Langer Rhetoriksonntag im Hermann-Josef-Kolleg Steinfeld

Zehn junge Leute nahmen am 4. Rhetorik-Wettbewerb der beiden Rotary Clubs des Kreises Euskirchen teil – Kreissparkasse Euskirchen sponserte den Wettbewerb – Dreiköpfige Jury analysierte und bewertete die Redekünste

León Oechsle (CFG) ging als Sieger des Rhetorik-Wettbewerbs hervor. Marla Kroll (HJK) (rechts) landete auf dem zweiten Platz, und Meike Krupp von der Marienschule Euskirchen sicherte sich Platz drei. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
León Oechsle (CFG) ging als Sieger des Rhetorik-Wettbewerbs hervor. Marla Kroll (HJK) (rechts) landete auf dem zweiten Platz, und Meike Krupp von der Marienschule Euskirchen sicherte sich Platz drei. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Kall-Steinfeld – Zu Hause vorm Badezimmerspiegel mag eine Ansprache an ein imaginiertes Publikum ja noch recht überzeugend gelingen, aber wenn man einem echten Auditorium gegenübersteht, dann zeigt sich erst, ob man wirklich zum Sprecher geboren wurde. Die zehn jungen Leute, die sich am Sonntagmorgen in der Aula des Hermann-Josef-Kollegs in Steinfeld trafen, hatten offensichtlich keine Probleme damit, auch vor einer größeren Menschenmenge samt dreiköpfiger Jury einen Vortrag zu halten. Ihre Nervosität hatten sie im Griff, ihr professionelles Auftreten bestens einstudiert, und selbst ein kleiner Bühnensturz – der Alptraum aller Redner – konnte sie nicht aus dem Konzept bringen. Krönchen richten, weiter reden, lautete die Devise.

Frank Weimbs, der den Rhetorik-Wettbewerb – in diesem Jahr erstmals vom Rotary-Club Euskirchen-Burgfey und dem Partnerclub aus Euskirchen ausgetragen – zum wiederholten Mal moderierte, berichtete, dass die Vorbereitungsphase in diesem Jahr recht kurz gewesen sei. Um nicht weiterhin, wie in den vergangenen Jahren, den Wettbewerb inmitten der Abiturvorbereitungszeit auszutragen, habe man den entscheidenden Distriktwettbewerb bereits auf den 20. Januar gelegt. „Das hat uns alle etwas überrascht und zwingt uns zur Improvisation“, so Weimbs.

Am Ende konnten alle Teilnehmer, Ausrichter und die Jury zufrieden sein, dass sich so viele junge Leute bereitgefunden hatten, am Rhetorik-Wettbewerb teilzunehmen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Am Ende konnten alle Teilnehmer, Ausrichter und die Jury zufrieden sein, dass sich so viele junge Leute bereitgefunden hatten, am Rhetorik-Wettbewerb teilzunehmen. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Doch trotz der gebotenen Eile schickten mehr Schulen ihre Rhetoren ins Rennen als zuvor. Frank Weimbs erinnerte in seiner Ansprache daran, dass der Rhetorikwettbewerb nur eines von vielen Projekten sei, die die mehr als 35.000 Rotary-Clubs mit ihren 1,2 Millionen Mitgliedern weltweit veranstalteten. Durch das Fördern der Redekunst möchte der Club zur Persönlichkeitsbildung junger Leute beitragen und ihnen damit einen Schlüssel zum beruflichen und auch privaten Erfolg an die Hand geben.

Über die Redekünste der jungen Leute wachte eine dreiköpfige Jury, bestehend aus Helmut Lanio, vier Jahrzehnte für das Medienhaus Weiss tätig, der Sopranistin Sieglinde Schneider, die auch mit Schauspielern, Moderatoren, Rundfunksprechern, Führungskräften, Musikern und Sängern an deren Stimmbildung arbeitet, sowie Viola Alvarez, Schriftstellerin und in der Managemententwicklung tätig. Die Schülerinnen und Schüler mussten ein Thema eigener Wahl frei vortragen und dafür einen Anlass oder eine fiktive Veranstaltung wählen, in der die Rede gehalten werden sollte. Bewertet wurden sachliche Korrektheit und logischer Aufbau sowie Zuhörerorientierung und Überzeugungskraft. Aber auch für die Originalität des Vortragsstils, für das Sprachniveau und die Aussprache gab es Punkte.

Sieglinde Schneider (v.l.), Helmut Lanio und Viola Alvarez hatten es nicht leicht, die jungen Rhetoren zu bewerten. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa
Sieglinde Schneider (v.l.), Helmut Lanio und Viola Alvarez hatten es nicht leicht, die jungen Rhetoren zu bewerten. Bild: Michael Thalken/Eifeler Presse Agentur/epa

Nach knapp vier Stunden Vortragsmarathon und einem Mittagessen im Kloster standen schließlich die Sieger fest: Auf dem ersten Platz landete der 18-jährige León Oechsle aus Heimbach mit seinem Thema: „Der Blick hinters Scheunentor, Reisen als Weg in die Zukunft.“ Jurysprecherin Viola Alvarez betonte vor allem das überzeugende und stimmige Gesamtkonzept, den narrativen Aufbau und den guten Spannungsbogen des Vortrags. León Oechsle, der das Bischöfliche Clara-Fey-Gymnasium (CFG) in Schleiden besucht, erhielt 400 Euro und darf im Januar am Distriktfinale teilnehmen.

Der zweite Platz ging an die erst 16-jährige Marla Kroll, die einen höchst engagierten Vortrag unter dem Titel „Öffnet eure Schubladen!“ hielt, in dem sie sich für mehr Individualität aussprach. Denn in Wahrheit wollten die Menschen gar nichts Besonders sein, so Kroll, da ihre Stereotypien ihnen doch die größte gesellschaftliche Sicherheit böten. Die Jury lobte denn auch die hohe Originalität und das gelungene Gegenkonzept zum Schubladendenken. Marla Kroll vom Hermann-Josef-Kolleg (HJK) Steinfeld erhielt 250 Euro.

Der mit 150 Euro dotierte dritte Preis ging an Meike Krupp von der Marienschule Euskirchen. Die 16-Jährige thematisierte das Thema Gleichberechtigung im Fußball. Die Jury lobte, dass sie ein sehr kontroverses Thema zu einem versöhnlichen Ende geführt und ihre eigene Erfahrungswelt verarbeitet habe.

Die drei Erstplatzierten gewannen zudem die Teilnahme an einer dreigliedrigen Rhetorikschulung, die von Jurymitglied Viola Alvarez abgehalten wird. Weiterhin erhielt das CFG als Schule des Siegers 500 Euro für die Finanzierung von Sachmitteln.

Gewissermaßen auf dem gemeinsamen vierten Platz, der ebenfalls mit einer finanziellen Anerkennung verbunden war, landeten die übrigen Teilnehmer des Wettbewerbs. „Die Nicht-Gewinner sollten sich nicht zu sehr fragen, warum sie keinen der ersten drei Plätze ergattert haben, sondern sie sollten weiterhin überzeugt sein von dem, was sie anbieten, das ist unser Wunsch als Jury“, so Viola Alvarez.

Auf dem vierten Platz landeten in schulischer Reihenfolge: Michelle Etschberger vom Emil-Fischer-Gymnasium (EFG), die die provokante These vertrat „Rhetorik braucht niemand“. Diana Killer (EFG), die dem Minimalismus huldigte und die Zuhörer aufforderte, sich von Dingen, die sie nicht benötigten, zu trennen, um mehr Zeit für das eigentliche Leben zu haben. Ivana Delac (HJK), die als eine Menschenrechtlerin und Gewinnerin des Friedensnobelpreises die Bühne betrat und die Gesellschaft aufforderte, sich zu verändern. Lisa-Marie Dümmer (HJK), die in die Rolle einer Frau mit Angststörungen schlüpfte und deren Geschichte in einer theaterreifen Vorstellung erzählte. Jill Wißkirchen (Marienschule Euskirchen), der den gesellschaftlichen Erfolg als Ziel des Lebens in Frage stellte. Sofia Fragedakis (CFG), die auf einer fiktiven Fachtagung Möglichkeiten und gesellschaftliche Auswirkungen der Eugenik vorstellte. Nane Lorse (CFG), die sich der Sprache widmete und aufzeigte, wie man Menschen durch Sprache beherrschen kann, und wie sich dennoch in der Sprache erst Welt und Zukunft gestalten lassen.

Trotz des anstrengenden Vormittags hatten einige der jungen Leute noch immer nicht genug vom Sprechen und nahmen vor der Preisvergabe freiwillig an einem weiteren Wettbewerb teil, bei dem sie ein Thema gestellt bekamen und bereits nach zehn Minuten einen Vortrag dazu halten mussten.

Frank Weimbs bedankte sich beim Hermann-Josef-Kolleg und hier besonders bei Diana Hoch von der Fachschaft Deutsch, für die Bereitschaft, den Wettbewerb erneut auszurichten. Besonderer Dank ging auch an die Kreissparkasse Euskirchen, die den Wettbewerb wieder finanziell unterstützt hatte.

Eifeler Presse Agentur/epa

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

16 − neun =