Konzert „Echoes Of The Moment” der beiden in London lebenden persischen Meistermusiker Pouyan Biglar und Ali Nourbakhsh begeisterte das Publikum – Standing Ovation für meditative Darbietung mit Kraft in der Ruhe
Köln/Mechernich – Andächtige Stille prägte die Lutherkirche in der Kölner Südstadt, als zwei Musiker den sanft beleuchteten Altarraum betreten. Sie ziehen ihre Schuhe aus, begrüßen lächelnd und schweigend das Publikum und setzen sich auf Kissen, die auf dem großen persischen Teppich liegen, umgeben von Blumen und Kerzen. In sich ruhend und mit geschlossenen Augen warten die beiden Meister ihrer Instrumente, bis der richtige Moment gekommen ist, die Saiten der persischen Tar erklingen zu lassen. Zuerst perlen zarte, einzelne Töne durch den Kirchenraum, dann verdichtet sich die Tonfolge zu einer meditativen Melodie. Schließlich gibt die persische Rundtrommel Tonbak einen schwebenden Rhythmus dazu, erst leise, dann stetig komplexer und lauter werdend, bis die Finger des Trommlers über das gespannte Naturfell und den Korpus fliegen. Ein ganzes Trommelensemble scheint plötzlich im Raum zu sein. Die Musik wird wieder etwas ruhiger, bis eine tragende, sonore Stimme persische Gedichte dazu singt.
Was das zahlreich erscheinende, bunte Publikum von Kindern bis Senioren, mit einer Vielfalt von Augenfarben und Hautteints, so begeistert und in einen tief gehenden, ruhigen Bann zieht, sind die beiden in London lebenden Künstler Pouyan Biglar und Ali Nourbakhsh. Die in Mechernich Satzvey ansässige Blausalz-Gourmet GmbH hatte die gebürtigen Perser eingeladen, ihre hohe Kunst der Improvisation klassischer persischer Musik nach Köln zu bringen. Wie gut es gelingen kann, abendländische und morgenländische Kultur zu einer nahrhaften Begegnung mit tiefem gegenseitigen Respekt und Verständnis zu bringen, wurde deutlich hörbar, als im zweiten Teil des Konzerts die Kirchenglocken zu läuten begannen. Intuitiv passte Pouyan Bigla, einer der besten Tar-Spieler seiner Generation, die Melodie so an, dass sie perfekt zum Grundlang der Glocken schwang.
„Musik bedeutet für mich alles“, berichtet Pouyan Biglar nach dem Konzert. Auf der Bühne zu spielen, schaffe Verbindungen wie ein Daten-Kabel – zu seinem Musikerkollegen Ali Nourbakhsh in tiefem Verständnis von Musik und Emotion, aber auch zum Publikum, zur Natur, zu Gott. Hinter allem steht die Liebe zur gesamten Schöpfung. Auch wenn man die gesungenen Worte nicht versteht, die Musik sei eine universelle Sprache, die direkt zum Herzen führt und in meditative Ruhe führen kann. Denn alles sei eins, so Pouyan Biglar. „Echoes Of The Moment“ lautete der Titel des Konzerts, und diesen Echos konnten die Zuhörenden nachspüren, mit welchen Namen auch immer sie ihren Gott ansprechen, ob mit Herr, Choda, Allah, Elohim oder Jah, ob er oder sie in der Vorstellung weiß, braun oder schwarz ist.
Die Gedichte des Gelehrten und Mystikers Dschalal ad-Din Rumi (1207–1273) inspirieren bis heute in ihrer existenziellen Wahrheit, weshalb zu Beginn des Konzerts ein Gedicht von Rumi zuerst in Deutsch, dann in Persisch vorgetragen wurden. Im zweiten Teil des Konzerts wechselte Pouyan Biglar zur Setar, die er ebenso meisterhaft beherrscht wie die Tar. Biglar hat bei iranischen Meistermusikern wie Daryoush Talaei und Mohamadreza Lotfi studiert, hat einen Abschluss vom Musikkonservatorium von Teheran und einen Master in Musik von der Universität Teheran. Derzeit absolviert er einen Master in Ethnomusikologie an der SOAS University in London. Er gewann den Preis „Album des Jahres“ des Iranian House of Music. Seit seinem Umzug nach Großbritannien arbeitet er mit einer Reihe von Orchestern zusammen, darunter mit den Duisburger Philharmonikern und dem London Philharmonic Orchestra.
Ali Nourbakhsh tauschte nach der Pause die Tonbak gegen die persische Rahmentrommel Daf und ließ in einem Solo einem mitreißenden Beispiel seiner enormen Fingerfertigkeit freien Lauf. Als Session-Musiker hat er an vielen Projekten mitgewirkt, darunter Musik für einen mit einem BAFTA-Award ausgezeichneten Film und Zusammenarbeit mit dem BBC Symphony Orchestra. Nach seinem Umzug nach London erweiterte er seine Fähigkeiten unter anderem am westlichen Schlagzeug und spielt auch Jazz. Neben seiner Lehrtätigkeit hat Ali Nourbakhsh eine Reihe von Bands gegründet, die bei weltberühmten Festivals auftreten und durch Europa und Nordamerika touren.
Die Reihe in der Lutherkirche mit kulturellen Glanzstücken wird von „Blausalz Gourmet“ auch im kommenden Jahr fortgesetzt. So ist für den 18. Januar der persische Meistermusiker Davood Azad angekündigt. Er wurde als erster iranische Dozent an die Universität Oxford eingeladen, um Vorlesungen über iranische Musik zu halten. In seinem Heimatland füllt Azad mit seiner klassischen, hochspirituellen persischen Musik Philharmonie-Konzertsäle mit 10.000 Zuhörenden.