„Boros“ letzte Schülerfahrt

Der beliebte Busfahrer wurde nach 52 Jahren am Steuer mit großen Emotionen von „seinen“ Kindern verabschiedet – Dankesbriefe, Lob und Tränen – Auch der Kaller Bürgermeister Herman-Josef Esser sowie drei Grundschullehrerinnen fuhren einst als Schüler mit Radovic im Bus

„Der immer früh aufsteht; der immer in den Spiegel schaut; der sicher fährt und der Kinder liebt“, steht auf der Plakette, die Boro in Golbach geschenkt bekam. Foto: Reiner Züll
„Der immer früh aufsteht; der immer in den Spiegel schaut; der sicher fährt und der Kinder liebt“, steht auf der Plakette, die Boro in Golbach geschenkt bekam. Foto: Reiner Züll

Kall – Als Elternsprecher Christian Schütten am Morgen des letzten Schultages vor den Sommerferien den Grundschulkindern an der Bushaltestelle in Golbach die Frage stellte, wer der beste Schulbusfahrer der Welt ist, ertönte es aus allen Kinder-Kehlen: „Boro, Boro“. Es war an diesem Freitag das letzte Mal, dass der inzwischen 75-jährige Busfahrer Borisav Radovic, in der Eifel nur als „Boro“ bekannt, die Kinder zur Grundschule nach Kall chauffierte.

Und diese letzte Fahrt mit Lieblingsbusfahrer Boro wollten die Eltern der 21 Grundschulkinder aus Golbach nicht so ganz lautlos vonstattengehen lassen. Als der 75-jährige Inhaber des Kaller Unternehmens „Boro-Reisedienst“ kurz vor acht Uhr morgens, von Obergolbach kommend, die Haltestelle an der Kapelle in Untergolbach anfuhr, erlebte er eine recht emotionale Überraschung.

Am letzten Tag vor den Sommerferien erwarten Kinder in Untergolbach den Schulbus mit "ihrem" Fahrer Boro, "dem besten Schulbusfahrer der Welt", wie die Kinder ihn nannten. Foto: Reiner Züll
Am letzten Tag vor den Sommerferien erwarten Kinder in Untergolbach den Schulbus mit „ihrem“ Fahrer Boro, „dem besten Schulbusfahrer der Welt“, wie die Kinder ihn nannten. Foto: Reiner Züll

Kinder hatten die Straße mit einem rot-weißen Trassenband abgesperrt. Und ehe die Fahrt weiter nach Kall ging, bat Elternsprecher Christian Schütten Boro zum finalen Gruppenfoto mit den Kindern. Die übergaben dem treuen Chauffeur ein großes Bild mit allen Golbacher Grundschulkindern. „Das haben wir mit Boro am Kirmesmontag aufgenommen, als alle Kinder komplett waren“, berichtete Schütten. Der übergab Boro außerdem ein von allen Kindern unterschriebenes Dankesschreiben der Eltern und eine Plakette mit der Inschrift: „Der immer früh aufsteht; der immer in den Spiegel schaut; der sicher fährt, und der Kinder mag – Bester Schulbusfahrer“.

Viele Kinder schrieben Boro einen Dankesbrief zum Abschied. Foto: Reiner Züll
Viele Kinder schrieben Boro einen Dankesbrief zum Abschied. Foto: Reiner Züll

„Wir und die Kinder werden Dich vermissen“, sagte Christian Schütten, während Boro die Tränen kamen, als er jedes Kind herzlich umarmte. Fr ihn seien alle wie seine eigenen Kinder gewesen. Er berichtete, dass er schon die Eltern von heutigen Grundschulkindern einst zur Schule gefahren habe. Das weiß auch Christian Schütten, der damals als Kind die Grundschulkinder aus Sötenich beneidet habe, dass sie mit Boro zur Schule fahren durften.

Sogar drei Lehrerinnen, die heute Grundschulkinder in der Gemeinde Kall unterrichten, sind als Kinder von Boro zur Schule gefahren worden. Und auch der Kaller Bürgermeister Herman-Josef Esser ist als Blankenheimer Schüler mit Busfahrer Boro auf Klassenfahrt nach Frankreich gereist.

„Boro ist nicht nur ein Busfahrer, er war genauso Kummerkasten wie Motivator; einfach ein Mensch mit Herz und Seele“, so Christian Schütten in Golbach: „Er sorgte bei den Kindern schon zum Tagesbeginn für gute Laune“.

Wie beliebt Busfahrer Boro war, zeigten die vielen Dankesschreiben von Kindern und Eltern, die auf dem Armaturenbrett lagen. So bedankte sich ein Kind dafür „dass sie uns manchmal Süßigkeiten gegeben haben“. Und so war es nicht verwunderlich, dass den Kindern der Abschied nicht leichtfiel. „Kinder aus Steinfeld haben geweint, als ich mich von ihnen verabschiedet habe“, so der beliebte Busfahrer.

Alle Golbacher Grundschüler wollten Busfahrer Boro zum Abschied ein letztes Mal drücken. Foto: Reiner Züll
Alle Golbacher Grundschüler wollten Busfahrer Boro zum Abschied ein letztes Mal drücken. Foto: Reiner Züll

52 Jahre lang hat Boro Schüler im Schleidener Tal zur Schule chauffiert.  Bis er sich vor 45 Jahren mit seinem Unternehmen „Boro-Reisedienst“ selbstständig machte, hatte er bereits sieben Jahre für das Schleidener Unternehmen Dardenne Bus gefahren. Seit seiner Selbständigkeit fuhr er den Schulbusverkehr zunächst für die Post, dann für die Bahn und zuletzt für die RVK, die sich am letzten Schultag ebenfalls von ihrem Lieblingsfahrer verabschiedete.

An der Golbacher Haltestelle wurde das Abschiedsfoto geschossen, bevor Boro mit den Kindern seine letzte Fahrt nach Kall antrat. Foto: Reiner Züll
An der Golbacher Haltestelle wurde das Abschiedsfoto geschossen, bevor Boro mit den Kindern seine letzte Fahrt nach Kall antrat. Foto: Reiner Züll

Jetzt ist Boro froh, dass er morgens nicht mehr so früh aufstehen muss. Auf seine 52-jährige Zeit als Schulbusfahrer mit hoher Verantwortung schaut er indes „glücklich und zufrieden“ zurück. Es habe nie Ärger mit Kindern, mit Eltern, der Schule oder der RVK gegeben. Und auch von Unfällen sei er, trotz mehr als 1,5 Millionen gefahrenen Kilometern, gottlob verschont geblieben.

So ganz zur Ruhe setzen will sich Boro noch nicht und seinen Reisedienst noch ein oder zwei Jahre leiten, bis er einen Nachfolger gefunden hat, der sein Unternehmen übernehmen will. Bisher sei seine Suche nach Interessenten allerdings erfolglos geblieben.      (Reiner Züll/epa)

 

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