
„Wir wollen den Menschen nach der schwierigen Wochen nach der Flut einen Moment zum Abschalten bieten und ihnen mit unserer Musik ein Zeichen der Hoffnung geben“ erklärte Stefan Reinders, der Vorsitzende der Musikkapelle Kall, die Idee zum Konzert und der Spendensammlung zugunsten von Hochwasser-Betroffenen in der Gemeinde.
Zunächst war es Plan der Kaller Musiker gewesen, anstelle des erneut wegen Corona ausgefallenen Sommerfestes am 22. August an diversen Stellen im Ort Kall zu musizieren. „Wir wollten den Kallern zeigen, dass wir noch da sind“, so Reinders. Doch dann entstand im Austausch mit Bürgermeister Hermann-Josef Esser die Idee, auch andere Vereine und Orte in das Projekt einzubeziehen.
Für die Musiker aus Urft, Sötenich und Scheven war es keine Frage, der Idee zu folgen, so dass der Kaller Dirigent Peter Blum, selbst Trompeter bei der Bigband der Bundeswehr, bei den ersten Proben auf ein Ensemble von 40 Musikern verweisen konnte. Geprobt wurde „mit Abstand“ auf dem Gelände des Möbelhauses Brucker in Kall und in der Grenzlandhalle in Hellenthal, die kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. „Dafür sind wir der Gemeinde Hellenthal sehr dankbar“, lobte Stefan Reinders das Entgegenkommen der ebenfalls von der Flut schwer betroffenen Kommune an der Olef.
Um auf der Tournee durch die Gemeinde möglichst mobil zu sein, war das Schlagzeug auf einen Anhänger montiert worden. Elf Stücke spielte das gemischte Ensemble an jedem Ort. Nicht fehlen durfte das Bläck-Fööss-Lied „In unsrem Veedel“ das gerade nach der Flut und der großen Hilfsbereitschaft der Bevölkerung das besondere Gefühl des Zusammenhaltes vermittelt.
Start des Musikmarathons war am Mittag am Wohnmobilpark in Urft, wo die Spuren der Flut noch deutlich sichtbar waren. Schon bald nach Konzertbeginn wanderten die ersten Geldbeträge der Zuhörer in der Spenden-Trommel. Auch Bürgermeister Hermann-Josef Esser hatte sich von Sötenich aus zu Fuß nach Urft gemacht, um dem Start des Musik-Marathons beizuwohnen.
Ebenfalls zu Fuß, ausgerüstet mit dem Wanderrucksack, eilte Esser zum nächsten Auftrittsort der Musiker auf dem Sportplatz in Sötenich. Seine Fußmärsche seien Trainingseinheiten für den bevorstehenden Pilgermarsch mit der Blankenheimer Bruderschaft nach Trier, erläuterte der Bürgermeister, der die Musiker auch nach Scheven, Golbach und Kall begleitete.
In Sötenich sollte das Konzert eigentlich vor dem von der Flut beschädigten Bürgerhaus stattfinden. Weil das aber derzeit abgerissen wird, fand die Veranstaltung auf dem Sportplatz statt, wo sich viele Sötenicher eingefunden hatten, um die Aktion der Musiker zu unterstützen.
Auch in Scheven und Golbach hatten sich zahlreiche Bürger eingefunden, um den Musikern Respekt zu zollen und die Spenden-Trommel zu füllen. In Golbach schloss sich dem Konzert ein Dankschönfest für die vielen Fluthelfer des Ortes an.
Zum Abschluss an der Kaller Pfarrkirche hatte sich eine besonders große Menschenmenge eingefunden. Zwar zogen gegen 16.30 Uhr schwarze Wolken auf, doch der Regen setzte dann tatsächlich erst ein, als die Musiker ihr Programm beendet hatten. In allen fünf Orten erlebten die Musiker ein dankbares und zufriedenes Publikum.
Mittlerweile übergaben Stefan Reinders (Musikkapelle Kall), Werner Schreiber (Musikverein Sötenich), Reinhard Schindler (Musikverein Urft) und Georg Kathreiner (BC Haste Töne Scheven) im ebenfalls von der Flut schwer betroffenen Rathaus an Michael Heller, den allgemeinen Vertreter des Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser, einen Scheck in Höhe von 7217 Euro.
Heller bedankte sich im Namen des Bürgermeisters. Die gemeinsamen Konzerte seien auf große Resonanz gestoßen. Sie hätten das große Miteinander und den Zusammenhalt in der Gemeinde widergespiegelt. „Wenn es einem nicht gut geht, kann er durch Musik neue Kraft schöpfen“, so Michael Heller. Musikvereine seien auch in der Gemeinde Kall wichtige Institutionen. Er äußerte die Hoffnung, dass die gemeinsame Konzerttournee auch den verdienten Nachhall und die Aufmerksamkeit der Jugend finde und dringend benötigter Nachwuchs zu den Musikvereinen hingeführt werde. Von einem Nachwuchsmangel in vielen Musikvereinen berichtete Werner Schreiber vom MV Sötenich. Und auch sein Urfter Reinhard Schindler bestätigte die Schwierigkeit, junge Leute für das Musizieren im Verein zu begeistern.
Stefan Reinders, Vorsitzender der Musikkapelle Kall, berichtete als Fazit der Flutopfer-Konzerte von einer durchweg positiven Resonanz aus der Bevölkerung. Er schloss eine Wiederholung nicht aus. Allerdings, so Reinders, „dann aber zu einem weniger schlimmen Anlass“.
Die Spende der Musikvereine gehe gezielt an von der Flut betroffenen Personen, versicherte Michael Heller. Mit den bisher eingegangenen Spendengeldern habe die Gemeinde alle in Not geratene Flutopfer mit Soforthilfen bedienen können. Aber, so der allgemeine Vertreter des Bürgermeisters: „Es gibt noch besondere Härtefälle, wo weitere Hilfe nötig ist“.