Gemeinsam wachsen: innovativ bilden

Direkt am Mechernicher Bahnhof entsteht ein Qualifizierungs- und Bildungszentrum für Menschen mit Einschränkungen, das „QuBi.Eifel“

Powerfrau mit großen Plänen: Christina Pötz ist die künftige Leiterin des Qualifizierungs- und Bildungszentrums QuBi.Eifel in Mechernich. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Powerfrau mit großen Plänen: Christina Pötz ist die künftige Leiterin des Qualifizierungs- und Bildungszentrums QuBi.Eifel in Mechernich. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

Mechernich/Kreis Euskirchen – Es ist im mehrfachen Wortsinn Großes, was direkt am barrierefrei ausgebauten Mechernicher Bahnhof auf dem ehemaligen RWZ-Gelände wächst: Auf 2800 Quadratmeter Grundfläche entsteht auf zwei Geschossen ein Qualifizierungs- und Bildungszentrum für Menschen mit Behinderung, das QuBi.Eifel, gesprochen „Kubi“. Ab voraussichtlich Mai werden dort die bisherigen Eingangs- und Berufsbildungsbereiche der Nordeifel.Werkstätten (NE.W) zentralisiert: Bislang gab es an jedem der vier Werkstattstandorte der NE.W einen eigenen Bereich, in dem meist junge Menschen mit Handicap direkt nach der Schule, aber auch ältere Menschen, die etwa durch physische oder psychische Einschränkungen wie etwa Depression, Burnout oder Psychosen vorübergehend oder dauerhaft aus ihrem bisherigen Arbeitsleben ausscheiden müssen, geschult, fortgebildet und gestärkt werden.

Die künftige Leiterin des QuBi, Christina Pötz, berichtet: „Unser Ziel ist es, junge Menschen intensiv und innovativ bei ihrem Berufsstart zu begleiten und ihnen damit möglichst eine Chance auf einen Platz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Des Weiteren möchten wir Menschen mit psychischen Erkrankungen dabei unterstützen, erstmalig oder wieder Fuß im Arbeitsleben zu fassen.“ Dazu gibt es erst einmal ein dreimonatiges Eingangsverfahren und im Anschluss daran die zweijährige Berufsbildungsmaßnahme. Christina Pötz: „Wir testen erst einmal mit den Teilnehmern zusammen, wo die Fähigkeiten und Fertigkeiten jedes einzelnen liegen – was kann ich gut, woran habe ich Spaß?“ Aus diesen Ergebnissen werden dann konkrete Bildungsmöglichkeiten gefunden, einerseits durch Schulungen, Aus- und Fortbildungen sowie weitere bildungsbegleitende Angebote. Diese können sogar in einem IHK-zertifizierten Abschluss münden. Andererseits werden auch Möglichkeiten geboten, sich durch Praktika oder sogar einen Betriebsintegrierten Bildungsplatz „in der freien Wildbahn“ auszuprobieren, immer unterstützt durch Begleitung von erfahrenen QuBi- Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Diese kommen dann regelmäßig in die Betriebe, um sich vor Ort mit den QuBi-Teilnehmern und den Verantwortlichen der Betriebe auszutauschen.

Noch Baustelle, aber bald fertiggestellt: Das QuBi direkt am barrierefrei ausgebauten Bahnhof Mechernich. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa
Noch Baustelle, aber bald fertiggestellt: Das QuBi direkt am barrierefrei ausgebauten Bahnhof Mechernich. Bild: Tameer Gunnar Eden/Eifeler Presse Agentur/epa

„Wir haben da ein großes Netzwerk an bereits kooperierenden Betrieben und Firmen“, so Pötz. Weitere Unternehmen seien stets herzlich willkommen. Ob DM, die Spedition Berners in Obergartzem oder zahlreiche kleinere Betriebe, viele Unternehmer haben erkannt, dass Menschen mit Einschränkungen sehr hilfreiche und hochwertige Arbeit leisten und somit auch den Fachkräftemangel abmildern können. Denn selbst wenn ein Mensch durch seine Einschränkungen vielleicht im Einzelnen keinen Facharbeiter vollständig ersetzen kann, vermag er vielleicht gewisse Aufgabenbereiche zu übernehmen und so für die Fachkraft Zeit für andere Arbeiten freizuschaufeln.

Es ist aber erklärtes Ziel des QuBi, viele Teilnehmer der Beruflichen Bildungsmaßnahme anhand von Zertifikatslehrgängen mit Anerkennung von Fachschule oder IHK zu zertifizieren. Dazu wird die Möglichkeit geboten, alles im eigenen Haus zu erledigen, sogar die Prüfungsabnahme etwa der IHK-Prüfer kann im QuBi erfolgen. „Wir haben dafür alle notwendigen Strukturen geschaffen, von der Lehrküche über Werkstätten für Montage und Holzbearbeitung, Verpackung, Lager/ Logistik und Fahrradwerkstatt bis zu PC-Schulungsräumen“, erklärt Christina Pötz, „und das alles in einer hellen, freundlichen Atmosphäre mit cool und modern ausgestatteten Räumen.“

Die zur Verfügung stehenden 27 Monate klängen zwar erst einmal lang, seien aber eigentlich deutlich zu kurz, gerade wenn man sie mit der sonst üblichen Lehrzeit von drei Jahren vergleicht, so Pötz: „Dies ist aber von Seiten Sozialgesetzbuch her politisch so festgelegt worden.“ Mehr Zeit wäre auch deshalb sinnvoll, weil ein möglichst flexibles System genutzt wird: „Wenn etwa jemand bei einem Praktikum in der Altenpflege merkt, dass das doch nicht das Richtige für ihn ist, suchen wir gemeinsam nach anderen Möglichkeiten – ein Wechsel ist nicht nur möglich, sondern wird von uns ausdrücklich unterstützt. Wir sehen uns als Chancengeber und sind dankbar für unsere kooperierenden Betriebe die uns dabei unterstützen.“ Denn der Mensch stehe immer im Mittelpunkt. Wichtig sei dabei auch die Stärkung der jeweiligen Person in Sachen Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit, die in Folge ein steigendes Selbstvertrauen ermöglicht.

Dies ist auch eine große Motivation für Christina Pötz, die vielseitig ausgebildet ist und nicht nur den Master in Nutztierwissenschaften und den Bachelor of Education in Agrar- und Umweltpädagogik vorweisen kann, sondern auch diplomierte Kinder- und Jugend-Mentaltrainerin ist: „Mir bringt es einfach sehr viel Freude, zu sehen, wie Menschen sich ganzheitlich entwickeln können, und meinen Teil bei der Wegfindung und -beschreitung dazu beizutragen!“ Die vielfältigen Bildungsmöglichkeiten im QuBi beschränken sich nicht auf die rein berufliche Ebene, wie Christina Pötz sagt: „Wir vermitteln auch lebenspraktische Fähigkeiten: Ob gesundes Essen zubereiten, Wäsche waschen, wie Banken und Versicherungen funktionieren oder wie man mit modernen Medien umgeht. Dazu beantworten wir auch einfach nur die Frage, wie eigentlich Excel und Word funktioniert.“

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