Landrat Markus Ramers und der Schleidener Bürgermeister Ingo Pfennings besuchten den künstlerischen Nachwuchs – Detailliertes Test- und Hygienekonzept machte die mehrtägige Veranstaltung möglich
Schleiden-Vogelsang – Alles begann im September 2020, als eine Reihe junger Leute unter Anleitung professioneller Künstler, allen voran die Geschäftsführer der gemeinnützigen „Spotlight Experience“, Lucas und Martijn Theisen, ein Musical zum Thema LGBTQIA+ (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer/Questioning, Intersex, Asexuell/Aromantisch) erarbeiten wollten. Zwei Monate lang wurde in den Räumlichkeiten der Jugendvilla der Caritas an Ideen gefeilt, die ersten Musikstücke geschrieben, geschauspielert und ein umfangreiches Skript erstellt. Doch dann kam der Corona-Lockdown und mit der Arbeit vor Ort war es erst einmal vorbei.
Von da an trafen sich die jungen Leute nur noch virtuell im Internet, jede künstlerische Sparte kommunizierte über ihre eigene WhatsApp-Gruppe, einige Darsteller hörten auf, andere kamen hinzu. Man war insgesamt weiterhin optimistisch, dass man schon bald wieder gemeinsam proben könnte. Doch eines Tages war klar, dass dieser Tag in immer weitere Ferne rückte. Also musste eine neue Idee her. Lucas und Martijn Theisen sowie Rita Witt, die sich von Anfang an ehrenamtlich für das Projekt stark gemacht hatte, hatten schließlich den rettenden Einfall: Ein Filmwochenende sollte das für die Bühne konzipierte Musical in einen Musikfilm verwandeln. Gemeinsam mit dem Leiter des Jugendamtes im Kreis Euskirchen, Erdmann Bierdel, warf man schließlich ein Auge auf das Jugend-, Natur- und Umweltbildungshaus Transit 59 der Rotkreuz-Akademie Vogelsang ip.
„Neben einem Gesamtkonzept benötigten wir vor allem ein ausgefeiltes Test- und Hygienekonzept, um das Filmwochenende umsetzen zu können“, berichtete Witt. Das detailliert und neben den üblichen Hygienevorschriften insbesondere auf tägliche Testungen ausgelegte Konzept wurde der Stadt Schleiden zur Genehmigung vorgelegt. Martijn und Lucas Theisen sowie Rita Witt hatten sich extra schulen und zertifizieren lassen, um die Tests selbst durchführen zu dürfen. Die Verantwortlichen der Stadt Schleiden prüften das Konzept und bezogen bei der Prüfung und Bewertung den Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen mit ein. Dieser folgte der Argumentation von „Spotlight Experience“ und die erste große Hürde, mitten in der „Bundesnotbremse“ war genommen. Gleichzeitig mussten die Fördermittel, die das Ministerium für Forschung und Bildung aus dem Topf „Kultur macht stark“ für dieses Projekt bewilligt hatte, umgewidmet werden.
„Es war ein langer Weg, bis endlich alle beteiligten Parteien ihr »Go« gegeben hatten“, so Witt. Und Lucas Theisen fügte hinzu: „Als es aber endlich soweit war, waren leider die Geschäfte zu, und es war schwierig, überhaupt an Requisiten für den Film zu kommen.“ Der Dank von Lucas und Martijn Theisen ging vor allem an das Rote Kreuz, das sein Bildungshaus für das Wochenende zur Verfügung stellte, sowie der Stadt Schleiden, für die engagierte und wohlwollende Unterstützung beim Genehmigungsverfahren.
Seit Mittwoch befinden sich 16 Kinder überwiegend aus dem Kreis Euskirchen im Alter von 10 bis 18 Jahren bereits in Vogelsang, um bis Sonntag über 30 Szenen für ihr Filmprojekt abzudrehen. Zwölf Lieder und Choreografien wurden einzig und allein über die Videokonferenzsoftware „Zoom“ erarbeitet. „Aus diesem Grund werden diese Tänze auch überwiegend in frontaler Ausrichtung zum Zuschauer getanzt“, erklärte Martijn Theisen.
In dem Musicalfilm geht es um ein junges Mädchen, das aus dem Nahen Osten nach Deutschland kommt. Es geht dort zu Schule, hat Probleme mit der Integration, der eigenen Familie und verliebt sich in ein deutsches Mädchen, das ihr Nachhilfeunterricht erteilt. Die Konflikte sind also mehr als programmiert. Die großen Themen wie Toleranz, Akzeptanz, Selbstvertrauen, Liebe und Sexualität sind die Schlaglichter, die über der Musical-Handlung kreisen und immer neue Facetten der Geschichte ausleuchten.
Dass die jungen Leute mit dem Film nicht nur anderen jungen Leuten eine Orientierungshilfe bieten möchten, sondern auch selbst Orientierung finden, davon berichtete einer der Akteure sehr eindrücklich: „Früher war ich sehr unsicher und introvertiert, dann habe ich vor sechs Jahren das erste Mal bei einer Produktion von Lucas und Martijn Theisen mitgemacht. Seither weiß ich, es ist cool, etwas offener zu sein.“
Landrat Markus Ramers und der Schleidener Bürgermeister Ingo Pfennings besuchten die jungen Leute am Freitagnachmittag bei ihren Dreharbeiten in Vogelsang. Ramers: „Ich finde euren Mut sehr beeindruckend, aber auch die Tatsache, dass ihr euch in dieser schweren Zeit nicht habt entmutigen lassen und durchgehalten habt. Ich habe großen Respekt vor eurem Engagement und bin mir sicher, dass ihr irgendwann auf eine tolle Zeit zurückblicken werdet.“
Auch Ingo Pfennings, der vor seiner Bürgermeistertätigkeit in der Medienbranche gearbeitet hatte, war beeindruckt von der schauspielerischen und gesanglichen Leistung, die die jungen Leute vor der Kamera zeigten und von denen die Gäste eine Kostprobe serviert bekamen.
Damit das Filmwochenende aber überhaupt möglich wurde, waren neben Lucas und Martijn Theisen, die aus dem Profimusicalbereich kommen, eine ganze Reihe von weiteren Künstlern notwendig. So kümmerte sich Lea Falkenhan um den Gesang, Melanie Garbrecht um den Tanz, Markus Schaffrath um das Bühnenbild und Lena Sofuoglu um die Kostüme und die Requisiten. Ein großer LKW vor der Tür des Transit 59 ließ erahnen, wieviel an Ausstattung für die Szenenbilder sowie für Technik erforderlich ist. Darüber hinaus waren einige Ehrenamtler im Einsatz, die sich um das leibliche Wohl des künstlerischen Nachwuchses kümmerten, die Technik unterstützten und nebenbei einige Nebenrollen besetzten. Darunter auch die „waschechte“ Kölner Schauspielerin Heike Schmidt, die über jahrzehntelange Bühnenerfahrung in renommierten Kölner Theatern verfügt und wertvolle Impulse liefert.
Für den Freitagnachmittag standen noch weitere Drehtermine an. Besonders froh waren die jungen Leute darüber, dass sie in einem Seminarraum von Vogelsang noch am späten Abend eine Partyszene filmen durften. Möglich machte dies die Vogelsang-Praktikantin Marie Breuer, die sich bereit erklärt hatte, die gute Stube an diesem Tag einfach ein wenig später abzuschließen.
Eifeler Presse Agentur/epa