Dr. Michael H. Faber berät das Museu Nacional in Rio de Janeiro

Nach Komplettzerstörung durch Brand will der ehemelige Vizedirektor des LVR-Freilichtmuseums Kommern in Brasiliens ältestes Museum auf Barrierefreiheit und Inklusion setzen

Rund 90 Prozent seiner Sammlung verlor Brasiliens Nationalmuseums in Rio de Janeiro 2018 durch einen Brand. Foto: Privat
Rund 90 Prozent seiner Sammlung verlor Brasiliens Nationalmuseums in Rio de Janeiro 2018 durch einen Brand. Foto: Privat

Rio de Janeiro/Mechernich-Kommern/Bonn – Brasiliens Nationalmuseums in Rio de Janeiro brannte 2018 bis auf seine Grundmauern nieder. Rund 90 Prozent seiner Sammlung, darunter einzigartige Kollektionen aus der Vor- und Frühgeschichte sowie alter brasilianischer Völker, fielen den Flammen zum Opfer. Jetzt berät der ehemalige Vizedirektor des LVR-Freilichtmuseum Kommern, Dr. Michael H. Faber, seine brasilianischen Kolleginnen und Kollegen im Bereich einer der Kernaufgaben beim Wiederaufbau: Barrierefreiheit und Inklusion. Hierzu war Faber als amtierender Präsident des Fachkomitees für Medien der UNESCO-Organisation „Internationalen Museumsrat“ (ICOM) in Rio de Janeiro beauftragt worden. Das vom Goethe-Institut fördert den Wiederaufbau des Museums.

Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit zwischen Faber und den brasilianischen Kollegen stehe die Eignung und Bedeutung digitaler Medien für den Abbau von Barrieren für Menschen mit spezifischen Einschränkungen und Bedürfnissen, aber auch den Einsatz etwa von Sozialen Medien für die Kommunikation und aktive Integration Angehöriger marginalisierter Bevölkerungsgruppen in die Museumsarbeit so Michael Faber: „Menschen aus allen Teilen der brasilianischen Gesellschaft von Anfang an in die Mitgestaltung des neuen Museums aktiv einzubeziehen, ist ein Ziel, das allerhöchste Anerkennung verdient. Denn das ist in der Museumswelt leider durchaus noch nicht Standard. Und es ist eine unglaubliche Herausforderung, dazu Menschen zu gewinnen, die in den Favelas, den Armutsvierteln leben oder sich als Angehörige der etwa am Amazonas lebenden Naturvölker der Bedrohung ihrer Existenz ausgesetzt sehen.“ Denn warum sollten gerade diese Menschen mit einem Museum kooperieren, dass in portugiesischer Kolonialzeit gegründet worden ist? Es werde darum gehen, wie das Museum solche Menschen überhaupt erreichen kann und wie auf Augenhöhe zusammengearbeitet werden kann.

Kulturwissenschaftler Dr. Michael H. Faber hat als Vizedirektor des LVR-Freilichtmuseum Kommern besonders das Veranstaltungsprogramm des Museums geprägt. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Kulturwissenschaftler Dr. Michael H. Faber hat als Vizedirektor des LVR-Freilichtmuseum Kommern besonders das Veranstaltungsprogramm des Museums geprägt. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

In der vergangenen Woche fand hierzu ein erster, mehrtägiger Online-Workshop statt, an dem rund 30 Kolleginnen und Kollegen des Nationalmuseums teilnahmen, aber auch Repräsentanten der verschiedenen Zielgruppen. So lieferten Experten wichtige Impulse, die selbst sehbehindert oder hörgeschädigt sind oder aber einer marginalisierten Bevölkerungsgruppe angehören. Beiträge kamen auch von Kollegen des Staatlichen Museums für Naturkunde Karlsruhe, das mit dem Museu Nacional kooperiert und des Historischen Archivs der Stadt Köln, das mit seinem Einsturz 2009 eine vergleichbare Katastrophe erleben musste wie später das Museum in Rio. Auch das Archiv setze bei seinem Wiederaufbau wegweisend auf Barrierefreiheit.

Faber hatte zu diesem Workshop die Impulse gegeben, seine Kollegen in Rio hatten ihn organisiert, mit Gebärdendolmetscher und mit allen „Werkzeugen“ für eine barrierefreie internationale Kommunikation. „Die Beiträge gerade von Repräsentanten der afroamerikanischen Gesellschaft, der Favela-Bevölkerung und auch der indigenen Völker waren anregend und auch fordernd“, resümiert Faber: „Aus den Ergebnissen lässt sich jetzt ein Master-Plan zur Barrierefreiheit und Inklusion entwickeln.“

Dr. Michael H. Faber, Jahrgang 1953, ist Kulturwissenschaftler, Landesmuseumsdirektor i. R. und war bis 2018 im LVR-Freilichtmuseum Kommern tätig. Dort sah er seine wesentliche Aufgabe darin, das „Häuser-Museum“ zu einem „Menschen-Museum“ zu entwickeln. Faber ist Mitbegründer (1992) des Internationalen Komitees für audiovisuelle Medien, neue Technologien und soziale Medien (AVICOM) im Internationalen Museumsrat der UNESCO „International Council of Museums“ (ICOM). In mehreren Amtszeiten war er dessen Vizepräsident und ist seit 2019 dessen Präsident. Darüber hinaus ist er Fachberater des deutschen National-Komitees von ICOM im Bereich „Safety and Security of Museums“. Faber lebt in Bonn.

(epa)

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