Neue Batterien auf dem Vormarsch, jede Menge Fördermöglichkeiten, steuerliche Vergünstigungen und eine immer größer werdende Ladeinfrastruktur – Im Autohaus Horn informierten Experten vor einer Woche über den aktuellen Stand der E-Mobilität
Euskirchen – Der Anspruch, den das Kompetenzforum Mittelstand, eine Partnerinitiative von Kreissparkasse Euskirchen, Bundesverband mittelständische Wirtschaft und der mittelständischen Prüfungs- und Beratungsgesellschaft dhpg, erhebt, hat es in sich: Vorurteilsfrei und vor allem ohne unnötige Emotionen möchte man Themen, die für den Mittelstand von Interesse sind, aufbereiten und vorstellen. Denn der Mittelstand, so betonen die drei Initiatoren einhellig, kann nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn er auf sichere Informationen setzt und nicht jedem Hype hinterherrennt.
Beim neuerlichen Treffen des Kompetenzforums, zu dem sich rund 100 Interessierte angemeldet hatten, aber aufgrund der Corona-Diskussionen nur knapp die Hälfte der Teilnehmer erschienen war, drehte sich alles um Elektromobilität. Als Veranstaltungsort hatte man den Hauptsitz von Autohaus Horn in Euskirchen gewählt, in dem Dr. Alois Kreins, Leiter Kreisverband der Wirtschaftsregion südliches Nordrheinwestfalen des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) die Teilnehmer begrüßte. Ganz ohne Emotionen ging es dann allerdings nicht ab, als Geschäftsführer Dirk Horn quasi einen Insiderblick aus der Autobranche auf die aktuelle Diskussion rund um E-Mobilität warf. Der bekennende Freund PS-starker Boliden hatte nach eigenen Angaben schon einige Hypes erlebt und jetzt eben den Elektro-Hype. Sein Vortragsthema „Heut‘ der Diesel, morgen der Benziner, übermorgen hol ich der Königin ihr Kind – Von der Hetzjagd auf Verbrennungsmotoren“ erschien zwar auf den ersten Blick kein gutes Haar an der E-Mobilität lassen zu wollen, doch so einfach machte es sich Horn dann doch nicht, zumal auch in seinem Autohaus eine ganze Reihe von E-Fahrzeugen auf Käufer warten.
Horn bemängelte vielmehr, dass man den CO2-Ausstoss nach wie vor zu sehr als europäisches Problem betrachte. Es bringe ja für das globale Klima rein gar nichts, wenn man Dieselfahrzeuge in Deutschland aus dem Verkehr ziehe, die dann nach Afrika verkauft würden. Die weltweite und damit klimarelevante CO2-Belastung ändere sich dadurch nicht. Auch machte er auf die Schere zwischen CO2 und Stickoxidbelastung aufmerksam. Drossle man den CO2-Ausstoß, steige gleichzeitig das Stickoxid. Darüber hinaus erinnerte Horn daran, dass das wahre Dieselproblem abseits der Straße, nämlich auf den Schifffahrtswegen stattfinde, wo Lastkähne bis heute mit Schweröl fahren dürften.
„Ich gebe zu, ein E-Mobil zu fahren, bedeutet großen Fahrspaß, aber aus Umweltgründen auf E-Mobilität zu setzen, halte ich für bedenklich“, so Horn. Allein bei der Batterieproduktion fielen große Mengen an CO2 an. Horn: „Für Leute, die viel mit dem Auto unterwegs sind, ist ein Dieselfahrzeug nach wie vor die bessere und klimafreundlichere Alternative.“
Die Zukunft gehöre laut Rolf Horn aber weder der Elektromobilität mit Lithium-Ionen-Akku noch dem konventionellen Verbrennungsmotor, sondern dem Wasserstoffantrieb. Hier sei schnelles Laden möglich und man könne auf das bereits vorhandene Tankstellennetz zurückgreifen. „2025 will BMW das erste Wasserstofffahrzeug serienmäßig produzieren“, verriet Horn, und sein Autohaus werde dabei als Pilotpartner in Euskirchen eine Wasserstofftankstelle betreiben. Überhaupt wolle man sich bei seinem Autohersteller nicht nur auf eine Antriebsart festlegen, sondern Modelle entwickeln, bei denen der Kunde selbst wählen könne, ob er sie als Benziner, Diesel, Hybrid, E-Mobil oder Wasserstofffahrzeug haben möchte.
Auch Dr. Sebastian Heinz aus der Geschäftsführung der High Performance Battery Holding AG mit Sitz im Kanton Appenzell outete sich als Dieselfreund und pflichtete Horn bei, dass die Produktion von Batterien der Energiebilanz eines E-Mobils derzeit noch eher abträglich seien. Doch dies müsse nicht so bleiben, da man derzeit an der fünften Generation der Batterietechnologie arbeite. Denn mit der herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterie sei seiner Meinung nach die wachsende Infrastruktur für E-Mobilität nicht zu stemmen.
„Damit man auf die Stromerzeugung durch fossile Energieträger langfristig verzichten kann, brauchen Versorger Zwischenspeicher, die zum einen Energie aus regenerativen Quellen aufnehmen und für den Primärmarkt bereithalten können und zum anderen für eine gleichbleibende Spannung im Stromnetz sorgen“, so Heinz. Auch für die E-Mobilität und die gesamte Ladeinfrastruktur mit Schnellladestationen in ausreichender Zahl seien robuste und effiziente Energiespeicher notwendig.
Die Vorteile der derzeit entwickelten Feststoffbatterie seien enorm: Sie sei beispielsweise nicht entflammbar, tiefentladefest, langlebig, besäße eine nahezu konstante Kapazität bei nahezu konstantem Innenwiderstand, könnte ohne Rohstoffengpass gefertigt werden und hätte unter dem Strich eine um 50 Prozent bessere Ökobilanz aufzuweisen als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus.
Die neuen Batterien seien allerdings noch nicht auf den Markt. „Wir rechnen mit einer Serienreife in 18 bis 24 Monaten und hoffen, 2022/23 in die Produktion gehen zu können“, so Heinz.
Doch nicht nur auf dem Batteriesektor tut sich einiges, auch die Ladeinfrastruktur für E-Mobile ist in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut worden. Selbst ein eher strukturschwacher Raum wie der Kreis Euskirchen hat hier mittlerweile einiges zu bieten. Großen Anteil daran trägt vor allem der regionale Energiedienstleister e-regio, der nach seiner Fusion mit der ene-Unternehmensgruppe derzeit über 85 Ladepunkte im Kreis verfügt. Elf davon mit „PlugSurfing“, d.h. diese Ladesäulen kann man über eine kostenlose Lade- und Zahlungs-App ansteuern, und das europaweit. Weiterhin betreibt e-regio in Euskirchen ein komplettes E-Parkhaus mit 27 Ladestellplätzen. Darüber hinaus gibt es im Kreis fünf „Destination Charger“ und angrenzend einen „Super Charger“ für Teslafahrer.
Harald Gebauer, e-regio-Teamleiter Energiedienstleistungen, berichtete, dass man mittlerweile auch die Förderung für eine DC-Schnellladesäule bestätigt bekommen habe. Zwei weitere Förderanträge seien auf dem Weg. Ladesäulen im alten Stil würden derzeit nicht mehr errichtet.
Auch die Förderung der Ladeinfrastruktur sei weiterhin attraktiv. Bei öffentlichen Ladesäulen würden 50 Prozent der Kosten bis maximal 5000 Euro pro Ladepunkt gefördert. Privatleute könnten sich hingegen ihre Wallbox in der Garage mit 50 Prozent bis maximal 1000 Euro fördern lassen. Würde der Strom für E-Mobile vor Ort erzeugt, gebe es nochmals 500 Euro pro Ladepunkt.
Auch für Unternehmen sei E-Mobilität eine echte Alternative, da die Energiepreise mit etwa 4,50 Euro auf 100 Kilometer sich nicht nur rechneten, sondern auch deutlich geringere Reparaturkosten anfielen. Darüber hinaus stünden Abrechnungssysteme zur Verfügung, die die Verwaltung der E-Mobile erheblich vereinfachten. Die E-Mobilität sei nicht mehr aufzuhalten, derzeit verzeichne man monatlich allein 8000 E-Mobilzulassungen in Deutschland.
Mit den steuerlichen Aspekten der E-Mobilität kannte sich Volker Loesenbeck von der dhpg bestens aus. Loesenbeck berichtete, dass die bislang gewährten steuerlichen Erleichterungen in Abhängigkeit vom Batterietyp Geschichte seien. „Jetzt ist nur noch von Interesse, dass es sich um ein E-Mobil handelt“, so Loesenbeck. Die Förderung hänge sodann von den Kosten des Autos und des privaten Nutzungsvorteils ab. Der Lösungsansatz sei sehr pragmatisch, indem die Anschaffungskosten einfach halbiert oder unter besonderen Voraussetzungen geviertelt würden, wenn der Listenpreis die 40.000 Euro nicht übersteige. Bei den Hybridfahrzeugen gelte hingegen ein gestuftes Verfahren. Weiterhin werde die Anschaffung von Elektronutzfahrzeugen gefördert, dazu zählten auch Lastenfahrräder.
„Wichtig ist grundsätzlich, dass jede Anschaffung neu sein muss, rein elektrisch und nicht geleast“, so Loesenbeck. Dann sei eine Sonderabschreibung von 50 Prozent im ersten Jahr möglich. Aber auch bei Leasingaufwendungen, die bisher zu 20 Prozent der Gewerbesteuer zugerechnet worden seien, seien jetzt auf zehn Prozent reduziert worden. Das Gespräch mit dem Steuerberater sei daher auf jeden Fall anzuraten, vor allem, wenn Mitarbeitern im Betrieb ein E-Fahrzeug überlassen werden solle. Auch hier gebe es zahlreiche Steuervorteile. So könne der Arbeitgeber dem Mitarbeiter beispielsweise eine Ladeeinrichtung zu Hause steuerfrei zur Verfügung stellen. Dabei handele es sich nämlich nicht mehr um einen lohnsteuerlichen Vorteil.
Schließlich konnte Martin Baranzke, Leiter S-Gewerbekundencenter der Kreissparkasse Euskirchen, noch auf eine ganze Reihe von Förderkrediten für mittelständische und kommunale Unternehmen sowie freiberuflich Tätige verweisen. So könnten von der NRW.Bank bis zu 100 Prozent der förderfähigen Ausgaben übernommen werden. Der Mindestkredit betrage 10.000 Euro, der Höchstbetrag sei auf fünf Millionen Euro limitiert.
Weiterhin bekomme man vom Land NRW einen Direktzuschuss von 8000 Euro, den man noch mit einem Umweltbonus von 5000 Euro kombinieren könne. Auch Ladeinfrastruktur werde gefördert. Wichtig sei jedoch, dass eine Beratung vor dem Erwerb stattfinden und der Förderantrag vor Kauf gestellt werden müsse.
Zum Abschluss der Veranstaltung bedankte sich KSK-Vorstandsmitglied Holger Glück beim Autohaus Horn für die besondere Location und hoffte, dass die Veranstaltung zur Versachlichung beim Thema Elektromobilität beigetragen habe.
Eifeler Presse Agentur/epa