DWV-Präsident Dr. Rauchfuß forderte bundesweite Koordinierungsstelle „Wandern“ – Manuel Andrack appellierte, Klimawandel müsse in Wandervereinen größere Rolle spielen – KSK Euskirchen sponserte die Veranstaltung in Bad Münstereifel mit 5000 Euro
Bad Münstereifel – Der Hauptvorsitzende des Eifelvereins, Rolf Seel, gab zu, zunächst ein wenig skeptisch bezüglich der Idee gewesen zu sein, die Zentralveranstaltung des Deutschen Wanderverbands (DWV) zum „Tag des Wanderns“ ausgerechnet in dem von der Flutkatastrophe besonders schwer betroffenen Bad Münstereifel stattfinden zu lassen. „Aber als ich diesbezüglich Bernhard Ohlert anrief, den Ortsgruppen-Vorsitzenden des Eifelvereins, war dieser sogleich Feuer und Flamme“, so Seel. Denn die Ortsgruppe habe nicht nur nach der Flutkatastrophe in der Kurstadt tatkräftig mit angepackt, sie habe auch einen Wiederaufbaufonds für das Wanderwegenetz ins Leben gerufen, die zerstörten Wanderstrecken wieder begehbar gemacht oder, wo dies nicht so rasch möglich war, Umleitungen ausgeschildert und so einen wesentlichen Beitrag zur Wiederankurbelung des Wandertourismus geleistet.
Und damit war Bad Münstereifel geradezu prädestiniert für die Zentralveranstaltung, die sich ja zur Aufgabe gesetzt hatte, am „Tag des Wanderns“ das Engagement in den Vereinen insgesamt bekannter zu machen. Bundesweit fanden am Samstag über 300 Veranstaltungen statt, die diesem Anliegen Rechnung tragen sollten.
„Die Wanderverbände sind auch Heimatvereine im weitesten Sinne des Wortes. Hier wird nicht nur gewandert, hier finden auch Naturschutz sowie Landschafts- und Traditionspflege statt“, so der Präsident des DWV, Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß. In seiner Rede machte Rauchfuß deutlich, dass die Herausforderungen, die sich angesichts des Klimawandels und der damit verbundenen häufigeren Starkregen, Stürme, Dürren und Waldbrände für die engagierten Menschen in den Vereinen ergäben, zunehmend größer würden. Gerade in den Wäldern seien die Spuren des Klimawandels nicht mehr zu übersehen. Das habe auch Folgen für die Wanderwege-Infrastruktur. Brücken würden weggespült, Routen wegen umgefallener Bäume unpassierbar und Markierungen fielen Bränden oder dem Borkenkäfer zum Opfer. „Das stellt vor allem die bundesweit rund 20.000 ehrenamtlich arbeitenden Wegezeichner immer häufiger vor Probleme“, so Rauchfuß. Der Präsident forderte daher von der Politik die Einrichtung einer bundesweiten Koordinierungsstelle „Wandern“. Gerade während der Corona-Pandemie hätte man diese Koordinierungsstelle bereits dringend benötigt, denn die Wandergruppen, die durch zwei bis drei Landkreise gewandert seien, hätten sich jedes Mal mit anderen Coronaregeln herumschlagen müssen.
„Man sollte nicht übersehen, dass das Wandern die beliebteste Freizeitbeschäftigung ist. Eine Umfrage hat ergeben, dass über 50 Prozent der Deutschen angeben, gerne zu wandern“, erinnerte Rauchfuß. Die deutschen Wanderverbände pflegten allein über 300.000 Kilometer Wanderwege, doch würde die Arbeit der Wegewarte in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.
„Allein in Bad Münstereifel wird von unserem Eifelverein ein Wanderwegenetz von 180 Kilometern betreut“, berichtete Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin Bad Münstereifel, und lobte in ihrer Ansprache vor allem „Bernard Ohlert und seine Truppe“, die mit großem Engagement die Schäden nach der Flut beseitigt und die Wanderwege wieder hergerichtet habe.
Zur Veranstaltung am Johannnistor hatten sich zahlreiche Honoratioren eingefunden: Eifelvereinsmitglieder, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Eifeler Tourismusbranche, Bürgermeister oder deren Stellvertreter sowie Landrat Markus Ramers und Detlef Seif (MdB). Schirmherr Ministerpräsident Hendrik Wüst ließ sich aufgrund seines Wahlkampfs entschuldigen.
Gesponsert wurde die Zentralveranstaltung von der Kreissparkasse Euskirchen (KSK). Als Vertreter des Vorstands war Karl-Heinz Daniel nach Bad Münstereifel gekommen und berichtete, dass die KSK die Veranstaltung mit 5000 Euro aus dem PS-Zweckertrag unterstützt habe. „Als regionales Kreditinstitut sind wir in unserem Kreis natürlich besonders verwurzelt und fördern jedes Jahr in beträchtlichem Maße das ehrenamtliche Engagement“, so Daniel. Dazu zählten auch die Eifelvereine im Kreis. „Trotz einer unfassbaren Flutkatastrophe, deren Folgen noch immer sichtbar sind, und trotz Corona-Pandemie wurde hier eine überregionale Veranstaltung in Perfektion auf die Beine gestellt“, lobte Daniel vor allem die Menschen, die sich hinter den Kulissen um das Zustandekommen der Veranstaltung bemüht hatten. Dank den Eifelvereins-Ortsgruppen lerne man immer wieder neue Ecken des Kreises kennen und könne so den Sorgen und Nöten des Alltags für ein paar Stunden entfliehen.
Der derzeit wahrscheinlich bekannteste deutsche Wanderer, Manuel Andrack, war aus dem Saarland angereist, um einige Tipps zu geben, was man im Kleinen tun könne, um den Klimawandel, wenn schon nicht aufzuhalten, dann zu verlangsamen. „Der Klimawandel sollte eine weitaus größere Rolle beim Wanderverband spielen“, mahnte Andrack. So plädierte er dafür, nur dann einen Wanderweg als Qualitätswanderweg auszuzeichnen, wenn dieser auch über einen ÖPNV-Anschluss verfüge. „Natürlich wird man da Kompromisse machen müssen, aber viele unserer Wanderwege starten leider nur von einem Waldwanderparkplatz aus, der einzig mit dem Auto zu erreichen ist“, gab Andrack zu bedenken.
Darüber hinaus forderte er mehr recycelte Plastikbänke im Wald aufzustellen, da diese anders als die Holzbänke nicht mit Holzschutzfarbe gestrichen werden bräuchten und viele Jahre lang ihren Dienst täten. „Vor allem im Hinblick darauf, was hier in Bad Münstereifel geschehen ist, benötigen wir mehr Sensibilität für unser eigenes Verhalten“, so Andrack abschließend, der sich selbst dabei ausdrücklich nicht ausnahm und zugab, dass er der Bequemlichkeit halber mit dem Auto angereist war.
Sodann hatte Bernhard Ohlert das Wort, der gemeinsam mit Bezirkswegewart Gottfried Schiffer einen Einblick in die komplexe Arbeit der Wanderwegemarkierung bot. Nicht nur, dass die Wegauszeichnung in Abstimmung mit Waldbesitzern und der Denkmalschutzbehörde erfolgen müsse, auch sei eine enge Kooperation mit den Eifeltourismusverbänden nötig, erfuhren die Gäste.
Bei einer kleinen Arbeitsdemonstration konnten die Anwesenden schließlich selbst erleben, wie moderne Wanderwegweiser heute angebracht werden. Die Zeiten, da der Wegewart mit einem Eimer Farbe und einem Pinsel in der Hand weiße Zeichen an die Bäume malte, sind lang vorbei. Heute trifft man im Eifelwald ein ausgeklügeltes Beschilderungssystem an. Leider, so berichteten die beiden, würden einzelne Schilder gern mal gestohlen, was dem Wegewart unnötige Arbeit und dem Eifelverein unnötige Kosten bereite.
Schließlich aber wurde gewandert. Auf gleich mehreren Strecken machten sich die Anwesenden auf den Weg. Unterwegs gab es immer wieder Informationen. So machte Norbert Liebing auf das Spannungsfeld zwischen Mountainbikern und Wanderern aufmerksam, Förster Stefan Lott erläuterte Probleme, die durch zu viele Touristen im Wald entstehen, und Harald Bongart hielt bei einem kleinen Stopp Wissenswertes über den jüdischen Friedhof bereit.
Bei der Rückkehr hatte die Ortsgruppe Bad Münstereifel einen kleinen Imbiss für die Wanderer zubereitet. Und die Gemünder Brauerei, selbst schwer von der Flut betroffen, hatte es sich nicht nehmen lassen, dazu die passenden Getränke zu servieren.
Eifeler Presse Agentur/epa