„Ihr habt mein Leben verbessert“

Vom Bahnhof Prien am Chiemsee geht es ab nach Hause: Andy (im Rollstuhl) mit seinen Eltern Paola und Patricio Castro (rechts), dem Bruder Donito (2.v.l.), der Betreuerin Christel Wenzel (links) und deren Enkelkind (vorne links). Foto: Hilfsgruppe Eifel/Wenzel
Vom Bahnhof Prien am Chiemsee geht es ab nach Hause: Andy (im Rollstuhl) mit seinen Eltern Paola und Patricio Castro (rechts), dem Bruder Donito (2.v.l.), der Betreuerin Christel Wenzel (links) und deren Enkelkind (vorne links). Foto: Hilfsgruppe Eifel/Wenzel

Andy aus Ecuador hat sich nach zwölfjähriger Therapie in Aachen und Aschau bei der Hilfsgruppe bedankt – Bei der Geburt waren seine Arme und Beine verkrüppelt

Kall/Riobama/Ecuador – Zwölf Jahre lang hat das Schicksal des schwer behinderten und inzwischen 16-jährigen Jungen Andreas Castro aus Ecuador die Mitglieder der Hilfsgruppe Eifel bewegt. Über die ganzen Jahre hinweg hat die Hilfsgruppe mit rund 100.000 Euro auch die zahlreichen Operationen und Therapien des Jungen in Deutschland mitfinanziert. Beim jüngsten Monatstreffen verlas Hilfsgruppen-Vorsitzender Willi Greuel einen rührenden Dankesbrief des Jungen, der mit seiner Mutter Paola nach mehrmaligen Behandlungen in Kliniken in Aachen und Aschau/Chiemgau jetzt wieder nach Ecuador zurückgekehrt ist.

Im Jahr 2009 wurde die Hilfsgruppe erstmals auf das Schicksal des damals dreijährigen Kindes aus Riobama aufmerksam, als der pensionierte Mediziner Ludwig Holstiege aus Bremen und die selbst gehandicapte Christa Wenzel aus Disternich, die in der Zülpicher Innenstadt eine Reiki-Oase betreibt, Sponsoren für die Therapierung des kleinen Jungen suchte, der von Geburt an verkrüppelte Arme und Beine hatte. Christa Wenzel hatte mit dem im Aachener Franziskus-Hospital tätigen Chirurgen Dr. Michael Becker einen Operateur gefunden, der bereit war, den kleinen Andreas kostenlos zu behandeln.

Andy war im Verlauf der Jahre mehrmals im Kaller Schuhhaus Esser zu Gast. Orthopädie-Schuhmachermeister Rolf Esser (links) machte dem kleinen Jungen die Spezialschuhe, die er wegen des Wachstumes in Abständen brauchte, kostenlos. Foto: Reiner Züll
Andy war im Verlauf der Jahre mehrmals im Kaller Schuhhaus Esser zu Gast. Orthopädie-Schuhmachermeister Rolf Esser (links) machte dem kleinen Jungen die Spezialschuhe, die er wegen des Wachstumes in Abständen brauchte, kostenlos. Foto: Reiner Züll

Dr. Becker war damals einer der wenigen Spezialisten, die die Kunst beherrschten, Sehnen, Muskeln und sogar Nervenstränge zu verpflanzen. Christel Wenzel war selbst nach einem schweren Unfall zur Verpflanzung von Muskeln und Sehnen von Becker operiert worden. Sie hatte den Aachener Chirurgen kontaktiert und bei der Hilfsgruppe angeklopft, und um Unterstützung für Andy Castro gebeten. „Da zu helfen war für uns keine Frage“, so Hilfsgruppen-Chef Willi Greuel heute über den Erfolg der Aktion.

Um Andreas zu therapieren, wurden mehrere Operationen durch Michael Becker erforderlich. Weil der Chirurg den Jungen kostenlos operierte, fielen nur Krankenhauskosten an. Doch auch die konnte die Familie von Andreas nicht aufbringen. In der Hoffnung, dass der Dreijährige seine Arme und Beine irgendwann mal normal bewegen könne, sagte die Hilfsgruppe die Absicherung der Finanzierung für die Operationen und Therapien zu, wobei klar abzusehen war, dass sich die Behandlung über Jahre hinweg ziehen werde. Auch Dr. Ludwig Holstiege setzte seine Spendenaufrufe in seiner Bremer Heimat erfolgreich fort.

Im Kinderrollator lernte Andy 2011 das Laufen. Danach erfolgten in zehn Jahren weitere Operationen. Jetzt ist Andy wieder zuhause in Ecuador. Foto: Hilfsgruppe Eifel
Im Kinderrollator lernte Andy 2011 das Laufen. Danach erfolgten in zehn Jahren weitere Operationen. Jetzt ist Andy wieder zuhause in Ecuador. Foto: Reiner Züll .

In den Folgejahren hielt sich Andy, wie der Junge schon bald in der Eifel genannt wurde, mit seiner Mutter Paola mehrere Monate fernab von Vater Patricio und Bruder Donito in Deutschland auf. Mit der Hilfsgruppe traf er erstmals im Mai 2010 zusammen, als er mit seiner Mutter, Dr. Ludwig Holstiege und der selbst gehandicapten Christel Wenzel aus Disternich ein Fest in Kommern besuchte.

Trotz zahlreicher Operationen, die sich über Jahre hinweg in Aachen und Aschau hinzogen, erwies sich Andy immer als tapferer Patient. Ihm wurden in Aachen Muskeln aus den Beinen in die Arme verpflanzt, In Aschau wurden die Fehlstellungen der Beine durch mehrere Operationen korrigiert. „Es ist geschafft, er kann gehen“, berichtete der „Kölner Stadt Anzeiger“ am 11. November 2011, nachdem Andy in der Kinder-Orthopädie in Aschau mit Hilfe eines Kinder-Rollators die ersten Schritte getan hatte.

Weil der Junge im Wachstum war, musste er in regelmäßigen Abständen neue Spezialschuhe bekommen. Hier konnte sich die Hilfsgruppe auf die Unterstützung des Kaller Orthopädie-Schuhmachermeisters Rolf Esser verlassen, der die Schuhe für Andy kostenlos herstellte. Dabei war genaues Messen erforderlich, weil der rechte Fuß von Andy größer ist als der linke.

Seit zwöf Jahren verbindet Andy Castro aus Ecuador und Christel Wenzel aus Disternich eine dicke Freundshaft . Foto: Hilfsgruppe Efel/Wenzel
Seit zwöf Jahren verbindet Andy Castro aus Ecuador und Christel Wenzel aus Disternich eine dicke Freundshaft . Foto: Hilfsgruppe Efel/Wenzel

Doch Andy hat in Deutschland nicht nur Laufen und den Gebrauch seiner Hände gelernt.  Schnell erlernten er und Mutter Paola die deutsche Sprache. Schon als Siebenjähriger beherrschte Andy auch das Eifeler Platt in Perfektion. Das hat er von Christa Wenzel gelernt, bei der er und seine Mutter zeitweise gewohnt haben, wenn nicht gerade Operationen in Aachen oder Aschau anstanden. Andys Lieblingswort auf Platt ist Bottermelchs-Bonnezupp  (Buttermilch-Bohnensuppe) oder auch die Klage „Ich han Koppeng“ (Ich habe Kopfschmerzen) beherrscht er in perfektem Eifeler Platt.

Zwölf Jahre lang hat Christa Wenzel alle Operationen und Therapien des Jungen in Aachen und Aschau begleitet und selbst viel Zeit und Geld investiert. In dieser Zeit entstand eine tiefe Freundschaft zwischen Christel Wenzel und der Familie in Ecuador. Nach zahlreichen Operationen in Aachen und Aschau und der erfolgreichen letzten Behandlung am Chiemsee ist Andy jetzt endgültig in seine Heimat Ecuador zurückgekehrt. Von dort hat er sich bei Willi Greuel und der Hilfsgruppe für die langjährige Hilfe gedankt. Andy schreibt in guter deutscher Handschrift:

„Danke für dieses wunderbare Geschenk": Nach seiner Rückkehr in die Heimat schickte Andy Castro eine rührende Botschaft an die Hilfsgruppe, in der er sich für die zwölf Jahre andauernde Unterstützung bedankt. Foto: Reiner Züll
„Danke für dieses wunderbare Geschenk“ Nach seiner Rückkehr in die Heimat schickte Andy Castro eine rührende Botschaft an die Hilfsgruppe, in der er sich für die zwölf Jahre andauernde Unterstützung bedankt . Foto: Reiner Züll

„Lieber Willi, ich möchte dir und der Hilfsgruppe Eifel danken für die Möglichkeit die du mir gegeben hast, mein Leben zu verbessern. Vor 12 Jahren konnte ich sehr wenige Dinge tun und jetzt nach einem langen Weg mit vielen Höhen und Tiefen kann ich kurze Strecken gehen und mehr Dinge alleine erledigen. Ohne dich wäre das alles nicht möglich gewesen. Danke für dieses wunderbare Geschenk, das mein Leben verändert hat und das ich nie vergessen werde. Wir schließen vielleicht ein Kapitel ab und dies ist vielleicht mein letztes Mal in Deutschland, aber ich bin mir sicher, dass wir uns wiedersehen werden. Jetzt kann ich nur noch sagen, vielen Dank für die Hilfe, die ihr mir gegeben habt. Bis zum nächsten Mal Freund. Liebe Grüße Andy und Familie aus Ecuador“.

Bei der Hilfsgruppe Eifel ist die Freude groß, dass man dem Jungen aus Südamerika über diese lang Zeit habe helfen können. „Wir haben das der Familie vor zwölf Jahren versprochen, und wir haben unser Versprechen gehalten“, so Willi Greuel.

Er sei froh, dass die Familie nach meist  fünfmonatiger Trennung wieder in Ecuador zusammen sei, und durch die erfolgreiche Therapierung von Andy eine große Sorge weniger habe. Der jetzt 16-Jährige sei in seinem Heimatland ein erfolgreicher Schachspieler und Mutter Paola nutze ihre hier erlernte deutsche Sprache als Dolmetscherin. Greuel: „Erfolgreicher kann man eine Hilfsaktion nicht abschließen; da hat sich unser Engagement mehr als gelohnt“.  (Reiner Züll/epa)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

zehn + acht =