Der Name der neuen CD des Susanne Riemer Duos ist nicht nur dem Zeitgeist geschuldet, sondern er ist auch Programm: „unverpackt“, heißt die neue Scheibe und kommt exakt so daher, nämlich ohne Einschweißfolie und ohne Jewel-Case, ganz in recyclebarer Pappe, wenn man mal von der CD selbst absieht. Doch auch wenn die „Frischhaltefolie“ fehlt, so zeichnen sich die elf auf dieser Veröffentlichung versammelten Stücke doch keinesfalls durch ein herabgesetztes Mindesthaltbarkeitsdatum aus, dafür ist der musikalische Anspruch zu hoch, mit dem sich das Duo mit Leichtigkeit von den rasch verderbenden Massenprodukten der Kulturindustrie abhebt.
Denn auch die Musik selbst zeigt sich ganz unverpackt, sprich: ohne die technischen Möglichkeiten eines modernen Tonstudios, mit denen man heute musikalische Zwerge zu Riesen der Popkultur aufblasen kann. Bis auf ein Instrumentalstück, wo das „Overdubbing“ quasi der Kompositions-Clou ist, indem Susanne Riemer mit ihren Instrumenten zu einem kompletten Beerdigungs-Blasorchester mutiert, wurden alle Stücke live in den Hansahaus Studios in Bonn unter den bewährten Händen von Klaus Genuit am Mischpult eingespielt.
Zuweilen klingt es dennoch so, als ob da mindestens vier Musiker im Studio gesessen haben müssten. Dies liegt jedoch nur daran, dass Susanne Riemer nicht nur für Gesang, Trompete, Flügelhorn und Euphonium zuständig ist, sondern ihr Duopartner Wilhelm Geschwind mit seinem Gitarren-Bass-Hybrid quasi zwei Instrumente gleichzeitig spielt und dazu noch dank Fußpercussion seine eigene Rhythmusgruppe bildet. Beide Musiker, die bereits eine lange erfolgreiche Karriere hinter sich haben, spielen seit 2017 zusammen, haben zuletzt Kinderkonzerte in der Philharmonie Köln gegeben, eine sehr erfolgreiche Benefiz-Tour für die Kinderkrebshilfe Eifel unternommen und waren mit ihren vergangenen beiden CDs „Ton in Ton“ und „Brot und Seele“ für den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ nominiert.
Die Musik des Duos zu beschreiben, ist, wie bei allem, was mit Hörgewohnheiten bricht, nicht leicht. Susanne Riemer hat sich gewissermaßen einen Gesang erarbeitet, der ein wenig so klingt, als ob ihr Flügelhorn plötzlich qua Pfingstwunder zur Sprache gekommen wäre. Und so ein Flügelhorn kümmert sich, weiß Gott, nicht um Versmaß oder Reim, sondern versteht es, selbst einen so unlyrischen Vers wie „Kartoffelsalat, das Peeling mit Zitrone und Salz vom Toten Meer“ auf eine Weise zu paraphrasieren, das er plötzlich zu schwingen beginnt. Egal, ob aus der Damensauna berichtet wird, von den Problemen einer Fahrradfahrerin, dem Kauf neuer Schuhe, über Cybersex, oder ob gar ein alter Willi-Ostermann-Klassiker eine Neuinterpretation erfährt, selbst das Kurioseste und Alltäglichste wird über die Art und Weise seiner musikalischen Darstellung zum Neuartigen, das aufhorchen lässt. Lyrische Gitarrensounds, Grooves zum Mitwippen, überraschende Tempowechsel: Das Duo hat offensichtlich Spaß bei der Arbeit, und die liebevollen Arrangements wirken bis in die feinsten Strukturen hinein ausgeklügelt, obwohl fast alle Stücke gleichzeitig eine Leichtigkeit atmen wie ein schöner Sommerabend.
Und wen das noch nicht überzeugt, dem sei gesagt, dass die CD quasi als Zugabe eine ganze Reihe von Zeichnungen der Eifeler Künstlerin Anna Stelloh enthält, die, ähnlich wie die Stücke des Duos, ohne Overdubs aus fast nur einem Strich gearbeitet sind.
Wer das Duo live und unverpackt erleben möchte, der sei auf das Konzert am 16. September, 20 Uhr (Einlass 19 Uhr) im Alten Casino, Kaplan-Kellermann-Straße 1, in Euskirchen hingewiesen.
Die neue CD gibt es ab Montag unter diesem Link: https://www.jazz-trompeterin.de/menu/cd-shop/
Susanne Riemer Duo: unverpackt DMG 54.218254.2
Eifeler Presse Agentur/epa